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Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum: A European human rights challenge

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Die Forderungen von LGBTI+-Asylsuchenden nach einem gerechteren System

Im Jahr 2020 wird bei der Bearbeitung von Asylanträgen immer noch kaum auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität Rücksicht genommen. Das Projekt SOGICA (Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum: A European human rights challenge) dokumentiert die Folgen dieser mangelnden Rücksichtnahme und gibt Ratschläge für zukünftige politische Maßnahmen im Vereinigten Königreich, in Deutschland, in Italien und in Europa.

Die Anzahl an Asylanträgen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersexuellen Menschen sowie von Menschen anderer Sexualitäten, Geschlechter und Geschlechtsvarianz (LGBTI+) nimmt zu. Solche Einzelpersonen haben oft mit Diskriminierung zu kämpfen und können in ihren Geburtsländern Opfer von Verfolgung werden, sodass sie gezwungen sind, in Ländern, die ihnen weniger feindselig gesinnt sind, Asyl zu suchen. Obwohl die Anzahl an Menschen der LGBTI+-Gemeinschaft, die vor Verfolgung fliehen, zunimmt, gibt es relativ wenige akademische Studien und Berichte von Nichtregierungsorganisationen, die sich mit dieser sehr spezifischen Art von Asylantrag befassen. Laut Nuno Ferreira, dem Kodirektor des Zentrums für Menschenrechtsforschung Sussex, liegt das daran, dass die Forschungsgemeinschaft und die Politik bislang nicht erkannt haben, dass Asylanträge aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität tatsächlich sehr häufig sind. „Bis vor Kurzem waren Anträge von Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, innerhalb der großen Gruppe Geflüchteter weitgehend unsichtbar. Gleichzeitig lagen die Prioritäten der Politik und Medien allgemein an anderer Stelle. Die Expertinnen und Experten sorgten sich vor allem um rassistische, fremdenfeindliche, homophobe und transphobe soziale Tendenzen“, erklärt er. Durch Interviews mit fast 500 Menschen, darunter aus der Politik, der Anwaltschaft, Nichtregierungsorganisationen und der Gruppe Asylsuchender konnte das vom europäischen Forschungsrat unterstützte Projekt SOGICA ein detailliertes Bild des Problems zeichnen und Empfehlungen für zukünftige politische Maßnahmen skizzieren. „Wir bieten eine umfassende und tief greifende Analyse der Anträge von Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen. Sie beruht auf einem vergleichenden, interdisziplinären und empirischen Ansatz. Zunächst betrachteten wir Fallstudien aus Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich sowie aus der EU und dem Europarat. Wir verfolgten dabei einen doppelten Ansatz aus den Perspektiven des Rechts und der Soziologie und ergänzten sie durch Interviews und Umfragen. Wir sind besonders stolz darauf, dass es uns gelang, mit mehr als 200 Antragstellenden und Geflüchteten in Kontakt zu treten, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen“, fügt Ferreira hinzu.

Der Weg zu einer besseren Politik

Die Ergebnisse des Projekts spiegeln das Spektrum der Herausforderungen wider, denen sich Menschen gegenübersehen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen. Auf europäischer Ebene kamen Ferreira und sein Team zu dem bedeutsamen Schluss, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem nicht angemessen auf die Bedürfnisse und Rechte von Minderheiten mit diversen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten eingeht. Gleichzeitig bearbeitet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Anträge von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, nicht auf eine Weise, die voll und ganz der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. „Auf innenpolitischer Ebene sieht es nicht viel besser aus“, so Ferreira. „Die Asylbehörden gehen mit Anträgen von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, oft auf unangemessene und sogar unrechtmäßige Weise um. Sie enthalten den Antragsstellenden qualitativ hochwertige Rechtsberatung und Dolmetscherdienste vor und lassen sich von Vorurteilen leiten. Sie neigen dazu, aufdringliche und erniedrigende Befragungen durchzuführen und auf unangemessen hohe Beweisstandards zu pochen.“ Abseits der rechtlichen Verfahren deuten die Projektergebnisse darauf hin, dass Antragstellende und Geflüchtete, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, oft Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt sind, was Unterkünfte, den Zugang zu Gesundheitsversorgung, den Arbeitsmarkt und Bildungschancen angeht. Zwar versuchen Nichtregierungsorganisationen in diesem Bereich Abhilfe zu schaffen, ihnen mangelt es allerdings oft an den nötigen Ressourcen. Es sieht jedoch nicht alles finster und deprimierend aus. Auch einige positive Praktiken haben sich entwickelt, darunter Interpretationen der Definition des Begriffs „Geflüchtete“ und verfahrenstechnische Regelungen, die Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, mit einbeziehen und von denen Ferreira sagt, man sollte sie in ganz Europa implementieren. „Alle diese Feststellungen und unsere Schlüsselvorschläge zur allgemeinen Verbesserung der Asylsysteme in Europa werden in unserem in Kürze erscheinenden Buch behandelt, das unsere Ergebnisse im Kontext von Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich analysiert. Das Buch wird Ende 2020 erscheinen und in elektronischer Form sowie als Open-Access-Publikation verfügbar sein“, merkt Ferreira an. Neben diesem Buch hat das Team beinahe 50 Artikel und eine Datenbank mit über 1 000 Unterlagen der Rechtsprechung, Strategiepapieren und anderen Elementen veröffentlicht, die Anträge von Menschen betreffen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen. Das Projekt hat 30 Empfehlungen an die nationale Politik und 32 an die EU ausgesprochen, von denen sich Ferreira erhofft, dass sie in die neue Gleichstellungsstrategie für LGBTI+-Menschen der EU einfließen werden. „Letztendlich schwebt uns ein Asylsystem vor, das – entsprechend unseren Empfehlungen – sicherstellt, dass alle Beteiligten ausreichend über die Lage von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Asyl suchen, aufgeklärt sind und zu einer Kultur der Empathie mit diesen Minderheiten beitragen. Der Ausgangspunkt für die Beschlussfassung sollte dabei die Selbstidentifikation des Antragsstellenden sein“, schließt er.

Schlüsselbegriffe

SOGICA, Asyl, LGBTI+, sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität

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