Mitfühlende Sterbebegleitung
Sich dem Ende ihres Lebens nähernde Patientinnen und Patienten leiden unter Symptomen wie Schmerzen, Delirium und Atembeschwerden, die eine große Belastung darstellen. Wenn die zur Verfügung stehenden Behandlungen versagen und somit die alternativen medizinischen Verfahren ausgeschöpft sind, kann eine palliative Sedierung in Betracht gezogen werden. Bei der palliativen Sedierung wird das Bewusstsein der Betroffenen absichtlich herabgesetzt, um das unerträgliche Leiden an diesen nicht auf eine Therapie ansprechenden Symptomen zu lindern.
Europäische Leitlinien überdenken
In Europa kommt die palliative Sedierung bei 10 bis 18 % aller Todesfälle zum Einsatz, wobei die Prävalenz in Abhängigkeit von Ländern, Regionen und Einrichtungen variiert. Das Team des EU-finanzierten Projekts PalliativeSedation erkannte die Notwendigkeit, systematische Erkenntnisse über die Praktik der palliativen Sedierung zu sammeln und die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die Verantwortlichen der Politik und die breite Öffentlichkeit über ihre ethischen, medizinischen und sozialen Aspekte zu informieren. „Unser Hauptziel bestand darin, die derzeitigen Praktiken der verhältnismäßigen palliativen Sedierung zu untersuchen, bei der die Sedierung auf das Wohlbefinden des betroffenen Menschen zugeschnitten ist“, erklärt Jeroen Hasselaar, Professor am Universitätsklinikum Radboud Universitair Medisch Centrum, und Koordinator des Projekts PalliativeSedation. Im Jahr 2009 veröffentlichte die Europäische Fachgesellschaft für Palliativmedizin ein Rahmenwerk für palliative Sedierung, das Leitlinien zur Indikation, Bewertung und zu technischen Abläufen enthält. Das Projektteam hat dieses Rahmenwerk mit moderner Terminologie überarbeitet und dabei den Schwerpunkt auf die Verhältnismäßigkeit der Sedierung gelegt. Das Rahmenwerk befasst sich mit Schlüsselfragen wie geeigneten Indikationen für die Sedierung, Bewertungsprotokollen, Entscheidungsprozessen und ethischen Überlegungen. Es dient als Leitlinie für Gesundheitsdienstleister, die sicherstellt, dass die Praktik mit Präzision und Mitgefühl angewendet wird.
Studie über europäische Sedierungspraktiken
Das Projektteam führte Beobachtungsstudien in verschiedenen europäischen Ländern durch, um zu beurteilen, wie die palliative Sedierung in unterschiedlichen kulturellen und nationalen Kontexten praktisch umgesetzt wird. Verglichen wurden der Einsatz von Medikamenten, die Dauer und Tiefe der Sedierung, der Patientenkomfort und die Entscheidungsfindungsprozesse. Ungeachtet aller Herausforderungen, welche die COVID-19-Pandemie mit sich brachte, wurden insgesamt 248 Patientinnen und Patienten einbezogen, von denen 80 in ihren letzten Tagen eine palliative Sedierung erhielten. Die Beobachtungsdaten zu diesen Betroffenen wurden durch Interviews mit Angehörigen und Gesundheitsdienstleistern ergänzt, um deren Erfahrungen und Überlegungen zum Prozess zu erfassen. Die Gesundheitsdienstleister erörterten schwierige Fälle, in denen eine palliative Sedierung in Erwägung gezogen oder verabreicht wurde, anhand moralischer Abwägungen. „Diese Sitzungen boten unschätzbare Einblicke in die ethischen Dilemmata, mit denen die Angehörigen der Gesundheitsberufe konfrontiert sind, und trugen zur Evidenzbasis des Projekts bei“, betont Projektforscher Ian Koper.
Verbreitung von Wissen
Als eine der wichtigsten Errungenschaften innerhalb des Projekts PalliativeSedation konnten verschiedene Zielgruppen von Angehörigen der Gesundheitsberufe bis hin zu politisch Verantwortlichen und der allgemeinen Öffentlichkeit mit Informationen versorgt werden. Zu diesem Zweck entwickelte das Team eine offene Online-Lehrveranstaltung, ein E-Book und weitere Bildungsmaterialien. Diese Ressourcen bieten nicht nur den Angehörigen der Gesundheitsberufe aktuelle Informationen und Leitlinien zur palliativen Sedierung, sondern dienen auch der Aufklärung der Patientinnen und Patienten und ihrer Familien über diese medizinische Praktik. Zudem organisierte das Projektteam einen Workshop für Verantwortliche der Politik aus ganz Europa, um die Ergebnisse auszutauschen und die Umsetzung des aktualisierten Rahmenwerks zu fördern. Insgesamt stellen die Ergebnisse des Projekts PalliativeSedation sicher, dass die betroffenen Menschen in der letzten Phase ihres Lebens eine mitfühlende, angemessene und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Betreuung erhalten. Mit Blick in die Zukunft hat das Projektteam mehrere Bereiche für weitere Arbeiten ermittelt, um die breitere Umsetzung seiner Ergebnisse zu unterstützen. Zu den vorgeschlagenen zukünftigen Schritten zählen die Ausweitung der Reichweite des Online-Weiterbildungsprogramms und die Verfeinerung der politischen Empfehlungen.
Schlüsselbegriffe
PalliativeSedation, palliative Sedierung, Rahmenwerk, Leitlinien, nicht auf eine Therapie ansprechende Symptome, Sterbebegleitung