Die Meteoriten der Antarktis verschwinden laut Forschenden im Eis
Wie ist Leben auf der Erde entstanden? Wie wurde der Mond gebildet? Die Antworten auf entscheidende Fragen wie diese können möglicherweise in Meteoriten gefunden werden, von denen viele sich in der Antarktis befinden. Jüngsten Forschungsergebnissen zufolge, die von den EU-finanzierten Projekten ice cubed, PROTECT und CRiceS unterstützt werden, führt die globale Erwärmung jedoch dazu, dass diese extraterrestrischen Gesteine – und die darin enthaltenen wichtigen Informationen – im Eis verschwinden. In einer in der Zeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlichten Studie wird erklärt, warum.
Fünf zu eins
Über 60 % der etwa 80 000 auf der Erde gefundenen Meteoriten wurden von der Oberfläche des antarktischen Eisschildes gesammelt. Antarktische Meteoriten werden in Gebieten mit blauem Eis gefunden, in denen eine Kombination aus Eisflussprozessen und lokalen meteorologischen Bedingungen die Schnee- und Eisschichten von der Oberfläche entfernen und die im Eis verborgenen Meteoriten freilegen. In den vergangenen Jahrzehnten haben Forschende in diesen Gebieten beeindruckende 1 000 Meteoriten pro Jahr gesammelt, aber diese Quelle ist noch lange nicht erschöpft: Schätzungsweise 300 000 bis 850 000 Meteoriten befinden sich noch auf der Oberfläche des Eisschildes. Die neue Studie belegt nun, dass infolge der Klimaerwärmung viele Meteoriten von der Oberfläche verschwinden werden, indem sie mit dem Eisschild verschmelzen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden jedes Jahr etwa 5 000 Meteoriten unzugänglich – eine Zahl, die fünfmal so hoch ist wie die Rate, in der sie gefunden werden.
Empfindliches Gestein
Die Autorenschaft der Studie erklärt die Anfälligkeit von Meteoriten für Temperaturschwankungen: „Selbst bei Temperaturen weit unter Null erwärmen sich Meteoriten mit ihrer charakteristischen dunklen Kruste, wenn sie der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, und können das darunter liegende Eis schmelzen. Der erwärmte Meteorit erzeugt eine kleine Schmelztasche unter dem Gestein, die zu einer Vertiefung an der Oberfläche führt, die sich mit der Zeit zu einem Loch vertieft, das (in Verbindung mit wieder gefrierendem Schmelzwasser) zum Verschwinden (‚Versinken‘) des Meteoriten von der Oberfläche führt.“ In einer kürzlich erschienenen Pressemitteilung von ‚CNN‘ äußert sich der Mitautor der Studie, Dr. Harry Zekollari, vom Koordinator des Projekts ice cubed und Projektpartner von PROTECT Université libre de Bruxelles, Belgien, zur Bedeutung der kalten Oberflächentemperatur bei der Entdeckung von Meteoriten: „Es ist wirklich wichtig, dass es kalt ist, und wenn sich die Oberflächentemperatur ändert, selbst wenn sie von minus 12 °C auf minus 9 °C steigt, wird eine magische Schwelle überschritten, bei der Meteoriten allmählich verloren gehen.“ Die Forschenden schätzten daher den Verlust von Meteoriten unter verschiedenen Szenarien des Klimawandels. Sie fanden heraus, dass bei einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 bis 2,0 °C über dem vorindustriellen Niveau der Verlust von Meteoriten auf 9 bis 20 % begrenzt werden könnte. Bei der derzeitigen Politik (die zu einer globalen Erwärmung von 2,6 bis 2,7 % führt) steigt diese Zahl auf 28 bis 30 %. Der Anteil unwiederbringlicher Meteoriten steigt sogar noch weiter auf 35 % bzw. 55 % bei Szenarien mit einer Erwärmung von 3 °C bzw. 4 °C und könnte bis 2100 bei einem Szenario mit hohen Emissionen auf 76 % ansteigen. In Anbetracht dieser Aussichten wird in der durch ice cubed (ICE³: Modelling the global multi-century evolution of glacier ICE in 3D), PROTECT (PROjecTing sEa-level rise : from iCe sheets to local implicaTions) und CRiceS (Climate relevant interactions and feedbacks: the key role of sea ice and snow in the polar and global climate system) unterstützten Studie zur raschen Sammlung von Meteoriten aufgerufen, um die wertvollen Informationen, die sie über unser Sonnensystem enthalten, nicht zu verlieren. Weitere Informationen: Projekt ice cubed PROTECT-Projektwebsite CRiceS-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
ice cubed, PROTECT, CRiceS, Meteorit, Antarktis, Klima, Eisschild