Evidenzbasierte Migrations- und Integrationspolitik mit Hilfe von Forschungszusammenarbeit
Zwar gibt es mehr und mehr evidenzbasierte Erkenntnisse über Asyl-, Integrations- und Migrationsfragen, doch unter den verschiedenen Expertengruppen sind die Synergien noch immer zu schwach ausgeprägt. Forschende und Interessengruppen sind innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaften gut vernetzt und doch mangelt es trotz Interesse an einer breiteren Zusammenarbeit an strukturierten Optionen. Im EU-finanzierten Projekt ReSOMA wurde eine Plattform entwickelt, die Fachleute in den Bereichen Asyl, Integration und Migration miteinander verbindet, um diese Synergien in eine evidenzbasierte EU-Politik einfließen zu lassen. In den zwei Jahren der Projektlaufzeit waren über 1 200 Fachleute aus diesen Themenbereichen beteiligt. Sie sollten bei 18 politischen Themen von zentraler Bedeutung beraten, zu denen mit hoher Wahrscheinlichkeit bald Entscheidungen auf EU-Ebene anstehen würden. Aus den zweimal jährlich abgehaltenen Beratungsrunden entstanden 80 Publikationen, die sich zum einen damit befassten, welche Folgen europäische Entscheidungen über nationale und lokale Politik und Maßnahmen hatten, und zum anderen Empfehlungen enthielten. Eines der im Projekt untersuchten Themen, das besondere Aufmerksamkeit auf sich zog, war die Kriminalisierung humanitärer Hilfe für Migranten. „Laut den Ergebnissen aus ReSOMA wurden zwischen 2015 und 2019 mindestens 158 Personen in elf europäischen Ländern wegen Leistung humanitärer Hilfe für eingewanderte oder geflüchtete Frauen und Männer überprüft oder strafrechtlich verfolgt, was hauptsächlich mit der Schleusungs-Beihilfe-Richtlinie der EU begründet wurde. Unsere belegten Ergebnisse wurden von mehreren europäischen Nachrichtenkanälen aufgegriffen“, erklärt Projektkoordinatorin Guia Gilardoni. 17 internationale und regionale Nachrichtenkanäle nahmen den aus dem Projekt entstandenen Bericht über die „Kriminalisierung von Solidarität“, in dem die Forschungsergebnisse des Teams zu dieser Frage noch tiefgründiger beleuchtet wurden, in ihre Berichterstattung auf. Dazu gehörten auch CNN, Politico Europe, TIME, EUobserver und openDemocracy.
Eine Plattform für politische Themen und angemessene Reaktionen
Zu Beginn der zwei Projektjahre arbeitete ReSOMA – mit Input von der EU sowie nationalen Interessengruppen, Forschenden und politischen Entscheidungsträgern – neun drängende Themen heraus, die untersucht werden müssen. Die Projektpartner übernahmen diese Themen und trugen über Konsultationen mit spezialisierten Forschenden, politischen Entscheidungsträgern und Fachleuten aus der europäischen Zivilgesellschaft und den lokalen Behörden Belege zusammen. In den Konsultationen wurden verfügbare politische Optionen abgesteckt, politische Wahrnehmungen untersucht, Empfehlungen abgegeben und schließlich all das im abschließenden Synthesebericht zusammengeführt. Herzstück des Projekts war die interaktive ReSOMA-Plattform, die von der Forschungsstiftung ISMU koordiniert und von Ernst&Young erstellt wurde. Dort konnte die virtuelle Community von Fachleuten, politischen Entscheidungsträgern und Forschenden online zusammenarbeiten. Die Zusammensetzung des Konsortiums, dessen Partner in beiden Forschungsgemeinschaften gut vernetzt waren, sorgte für eine große Reichweite bis in verschiedene Verwaltungsebenen hinein, sodass die evidenzbasierten Empfehlungen unter den politischen Entscheidungsträgern mit höherer Wahrscheinlichkeit viele Unterstützer finden konnten. In manchen Fällen erregten die bahnbrechenden Erkenntnisse in der Öffentlichkeit großes Interesse und flossen dann in die breitere politische Debatte in Europa ein, was sich auch in Workshops widerspiegelte, die ReSOMA mit verschiedenen politischen Entscheidungsträgern durchführte.
Informationsgrundlage für die Politik
Nicht nur das ReSOMA-Team wird weiterhin die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Interessengruppen fördern, sondern auch die Plattform (und ihre Community) wird nach Projektende in Europas größtes wissenschaftliches Netzwerk für Asyl, Integration und Migration IMISCOE eingegliedert, damit bei akutem politischen Beratungsbedarf auch künftig evidenzbasierte Informationen zur Verfügung stehen. „Durch das Projekt haben die Interessengruppen im Bereich Migration nicht nur Möglichkeiten bekommen, sich gegenseitig über strukturierten Dialog voranzubringen, sondern auch an spezifischen Themen zusammenzuarbeiten und Lösungen für drängende Probleme aus dem echten Leben zu finden“, so Gilardoni. „ReSOMA hat eine neue Verfahrensweise für die Sammlung von Belegen ins Spiel gebracht, die mehrere Interessengruppen einbezieht, kontextspezifisch arbeitet und politikrelevant ist.“
Schlüsselbegriffe
ReSOMA, Politk, Migration, Integration, Asyl, politische Entscheidungsfindung, Politikempfehlungen, Kriminalisierung, Solidarität, Migrant, Migrantin