Bohrung zum ältesten Eis der Erde
Bei einer kürzlich durchgeführten Bohrung in der Antarktis im Rahmen des EU-finanzierten Projekts Beyond EPICA wurde ein wichtiger Meilenstein der Klimawissenschaft erreicht. Die Bohrung reichte bis in eine Tiefe von 2 800 Metern in das Eis, wo die Eisdecke auf Felsboden trifft. Der Eiskern wurde in Little Dome C gewonnen und könnte wertvolle Informationen zur Entwicklung des Erdklimas im Laufe der Zeitalter enthalten. Neben der einzigartigen Aufzeichnung der Klimageschichte des Planeten enthält der Eiskern auch Informationen zu atmosphärischen Temperaturen und unberührte Proben alter Luft mit Treibhausgasen aus der Zeit vor 900 000 bis 1,2 Millionen Jahren. Bei diesem sogenannten mittelpleistozänen Übergang verlängerte sich die Zeit zwischen Eiszeiten von 41 000 auf 100 000 Jahre. „Wir haben einen historischen Moment für die Klima- und Umweltwissenschaft erreicht“, berichtet Carlo Barbanto, Professor an der Universität Ca’ Foscari in Venedig, dem Projektpartner von Beyond EPICA in Italien, in einer Pressemitteilung auf „Eurasia Review“. „Das ist die längste durchgehende Aufzeichnung des vergangenen Klimas in einem Eiskern. Er kann den Zusammenhang zwischen dem Kohlenstoffkreislauf und der Temperatur des Planeten offenbaren.“ Julien Westhoff, leitender Forscher vor Ort von der Universität Kopenhagen, dem dänischen Projektpartner, erklärt zu den ersten Analysen vor Ort: „Die oberen 2 480 Meter scheinen eine hochauflösende Klimaaufzeichnung der letzten 1,2 Millionen Jahre zu enthalten, wobei bis zu 13 000 Jahre in einen Meter Eis komprimiert sind.“ Die Bohrstelle am Little Dome C wurde mit hochmodernen Funkecholot-Technologien und einer Modellierung des Eisflusses bestimmt. „Wir haben erkannt, dass die Aufzeichnung von vor 0,8 bis 1,2 Millionen Jahren reicht, genau wie berechnet, in einer Tiefe zwischen 2426 bis 2490 Metern. Das weitet den Eiskerndatensatz der letzten zwanzig Jahre von EPICA aus“, so Frank Wilhelms vom deutschen Projektpartner, dem Alfred-Wegener-Institut.
Über 1,2 Millionen Jahre hinaus
Unterhalb des Eises zu 1,2 Millionen Jahren Klimageschichte bestehen die letzten 210 Meter des Eiskerns aus stark verformtem altem Eis unbekannten Ursprungs, das scheinbar gemischt oder wieder gefroren ist. Bei einer fortschrittlichen Analyse dieses Eises könnten Erkenntnisse zum Verhalten von wieder gefrorenem Eis unter der antarktischen Eisdecke und zur vergangenen Vereisung der Ostantarktis gewonnen werden. „Die wertvollen Eiskerne aus dieser Kampagne werden mit dem Eisbrecher Laura Bassi nach Europa transportiert, ohne die Kühlkette bei -50 °C zu unterbrechen. Das ist eine große logistische Herausforderung im Projekt“, sagt Gianluca Bianchi Fasani, leitender Forscher am Projektpartner ENEA-UTA (die italienische Nationale Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung – Technische Abteilung Antarktis). Sobald die Eiskerne in Europa ankommen, werden die Forschenden von Beyond EPICA (Beyond EPICA Oldest Ice Core: 1,5 Myr of greenhouse gas – climate feedbacks) die Eisproben analysieren, um mehr über die Geschichte des Klimas und der Atmosphäre des Planeten zu erfahren. Sie werden auch das darunterliegende Gestein datieren, um zu erfahren, wann dieser Teil der Antarktis das letzte Mal eisfrei war. Weitere Informationen: Beyond EPICA-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
Beyond EPICA, Antarktis, Klima, Bohrungen, Eis, Eiskern