Neue tumorspezifische Therapie für Darmkrebspatienten
Eine Rezidivierung bei Darmkrebs – der zweithäufigsten Form von Krebs in Europa - zu vermeiden, ist noch immer schwierig, vor allem, weil mehrere Ursachen in Frage kommen: Ausbreitung einzelner Krebszellen über den Primärtumor hinaus, Verbleib von Krebszellen nach der Resektion, schlechte Spezifität der Chemotherapie nach der Resektion oder Resistenzen gegen Chemotherapeutika. Dr. Helena Azevedo von der Queen Mary University of London (QMUL) ist jedoch überzeugt, dass Rezidive - unbesehen der Ursache - durch postoperative Therapien verhindert werden können, die die Regeneration des geschädigten Gewebes fördern. Das EU-finanzierte Projekt CANCERHYDROGELPATCH hatte daher zum Ziel, kolorektale Tumorzellen nach der chirurgischen Entfernung des Tumors mit Nanostäbchenkonjugaten in siRNA-Hydrogelwirkstoffen abzutöten. "Unsere Idee war, die Therapie auf einen bestimmten Krebstyp zuzuschneiden, um Effizienz und Sicherheit zu verbessern", sagt Dr. Azevedo. "Zum Beispiel werden Wachstumsfaktoren (Proteine, die an der Zellproliferation beteiligt sind) in den meisten Tumoren typischerweise überexprimiert, was die Progression und Ausbreitung des Tumors fördert. Mit Bevacizumab (Avastin) lässt sich zwar das Tumorwachstum verhindern, die Komplexität der Tumorumgebung erfordert aber multiple Therapien. Daher kombinierten wir ein weiteres Medikament auf Basis kurzer interferierender RNA (siRNA), das die Expression spezifischer Gene unterdrücken/ausschalten kann. Auf diese Weise sollte ein wichtiges Onkogen zerstört und die Progression des Tumors verhindert werden." Obwohl Darmkrebspatienten bereits mit Medikamenten wie Avastin behandelt werden, entwickelte CANCERHYDROGELPATCH eine innovative Methode, bei der Avastin nicht systematisch gegeben oder in den Tumor injiziert wird, da es durch unspezifische Aufnahme in Krebs- wie auch gesunde Zellen zu Nebenwirkungen kommt und der Wirkstoff in anderen Organen akkumuliert wird. Stattdessen wollte das Team die Medikamente über ein Hydrogel zur gewünschten Stelle und selektiv zu Krebszellen transportieren. Dies erfolgte über Nanopartikel, die mit kleinen Peptidmolekülen beschichtet sind und spezifisch auf der Oberfläche der Krebszellen andocken. "Die Ergebnisse waren hervorragend", wie Dr. Azevedo schwärmt, und seien weit über die ursprünglichen Erwartungen des Teams an eine postoperative Therapie hinausgegangen. Die neue Kombinationstherapie ist hochwirksam, sowohl bei resezierten als auch nicht-resezierten Tumoren, da drei therapeutische Ansätze zusammengeführt werden: Gentherapie zur Stummschaltung von Onkogenen, die an der Krebsprogression beteiligt sind, Chemotherapie durch Freisetzung eines wirksamen Medikaments, das die Vermehrung der Krebszellen stoppt, und schließlich thermische Therapie, die Hitze erzeugt und so die Krebszellen abtötet. "Dabei zeigte sich, dass die Dreifachtherapie in der Lage war, den Tumor zu beseitigen und damit auch die Notwendigkeit einer Resektion. Bei der Anwendung nach der Resektion wurde eine vollständige Remission durch Zerstörung verbleibender Krebszellen und Verhinderung des Tumorwachstums erreicht", sagt Dr. Azevedo. Die neue Therapie löste in der Fachwelt großen Enthusiasmus aus und wurde bereits in der führenden Zeitschrift "Nature Materials" vorgestellt. Jetzt hat Joao Conde, der auch an CANCERHYDROGELPATCH beteiligt war und darauf spezialisiert ist, biologische Nanomaterialien für die Krebsbehandlung zu entwickeln und zu testen, eine neue Forschungsgruppe zusammengestellt, um diese Therapien weiterzuentwickeln. "Obwohl die Ergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit beim Mausmodell viel versprechend sind, muss die Therapie noch an großen präklinischen Modellen in längerfristigen Nachbeobachtungsstudien validiert werden, bevor wir unsere neue Therapie und Verabreichungsmethode an menschlichen Patienten testen können. Und dies kann, selbst wenn alles nach Plan läuft, noch 5 bis 10 Jahre dauern", so Dr. Azevedo.
Schlüsselbegriffe
CANCERHYDROGELPATCH, Kolektomie, Darmkrebs, Tumor, Metastasen, Chemotherapie, Hydrogel, Avastin, siRNA, Genexpression, Peptid, Resektion