Modulares „Solebergbauverfahren“ für mehrere Mineralien
Die Entsalzung von Meerwasser nimmt zu, hauptsächlich aufgrund des höheren Wasserbedarfs und der Auswirkungen des Klimawandels auf Süßwasserressourcen. Allein in der EU können mit Entsalzungsanlagen jedes Jahr bis zu 3,4 Milliarden Kubikmeter entsalztes Wasser bereitgestellt werden. Dabei fällt etwa die gleiche Menge konzentrierter Sole an, die wertvolle kritische Rohstoffe und andere Rohstoffe enthält und derzeit als Abfall zurück ins Meer geleitet wird. Über das EU-finanzierte Projekt SEA4VALUE sollte ein modulares Verfahren für mehrere Mineralien entworfen werden, das auf die Zusammensetzung von Sole angepasst werden kann, sodass die fortschrittlichen Technologien wirtschaftlich und technisch machbar sind.
Ausweitung der Kreislaufwirtschaft für kritischen Bedarf
Zunächst ging es bei SEA4VALUE um neun Elemente mit industrieller Bedeutung – die kritischen Rohstoffe Magnesium, Scandium, Vanadium, Gallium, Bor und Lithium sowie die Elemente Indium, Molybdän und Rubidium. Das Team hat jedoch einen weiteren Bedarf erkannt. Meist entsteht bei der Entsalzung Wasser, das fast „zu rein“ ist – es fehlen die Mineralien für die menschliche Gesundheit. Um diese Elemente wieder ins Trinkwasser zurückzuführen, müssen sie erworben werden, meist von Lieferanten in weiter Ferne. Daher hat das SEA4VALUE-Team Kalzium auf die Liste der Zielmineralien gesetzt, um eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen, in der Kalzium aus dem Meerwasser ins Trinkwasser gegeben werden kann.
Pilotversuche zu realen Proben aus aller Welt
Die SEA4VALUE-Technologien zur Abtrennung, Konzentrierung und Kristallisierung wurden von Partnern in Labors in ganz Europa an synthetischer und echter Sole entwickelt und getestet. Die Laborversuche waren mit einer Rückgewinnung von 90 % mit 90 % Reinheit ziemlich erfolgreich. „Die SEA4VALUE-Technologien wurden in unserem ‚mobilen Labor‘ zusammengebracht, das an der Entsalzungsanlage von Aqualia in La Caleta de Adeje auf Teneriffa aufgebaut wurde. Dort werden fast 150 Meerwasser- und Soleproben aus aller Welt getestet, um die Rückgewinnung wichtiger Elemente bei unterschiedlichen Konzentrationen und möglichen Störfaktoren zu validieren“, erklärt Alexandra Scherer vom Europäischen Institut für Wissenschaftskommunikation. Im „mobilen Labor“ werden erstaunliche Ergebnisse erzielt. Bei herkömmlichen Laborversuchen wurde derweil nachgewiesen, dass „mit einigen Technologien mehr als 95 % des Zielelements zurückgewonnen werden. Zu den Technologien gehört eine modifizierte Nanofiltration, Kalziumrückgewinnung, nichtdispersive Lösungsmittelextraktion, Adsorption und Elektrodialyse mit bipolaren Membranen. Zu anderen Technologien wie der Extraktion mit ionischen Flüssigkeiten oder Polymereinschlussmembranen muss weiter geforscht werden, um die Selektivität und Effizienz zu steigern“, so die technische Koordinatorin bei SEA4VALUE, Sandra Casas von EURECAT. Die Technologien aus dem Projekt beruhen auf umweltschonenden Reagenzien, damit die Auswirkungen der Aufbereitung möglichst gering sind und bei der Entsalzung bis zu 20 % mehr Wasser zurückgewonnen wird.
Ein Vermächtnis über die Projektdauer von SEA4VALUE hinaus
Das SEA4VALUE-Team hat einen Verdampfer entwickelt, der Korrosion durch Salzwasser standhält und einen geringen Energieverbrauch aufweist. Er bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten über SEA4VALUE hinaus. Außerdem hat das Projektteam das Bewusstsein zu Entsalzung zur Rückgewinnung von Mineralien geschärft. Als eines der ersten Projekte wurde über SEA4VALUE ein CEN-Workshop zum „Solebergbau“ angeregt, um öffentliche Empfehlungen zu Mineralien und der Aufbereitung weiterzugeben. Der Mineraliengehalt der Proben wird in einer Datenbank angegeben, die nach einer kostenfreien Registrierung über die Projektwebsite erreichbar ist. Derzeit wird eine Plattform entwickelt, um den Prozess abzubilden und je nach Solezusammensetzung eine geeignete Aufbereitung zu bestimmen. Das SEA4VALUE-Team hat über eine Kreislaufwirtschaft an Entsalzungsanlagen einen unschätzbaren Beitrag zu zwei zentralen globalen Herausforderungen geleistet – Zugang zu einer nachhaltigen, lokalen Mineralien- und Metallversorgung und zu gesundem Trinkwasser.
Schlüsselbegriffe
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