Kollektive, partizipative Ansätze für lokale politische Herausforderungen
In ganz Europa befinden sich elektronische Behördendienste im Wandel. Während öffentliche Behörden die Endnutzer dieser Onlinedienste in der Vergangenheit lediglich als Kunden betrachtet haben, sehen sie sie nun als Partner. Um diesen Übergang vom eGovernment zu einem „WeGovernment“ zu fördern, entwickelte das EU-finanzierte Projekt WeGovNow (Towards We-Government: Collective and participative approaches for addressing local policy challenges) eine innovative Plattform mit Diensten, die lokale politische Herausforderungen durch Bürgerengagement angehen, und testete sie in einem Pilotprojekt. Im Gegensatz zu Einzweckwerkzeugen, die gewöhnlicherweise für die Einbindung von Bürgern eingesetzt werden, wie Systeme für Online-Bürgerbefragungen und -Petitionen, stellt sich WeGovNow als umfassende Onlineplattform auf. Über diese Plattform können öffentliche Verwaltungsstellen, Bürger, die Zivilgesellschaft und Unternehmen zusammenfinden, um gemeinsam praktische Lösungen für lokale politische Herausforderungen zu finden. Sie bietet Tools, die auf folgende Bereiche zugeschnitten sind: Networking und Selbstorganisation der Gemeinschaft, Identifizierung und Nachverfolgung von Problemen, demokratische Entscheidungsfindung, Crowdsourcing von Ideen und Förderung von Gelegenheiten zur Freiwilligenarbeit. „Praktisch gesehen bietet WeGovNow einen integrierten ‚Werkzeugkasten‘, der die flexible Unterstützung verschiedenster Entwürfe von Beteiligungsvorgängen für Interessengruppen ermöglicht, anstatt nur einen einzigen vordefinierten ‚Beteiligungsworkflow‘ möglich zu machen“, so Lutz Kubitschke, der Projektkoordinator und Vorsitzende von empirica, dem Hauptpartner des Projekts.
Die Einbindung von Bürgern in Turin
Das WeGovNow-Projekt wurde in mehreren Städten in Pilotprogrammen erprobt, mit dem Ziel, die Projektplattform zu nutzen, um echte politische Herausforderungen anzugehen. Im italienischen Turin bedienten sich die Stadtverwalter der Plattform, um Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Bürger besser in verschiedene Beschlüsse über Kulturprojekte einzubinden. Beispielsweise nutzten Anwohner, Interessengruppen und öffentliche Verwaltungsstellen die Plattform, um Ideen auszutauschen, zusammenzuarbeiten und gemeinsam einen Abschnitt des städtischen Dora-Parks zu entwickeln. Laut Kubitschke konnte Turin dank WeGovNow ein besseres Verständnis der Ideen und Bedürfnisse seiner Bürger entwickeln. „Die Plattform erwies sich als ein hervorragendes Mittel, um Rückmeldungen einzuholen und viele Teilnehmer einzubinden – von denen viele normalerweise nicht an traditionellen Bürgerbeteiligungsforen wie Bürgerversammlungen teilgenommen hätten“, so Kubitschke. „Die Bürger profitieren ebenfalls, indem ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, Einfluss auf die öffentliche Politikgestaltung zu nehmen.“
Lösungen, auf die alle öffentlichen Verwaltungsstellen zugreifen können
In den drei Pilotgemeinden zusammen haben sich fast 10 000 Nutzer auf der Plattform angemeldet – ein Beweis dafür, dass WeGovNow mit einer großen Nutzerzahl umgehen kann. Dank des Erfolgs der Pilotprogramme konnten die Forscher die WeGovNow-Unterstützungsdienste nun über die Softwarepartner des Projekts auch anderen öffentlichen Verwaltungsstellen zugänglich machen. Darüber hinaus können verschiedene Softwarekomponenten, die im Rahmen des Projekts entwickelt oder erweitert wurden, als Open-Source-Lösungen heruntergeladen werden. Zu guter Letzt stehen die Informationen auch jenen zur Verfügung, die an der Implementierung oder Weiterentwicklung der einzelnen WeGovNow-Komponenten interessiert sind. Diese Informationen bieten Interessierten einen detaillierten Überblick über das derzeitige Ausgereiftheits- und Tragfähigkeitsniveau der Lösungen. Vor allem aber legen sie auch dar, wie sie erfolgreich weiterentwickelt werden können, sodass das Erbe des Projekts auch für spätere Innovationen nicht verloren geht.
Schlüsselbegriffe
WeGovNow, eGovernment, We-Government, öffentliche Verwaltung, Bürgerbeteiligung, Turin, gemeinsame Entwicklung, Co-Kreation