Zelltherapie für Immunschwäche
Primäre Immundefekte sind seltene Erbkrankheiten des Immunsystems, die durch Mutationen in Genen hervorgerufen werden, die für die Entwicklung und/oder die Funktion der Immunzellen erforderlich sind. Die Patienten sind anfällig für Infektionen, Autoimmunerkrankungen und Krebs, wobei eine Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen (haematopoietic stem cell, HSC) von gesunden Spendern die Behandlung der Wahl darstellt. Fehlt ein passender Spender ist eine HSC-Transplantation nur bedingt anwendbar und häufig mit Komplikationen verbunden. Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced therapy medicinal products, ATMPs) auf Basis autologer hämatopoetischer Zellen, die durch virale Vektoren ex vivo genetisch verändert werden, stellen einen vielversprechenden Ansatz zur Behandlung von PID dar. Bei ersten Bemühungen mit genkorrigierten autologen HSCs gibt es jedoch Sicherheitsprobleme, die mit der ersten Generation retroviraler Vektoren in bestimmten Typen von PIDs zu tun haben. Um dieses Problem zu lösen, verfolgte das EU-finanzierte Projekt CELL-PID (Advanced cell-based therapies for the treatment of primary immunodeficiency) die Zielstellung, innovative und sichere ATMPs für die klinische Behandlung von PID-Patienten zu entwickeln. Die CELL-PID-Forscher arbeiteten an neuartigen Methoden zur Isolierung von hämatopoetischen Stammzellen aus Blut sowie an der in vitro-Kultur und Anreicherung für T-Zell-Progenitoren. Umfangreiche Arbeiten führten zudem zur Herstellung von viralen Vektoren, um die spezifischen therapeutischen Gene stabil in die Patientenzellen zu integrieren. Mit Hilfe innovativer technologischer Instrumente und Geräteausstattung gelang den Forschungsteams die Produktion von Vektoren und medizinischen zellbasierten Produkten mit guter Herstellungspraxis. Überdies entwickelten sie neue Strategien zur Regeneration oder Ersetzung der Thymusdrüse, die bei PID-Patienten oftmals verändert wird. Aus klinischer Perspektive führte CELL-PID klinische Versuche für vier Erkrankungen durch: schwerer kombinierter Immundefekt (SCID)-X1, Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS), Adenosindesaminase-defiziente (ADA) SCID und chronische Granulomatose (CGD). Insgesamt wiesen die klinischen Studien eine anhaltendes Einwachsen der genkorrigierten Zellen, eine wiederhergestellte Immunfunktion sowie eine allgemeine Verbesserung der klinischen Verfassung der Patienten nach. Unter Einsatz strenger und sensibler Tests gewährleisteten die Partner die Sicherheit des Ansatzes. Eine weitere große Leistung war für CELL-PID der Beitrag zur EU-Marktzulassung für das erste ex vivo-Stammzell-Gentherapieprodukt gegen genetische Krankheiten. Mit ihren Industriekooperationen, patentgeschützten Arzneimitteln für seltene Leiden und EU-Finanzmitteln im Rahmen von Horizont 2020 kommen die Partner gut voran, um eine europäische multizentrische Plattform für PID-Behandlung einzurichten.
Schlüsselbegriffe
Zelltherapie, primäre Immundefizienz, hämatopoetische Stammzelle, viraler Vektor, CELL-PID