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Wenn europäische Staaten sich um die Verantwortung drücken, Flüchtlinge aufzunehmen

Ein neues Kurzdossier befasst sich mit den jüngsten europäischen Praktiken zur Abwehr von Flüchtlingen und damit, wie diese den Zugang der Betroffenen zu Asyl beeinträchtigen.

Aktuell gibt es weltweit mehr als 100 Millionen Vertriebene infolge von Konflikten, Gewalt, Verfolgung und/oder Menschenrechtsverletzungen. Rund 85 Prozent von ihnen werden von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen aufgenommen. Welche Position vertritt Europa angesichts dieses eindeutigen Bedarfs an einer gerechteren Verantwortungsverteilung zwischen den Ländern? Ein neues Kurzdossier, das im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ASILE veröffentlicht wurde, behandelt die jüngsten politischen Externalisierungsmaßnahmen und Gesetzesinitiativen in Europa und die Frage, wie diese sich für Asylsuchende und Flüchtlinge auf den Zugang zu Asyl auswirken. Doch was bedeutet „Externalisierung“ eigentlich? Allgemein gesagt, bezieht sich dieser Begriff auf Maßnahmen zur Migrationskontrolle, die hauptsächlich von reichen Industrieländern implementiert werden, um Asylsuchende daran zu hindern, ihre Grenzen zu erreichen. Dazu zählen beispielsweise Visumsbeschränkungen, Strafen für Transportunternehmen, die Asylsuchende befördern, und Abkommen mit den Herkunftsstaaten und Transitländern der Flüchtenden.

Strategische Drückeberger

Das Kurzdossier analysiert die zentralen Rechtsfragen und politischen Herausforderungen, von denen die Externalisierung der Grenzkontrollen bestimmt ist. Dazu gehören zum Beispiel sogenannte Push-Backs – staatliche Maßnahmen, die Flüchtlinge und Zuwandernde sofort nach Überqueren der Grenze wieder zurückzudrängen, ohne ihre individuellen Umstände zu berücksichtigen oder ihnen die Antragstellung auf Asyl zu gewähren. „Im Kontext der EU ist die anhaltende Situation an den EU-Außengrenzen mit weit verbreiteten, gewaltsamen und systematischen Push-Back-Praktiken das offenkundigste Beispiel für die Anstrengungen der Staaten, sich um die Verantwortung für Flüchtlinge und den Schutz ihrer Menschenrechte zu drücken“, so die Verfassenden in ihrem Kurzdossier. Push-Back-Maßnahmen seien zudem „ein Verstoß gegen die rechtlichen Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten nach internationalem humanitärem Recht und die Zusagen, die sie im Rahmen des Globalen Pakts der Vereinten Nationen für Migration gemacht haben.“ Das Dossier behandelt auch die jüngsten unilateralen Bestrebungen von europäischen Ländern – insbesondere Dänemark und dem Vereinigten Königreich – zur Externalisierung von Asylverfahren im Hinblick auf ihre Zusagen aus dem Globalen Pakt der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und ihre Verpflichtungen nach internationalem humanitärem Recht. Im Anschluss werden die schädlichen Folgen externalisierter Asylinitiativen dargelegt. So werden, wie vergleichbare internationale Erfahrungen zeigen, Familien auseinandergerissen, Menschenleben gefährdet, die psychische und körperliche Gesundheit der Betroffenen beeinträchtigt und eklatante Rechtsverstöße gegen diese Menschen in Kauf genommen.

Veränderung hin zu einer tatsächlichen Verantwortungsverteilung

Abschließend nennt das Kurzdossier fünf politische Empfehlungen, durch die ein wirkliches System der Verantwortungsverteilung zwischen den Staaten im Sinne des Globalen Pakts für Flüchtlinge gewährleistet werden könnte. In einem solchen System sollte der EU eine aktive Rolle bei der Implementierung zukommen und die Einhaltung von Menschenrechtsnormen vollumfänglich gewährleistet werden. Diese politischen Empfehlungen sehen unter anderem vor, dass die „grundlegende Bedeutung einer echten Verantwortungsverteilung auf das internationale Flüchtlingssystem in Wort und Tat“ anerkannt werde und dass ein Verständnis über „die rechtlichen und rufschädigenden Risiken der Externalisierung sowie die potenziellen Dominoeffekte solcher Ansätze für den weltweiten Flüchtlingsschutz“ herrschen muss. Die Staaten seien außerdem in der Pflicht, „die schädlichen Folgen von Systemen, die der Abschreckung und Umlenkung von Strömen von Flüchtlingen und Asylsuchenden dienen, anzuerkennen und sich damit auseinanderzusetzen“. Auch müssten sie „die Möglichkeiten und Grenzen der Umsiedlung und der komplementären Zugangswege anerkennen“. Zu guter Letzt befürworten die Verfassenden staatliche Unterstützungsmaßnahmen für „ein humanitäres, nicht diskriminierendes und menschenrechtszentriertes Narrativ, das Flüchtlinge und Asylsuchende nicht entmenschlicht.“ Das Kurzdossier greift Erkenntnisse aus einem Webinar auf, das im Februar 2022 von ASILE (Global Asylum Governance and European Union’s Role) veranstaltet wurde, und wurde auf Grundlage der nachfolgenden Entwicklungen aktualisiert. Das Projekt ASILE endet im November 2023. Weitere Informationen: ASILE-Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

ASILE, Flüchtlinge, Asyl, Asylsuchende, Menschenrechte, Kurzdossier, Grenzen, Migration

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