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Evaluation of the Common European Asylum System under Pressure and Recommendations for Further Development

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Hier ist der Haken: Die EU-Migrationskrise und das GEAS

Auf ihrem Höhepunkt wurde die „EU-Migrationskrise“ zu einem fruchtbaren Boden, auf dem politische Debatten die technischen Schwächen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems für die Probleme auf lokaler und nationaler Ebene verantwortlich machen konnten. Doch handelt es sich hierbei um eine politische Abkürzung? Das Projekt CEASEVAL suchte nach Antworten auf genau diese Frage.

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), an dem seit 1999 gearbeitet wird, wurde 2015 auf eine harte Probe gestellt. Migration war damals zu einem der Hauptgesprächsthemen in Europa geworden. Einige der Mitgliedstaaten taten sich schwer, mit dem Einwanderungsdruck umzugehen und die unbemerkten Risse in der scheinbar harmonisierten Migrations- und Asylpolitik der EU sahen plötzlich wie massive klaffende Löcher aus. In diesem Zusammenhang kommt das EU-finanzierte Projekt CEASEVAL einer Mission zur Fehlererkennung und -behebung gleich. Ziel ist die Beurteilung der Funktionsweise des GEAS, das seit 2011 durch die hohe Zahl der in Europa eintreffenden Asylsuchenden stark belastet worden war. „Wir hatten den Eindruck, dass der Forschung über das GEAS eine integrative Perspektive fehlte. Dank unseres multidisziplinären Konsortiums mit Fachkenntnissen in den Bereichen Recht, Politikwissenschaft, Soziologie, Ethnografie und Humangeografie – das in 13 Ländern angesiedelt ist – hatten wir das Gefühl, das Wissen über die Funktionsweise des GEAS, seine Schwachpunkte und die Gründe seines Versagens aber auch die Möglichkeiten für seine Weiterentwicklung erheblich verbessern zu können“, erinnert sich Birgit Glorius, Professorin für Humangeografie mit dem Schwerpunkt Europäische Migrationsforschung an der Technischen Universität Chemnitz und Koordinatorin des Projekts CEASEVAL. Die Forschung von CEASEVAL umfasst die Analyse von Regelungsmustern auf nationaler und EU-Ebene, die Mobilitätsmuster asylsuchender Migrantinnen und Migranten, lokale Praktiken im Umgang mit ihren Asylanträgen sowie relevante Politisierungsprozesse. Diese gründliche Beurteilung wurde in 16 Ländern durchgeführt, wobei insgesamt 500 Interviews mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren sowie 100 Interviews mit Flüchtlingen geführt wurden.

Zentralisierte Entscheidungsfindung und Reibungspunkte mit lokalen Gemeinschaften

Schon bald begannen die wesentlichen Schwachpunkte sichtbar zu werden und die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So war die zentralisierte Entscheidungsfindung auf staatlicher Ebene zwar effektiv, hatte jedoch zu Konflikten mit den lokalen Gemeinschaften geführt. Der Grad der internen Heterogenität bei nationalen Aufnahmesystemen nahm zu und wo tatsächlich Konvergenz erreicht wurde, geschah dies im Allgemeinen auf lokaler Ebene und in kleinem Umfang. „Wir haben festgestellt, dass die Mitgliedstaaten häufig selektiv Richtlinien umgesetzt – und Durchführungsaspekte von Verordnungen eingebunden – haben, was unterschiedliche innerstaatliche Rahmenbedingungen für Asylverfahren, Aufnahmebedingungen usw. zur Folge hatte. Während Konzepte wie das ‚sichere Herkunftsland‘ in den nationalen Systemen weit verbreitet sind, wurden entscheidende Bestimmungen wie Garantien für gefährdete Gruppen nicht einheitlich eingeführt“, so Glorius. Das Projektkonsortium ermittelte drei Haupteinschränkungen der Harmonisierung durch die Gesetzgebung: Abweichungen bei der Umsetzung aufgrund des Ermessensspielraums der Richtlinien, die Unklarheit und der Ermessensspielraum der Verordnungen und das „Durchsetzungsdefizit“ in der EU-Gesetzgebung. Letzteres ist, so fand das Projektkonsortium heraus, insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Europäische Kommission zögert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Verstöße gegen den Besitzstand einzuleiten. „Diese Diskrepanz wurde besonders deutlich in unseren empirischen Untersuchungen, die ein Paradox zwischen dem Prinzip des ersten Ankunftslandes und den tatsächlich erlebten Erfahrungen der Migrantinnen und Migranten aufzeigten. In der Realität sieht es nämlich so aus, dass Migrantinnen und Migranten an Sekundärbewegungen teilnehmen, was vor allem dadurch bedingt ist, dass familiäre und berufliche Möglichkeiten anderswo als besser wahrgenommen werden“, erklärt Glorius.

Es liegt nicht nur am GEAS

Ist also das GEAS schuld an der Situation? Die im Rahmen des Projekts durchgeführte Analyse der damaligen politischen Debatten sagt etwas anderes. Anstatt sich auf die Fakten zu konzentrieren, wurde die Einwanderung in den Diskussionen oft für andere politische Zwecke instrumentalisiert. Wie Glorius sagt, ist die Frage nach der Belastbarkeit des GEAS in erster Linie keine technische, sondern eher eine politische Frage. Das Projektkonsortium hofft, dass die neu eingerichtete Europäische Kommission durch ihre Empfehlungen eine mögliche Reform des GEAS anstoßen wird. Dazu zählen die Schaffung einer „Koalition der Willigen“ für den Fall, dass das GEAS weiterhin auf staatlicher Ebene gestaltet wird, sowie die Stärkung der lokalen Behörden, falls es auf alternativen Regierungsebenen gestaltet werden sollte. Nicht zuletzt beinhalten die Projektergebnisse auch verschiedene mögliche politische Zukunftsszenarien im Zusammenhang mit dem GEAS.

Schlüsselbegriffe

CEASEVAL, EU-Migrationskrise, GEAS, Herkunftsland, Migranten

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