Die Bürgerschaft im Mittelpunkt nachhaltiger Mobilitätslösungen
Nachbarschaften sind der Ort, an dem sich das tägliche Leben der Menschen abspielt – wo sie wohnen, ihre Kinder großziehen und zur Arbeit pendeln. Die meisten Einheimischen kennen ihre unmittelbare Umgebung sehr gut und wissen genau, welche Mobilitätsprobleme es in ihrem Viertel gibt. Diese detaillierte Ortskenntnis wird jedoch in den herkömmlichen Prozessen der Mobilitätsplanung nur selten berücksichtigt. Das EU-finanzierte Projekt CIVITAS SUNRISE konzentrierte sich auf die Bewältigung gemeinsamer lokaler Herausforderungen im Bereich der städtischen Mobilität und hatte zum Ziel, eine bürgerzentrierte Politikgestaltung in den Mittelpunkt der städtischen Mobilitätsplanung zu stellen. „Wir wollten neue, kooperative Möglichkeiten zur Bewältigung gemeinsamer Mobilitätsprobleme auf Quartiersebene entwickeln, umsetzen, bewerten und das Lernen darüber erleichtern“, erläutert Projektkoordinator Ralf Brand. Dazu wurden Menschen in sechs Quartieren (die sogenannten Quartier-Mobilitätslabore) aufgefordert, die ihrer Meinung nach dringenden lokalen Mobilitätsprobleme zu ermitteln und an deren Lösung mitzuwirken. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Einbeziehung unterrepräsentierter Gruppen wie Migrierten, Frauen, älteren und jüngeren Menschen.
Die Kraft der Co-Creation
Co-Creation – als direkte und aktive Beteiligung der Bürgerschaft – spielte bei allen Projektaktivitäten in allen Phasen der Innovationskette eine zentrale Rolle. Dazu gehörten die gemeinsame Ermittlung von Mobilitätsproblemen, die gemeinsame Planung/Auswahl von Lösungen, die gemeinsame Umsetzung von Lösungen und deren gemeinsame Evaluierung. „Wir bemühten uns sehr, dem Schlagwort ‚Co-Creation‘ gerecht zu werden und gingen daher weit über die üblichen Befragungs-, Beteiligungs- oder Mitwirkungsprozesse hinaus. Dies zeigte sich zum Beispiel darin, dass wir zunächst die von der Einwohnerschaft und den Interessengruppen wahrgenommenen Probleme gemeinsam bestimmten“, bemerkt Brand. Die ortsansässigen Menschen wurden auch in den Gedankenaustausch zu möglichen Maßnahmen, in die Festlegung von Prioritäten und, soweit möglich, in die Umsetzung konkreter Maßnahmen vor Ort einbezogen. „Natürlich sorgten wir auch dafür, dass die Menschen in den Prozess der gemeinsamen Evaluierung einbezogen wurden, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse mit den Augen der lokalen Nutzerschaft bewertet wurden“, fügt Brand hinzu.
Nachhaltige Mobilität im Quartier verbessern
Eines der wichtigsten Projektergebnisse stammt aus den Quartier-Mobilitätslaboren. Sie schafften die Grundlage für eine neue Mobilitätspolitik auf Bezirksebene, „Sustainable Neighbourhood Mobility Planning“ (Plan für nachhaltige Mobilität im Quartier). Grundlage hierfür ist das Konzept „Sustainable Urban Mobility Planning“ (Plan für nachhaltige Mobilität in den Städten) – ein Strategieplan, mit dem verkehrsbezogene Probleme auf nachhaltigere Weise angegangen werden. „Das Konsotrium von CIVITAS SUNRISE initiierte zudem die Erstellung des Dokuments ‚Big Messages‘ und leistete einen wesentlichen Beitrag dazu. Darin sind die Ergebnisse von vier europäischen Projekten zusammengefasst, die ähnliche Ziele verfolgten“, betont Brand. Die sechs Quartier-Mobilitätslabore (in den Pilotstädten Bremen, Budapest, Jerusalem, Malmö, Southend-on-Sea und Thessaloniki) brachten verschiedene Ergebnisse und Empfehlungen hervor. Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass Co-Creation auf Quartiersebene tatsächlich gut funktioniert, da hier der Großteil der täglichen Mobilität stattfindet und die Menschen in eine gute Lebensqualität investieren. Die Ergebnisse von CIVITAS SUNRISE und die Dokumente für die Labore sind auf der Website SUNRISE Neighbourhood Mobility Pathfinder zu finden, eine Sammlung von Informationen, die von den örtlichen Gemeinschaften für die Einrichtung ihrer eigenen Co-Creation-Prozesse genutzt werden können. Brand ergänzt und kommt zu dem Schluss: „Wir stellten fest, dass es wichtig ist, die Menschen u. a. mit ihren alltäglichen, aber existenziellen Hoffnungen, Sorgen und Einschränkungen ernstzunehmen und anzuerkennen, dass ihr Streben nach Glück das ist, was sie antreibt. Wir müssen mit ihnen zusammenarbeiten, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie glücklich sein können; ‚glücklich‘ im Sinne von gesund, sicher, sozial integriert, anerkannt, einbezogen usw.“
Schlüsselbegriffe
CIVITAS SUNRISE, Co-Creation, Mobilitätsprobleme, Quartiersebene, nachhaltige Mobilität im Quartier, Plan für Mobilität in den Städten, Verkehr