Eine Testumgebung für Innovationen zu Hochrisiko-Medizinprodukten
In Europa kann es bis zu viermal so lange dauern, bis Patientinnen und Patienten Zugang zu Hochrisiko-Medizinprodukten erhalten, als in den Vereinigten Staaten. Die Verzögerungen resultieren aus einer Kombination strenger Vorschriften und langen Kostenerstattungszeiten, insbesondere für Hochrisiko-Produkte. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) machen etwa 95 % der europäischen Industrie für Medizinprodukte aus, und die EU hat großes Interesse daran, dass diese Unternehmen florieren und erfolgreich sind. Das EU-finanzierte Projekt TBMED (A testing bed for the development of high-risk medical devices) hat den Auftrag erhalten, eine offene Testumgebung für Innovationen zu erstellen und einzurichten. Über diese sollen KMU gefördert werden, die sich auf die Entwicklung von Hochrisiko-Medizinprodukten wie Herzklappen und Hüftersatz spezialisieren. Die Leitphilosophie von TBMED beruht auf dem Ansatz „Quality-by-Design“, bei dem Qualitätsprüfungen so früh wie möglich im Entwicklungszyklus von Produkten eingeführt werden. Dadurch können mögliche Probleme erkannt und korrigiert werden, bevor ein Produkt eine fortgeschrittene Entwicklungsphase erreicht. Zwischen der ersten Planung und der Markteinführung liegen fünf einzelne Phasen und das Projekt will Unternehmen in jeder einzelnen Unterstützung bieten. Im Bereich der Medizinprodukte würde eine breitere Anwendung dieses Ansatzes auch die Sicherheit und Wirksamkeit erhöhen. Weitere Vorteile sind ein effizienterer Fertigungsprozess, geringere Kosten und eine möglicherweise schnellere regulatorische Genehmigung.
Tipps zu geistigem Eigentum und Unterstützung für Hersteller von Medizinprodukten
Das Projekt wurde 2019 mit 13 Partnern ins Leben gerufen und verfügt über einen Haushalt von 9,6 Mio. EUR. Damit soll ein festes Büro eingerichtet werden, das Unternehmen der Medizintechnik Unternehmensberatung und Unterstützung im Bereich geistiges Eigentum bietet. Unternehmen können das Projektteam über die TBMED-Website kontaktieren, indem sie eine Kurzbeschreibung des Produkts liefern und angeben, welche Dienste sie benötigen. Der Fachausschuss führt dann für geeignete KMU eine umfassende Analyse und Prüfung der technischen Dokumente durch, wobei eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet wird. TBMED arbeitet anschließend einen detaillierten Vorschlag zur Anfrage des Unternehmens aus und weist dem Projekt ein festes Team zu. Sofern das Unternehmen den Vorschlag annimmt, wird ein Vertrag unterzeichnet und die Zusammenarbeit beginnt. Um diese Unterstützung zu bieten, kann TBMED auf zahlreiche Ressourcen zurückgreifen, darunter ein Labor für die Synthese biologischer Werkstoffe und ein Testlabor für die Wirksamkeitsprüfung in vivo und in vitro. Das Projektteam wird zudem Beratung zum „Quality-by-Design“-Ansatz, zur Gesundheitstechnologiebewertung und zu Sicherheitsbewertungen bieten. Um die Testumgebung von TBMED ins Rollen zu bringen, konzentriert sich das Projektteam auf drei Hochrisiko-Medizinprodukte als Fallstudien – ein osteoinduktives Hydrogel, Keratoprothesen (bei denen erkrankte Hornhaut durch künstliche ersetzt wird) und magnetische Nanopartikel für die hypothermische Krebstherapie. TBMED wird bis August 2023 laufen.
Schlüsselbegriffe
TBMED, offene Testumgebung für Innovationen, Testlabor, Quality-by-Design, Medizinprodukte, KMU