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Dermography. Ethics and Aesthetics of Skin Writing

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Haut an der Schnittstelle von Medizin und Literatur

Durch die Erforschung der vielen sich überschneidenden Kontexte, in denen die Haut und die auf ihr „geschriebene“ Geschichte uns informiert, hat die bahnbrechende Forschung das aufstrebende Feld der Hautstudien auf die internationale Bühne katapultiert.

Das Studium der menschlichen Haut schließt anthropologische, biologische und medizinische Aspekte ein. Um Haut in ihrer ganzen Komplexität zu verstehen, müssen diese allerdings durch soziokulturelle, ethische und ästhetische Überlegungen ergänzt werden. Laut dem Biophysiker Georges Limbert zeichnet die Haut die Geschichte eines Menschen auf einzigartige Weise auf, die uns etwas über Gesundheit, Alter, ethnische Zugehörigkeit, frühere Traumata und sogar Gefühle und natürliche Umwelt verrät. Die blauen Flecken und Narben auf Körpern, die Gewalt erfahren haben, „schreiben“ beispielsweise eine Geschichte mit ihren lebhaften Farben, Tönen und Formen, die eine geisterhafte Ästhetik erzeugen. Irina Hron von der Universität Kopenhagen erforschte die Verbindungen zwischen Medizin, Anthropologie, Biologie, Psychologie und Kultur im Zusammenhang mit der Haut. Sie initiierte das über die Marie-Skłodowska-Curie Maßnahmen unterstützte Projekt DEAS, um „einen alternativen Weg zu finden, über das zu sprechen, was die meisten von uns einfach als Haut bezeichnen“, und nutzte dabei ihre umfassende Ausbildung in vergleichender Literatur- und Kulturwissenschaft.

„Hautlichkeit“ neu betrachten und ihre „Graphordanz“ einführen

In ihrem wegweisenden Artikel Sit venia verbo: A case for dermacriticism, erinnerte Hron an den von Nietzsche 1882 eingeführten Begriff der „Hautlichkeit“. Durch eine eingehende Betrachtung verschiedener historischer, literarischer und philosophischer Beispiele für die vielen Bedeutungen von Haut schlug Hron vor, dass „Hautlichkeit“ alle Dimensionen der Haut umfasst, einschließlich der symptomatischen, der semantischen, der signifikanten und der ästhetischen Aspekte. Außerdem führte sie den Begriff der „Graphordanz“ ein, der die vorbestimmte Rolle der Haut als Oberfläche für „Schrift“ oder „Inschriften“ widerspiegelt.

Dem „dermakritischen Ansatz“ und einem neuen Zeitalter der „Hautlichkeit“ den Weg bereiten

Aufgrund ihrer Untersuchungen und Analysen kam Hron zu dem Schluss, dass diese Kontexte das Umfeld für philosophische und „dermakritische“ Überlegungen schaffen. „Der dermakritische Ansatz stützt sich auf eine eigene Theorie und Methodik zur Untersuchung der Haut und ihrer verschiedenen Dimensionen des Hautseins, d. h. ihrer Hautlichkeit“, heißt es in ihrem Beitrag. Im Jahr 2024 gründete Hron die interdisziplinäre Forschungsplattform Dermacriticism, die sie leitet. Sie verfügt über einen internationalen wissenschaftlichen Beirat mit multidisziplinären Sachverständigen aus renommierten Einrichtungen in Europa und den USA. „Durch Workshops, Gastvorträge und Lesegruppen wollen wir unseren Fokus erweitern und die vielfältigen Schichten der Haut, Hautgeschichten und Hautforschung erkunden“, kommentiert Hron.

Dermakritik startet

Hron stellt fest, dass das Interesse und der Enthusiasmus der international anerkannten klinischen dermatologischen Fachleute vielleicht das aufregendste Ergebnis war. „Sie suchten nach neuen Möglichkeiten, um Hautkrankheiten zu beschreiben, zu diagnostizieren und zu behandeln, und glauben, dass die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Geisteswissenschaften der Weg in die Zukunft ist“, sagt Hron. Der relativ neue akademische Bereich der narrativen Medizin, der versucht, die Erfahrungen und Sichtweisen erkrankter Personen zu verstehen, um eine bessere individualisierte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, wird von Hrons Bemühungen stark profitieren. Auf der internationalen Konferenz, die Hron im September 2024 in Kopenhagen ausrichtete, nahmen Fachleute aus den Bereichen Dermatologie, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte, Anthropologie und Museologie teil. Darauf aufbauend organisiert sie nun gemeinsam mit renommierten dänischen Bildungs- und Kultureinrichtungen den ersten jährlichen mediengestützten „Tag der Haut“ in Kopenhagen im Jahr 2025. „Ich bin gerade dabei, einen viel größeren Forschungsrahmen zu entwickeln, als bisher geplant war. Die Plattform Dermacriticism ist zum Sprungbrett für die Zusammenarbeit zwischen geisteswissenschaftlicher Leseforschung, Kultur- und Literaturwissenschaft und Dermatologie geworden“, betont Hron begeistert. Hron hat wichtige Beiträge zu dem aufkommenden multidisziplinären Gebiet der „Hautstudien“ geleistet und damit den Grundstein für ein neues Zeitalter des Verständnisses und der Erkenntnis gelegt.

Schlüsselbegriffe

DEAS, Haut, Dermacriticism, Hautlichkeit, Dermakritik, Dermatologen, Graphordanz, Dermatologie, narrative Medizin, Hautstudien

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