Neuartiges Verfahren zur Rückgewinnung sauberer Polymere aus gefährlichen Elektro- und Elektronik-Altgeräten
In Europa fallen jährlich Millionen Tonnen Kunststoffabfälle aus Elektro- und Elektronik-Altgeräten (EEAG) an, von denen ein großer Teil nach Asien exportiert und dort auf geringem Qualitätsniveau recycelt oder deponiert wird. Diese Kunststoffe enthalten häufig bromierte Flammschutzmittel und Antimontrioxid, Stoffe, die in Europa aufgrund von Gesundheits- und Umweltauflagen nicht recycelt werden können. Heute sind etwa 400 000 Tonnen Elektro- und Elektronik-Altgeräte aus Kunststoff derart verschmutzt, dass sie verbrannt werden müssen. Das Team des EU-finanzierten Projekts PLAST2bCLEANED befasste sich mit diesem Problem, wobei ein sicheres und wirtschaftlich realisierbares Recyclingverfahren zur Rückgewinnung von sauberen Polymeren, Brom und Antimontrioxid entwickelt und somit ein geschlossener Recyclingkreislauf geschaffen wurde. Das Projektteam betritt beim Recycling von gängigen EEAG-Polymeren, bromierten Flammschutzmitteln und Antimontrioxid Neuland und führt Technologien ein, mit denen gefährliche Zusatzstoffe sicher von Kunststoffen getrennt werden.
Gefährliche Kunststoffe auf verantwortungsvolle Weise abbauen
Das Projektteam konzentrierte sich auf Kunststoffe aus Elektro- und Elektronik-Altgeräten, die Kunststoffe wie Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) und hochschlagfestes Polystyrol (HIPS) enthalten und außerdem bis zu 20 % bromierte Flammschutzmittel und 5 % Antimontrioxid aufweisen. Diese Zusätze gewährleisten die Brandsicherheit, behindern jedoch das Recycling. „Durch Auflösen des Polymers werden die Zusatzstoffe freigesetzt und können vom Polymer getrennt werden“, sagt Pieter Imhof, leitender Unternehmensentwickler bei TNO. Zur Reinigung des zurückgewonnenen Polymers wurden mehrere Verfahren erprobt, darunter Membranfiltration, Dichtetrennung, Sorption und Bettfiltration. „Die Analyse ergab, dass das zurückgewonnene Polymer keine bedenklichen Stoffe oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte enthielt“, erklärt Imhof. In Tests bestätigte sich, dass das Polymer die technischen Anforderungen zum Einsatz in neuen Produkten wie zum Beispiel Waschmaschinentürrahmen erfüllte, auch wenn in Hinsicht auf die Schlagzähigkeit eine Mischung mit neuem Material erforderlich war.
Pilotanlage beweist großmaßstäbliche Realisierbarkeit
Das Recyclingverfahren wurde in einer Pilotanlage validiert, um seine Realisierbarkeit in größerem Maßstab zu demonstrieren. „Während der Versuchskampagne konnte die Realisierbarkeit des Verfahrenskonzepts im Kilogrammbereich nachgewiesen werden, da insgesamt 16 kg nach Gebrauch sortierte Acrylnitril-Butadien-Styrol-Abfälle zu 9 kg trocken recyceltem Polymer verarbeitet wurden“, betont Imhof. Mit diesem Konzeptnachweis wurde bestätigt, dass das Verfahren technisch einwandfrei funktioniert, auch wenn zur großmaßstäblichen Antimontrioxid-Rückgewinnung weitere Verbesserungen erforderlich sind.
Weniger Kosten und Vorteile für die Umwelt
Für die meisten Kunststoffe aus Elektro- und Elektronik-Altgeräten stellt die Verbrennung den heute üblichen Entsorgungsweg dar. Das Team von PLAST2bCLEANED bietet eine Alternative, die die Auswirkung auf die Umwelt verringert und die Recyclingkosten senkt. „Die Bewertung der Lebenszykluskosten zeigt, dass mit dem PLAST2bCLEANED-Verfahren die Kosten für das Recycling des Polymers im Vergleich zur Verbrennung gesenkt werden“, berichtet Imhof. Der niedrige Preis von neuem Kunststoff bleibt jedoch als ein wirtschaftliches Hindernis bestehen. Das Projektteam kam zu dem Schluss, dass politische Unterstützung entscheidend ist, um Anreize für Investitionen in fortgeschrittenes Recycling zu schaffen. Zu den Empfehlungen zählen das Verbot der Ausfuhr von Kunststoffabfällen, die Schaffung eines eigenen Marktes für recycelte Kunststoffe und die Kopplung der Polymerpreise an die CO2-Emissionen.
Europäische Kreislaufwirtschaft stärken
Mit Blick in die Zukunft könnten mit dem PLAST2bCLEANED-Verfahren bis 2050 bis zu 606 000 Tonnen Acrylnitril-Butadien-Styrol/hochschlagfestes Polystyrol zurückgewonnen werden. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Strom aufgrund der geplanten höheren Sammelquoten verdoppeln wird. Gleichzeitig ist die Unsicherheit aufgrund der widersprüchlichen Entwicklungen in Bezug auf die Verordnung zur Debromierung und das erwartete starke Wachstum bei den auf den Markt gebrachten Elektro- und Elektronikgeräten groß. Auf diese Weise würde die Abhängigkeit Europas von importierten Materialien verringert werden, insbesondere bei Antimon, das als kritischer Rohstoff eingestuft wird. Die Technologie ist auch an weitere Kunststoffabfallströme anpassbar, zum Beispiel an Kunststoffe aus der Automobilindustrie, wobei sich die Verarbeitung vereinfacht, wenn keine gefährlichen Zusatzstoffe vorhanden sind. Anhand des Erfolgs von PLAST2bCLEANED lässt sich ablesen, wie innovative Recyclinglösungen Materialkreisläufe schließen, gefährliche Abfälle reduzieren und den Übergang Europas zu einer Kreislaufwirtschaft vorantreiben können.
Schlüsselbegriffe
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