Skip to main content
European Commission logo
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS
CORDIS Web 30th anniversary CORDIS Web 30th anniversary

Article Category

Article available in the following languages:

Die Geschichte der mumifizierten Tiere in Ägypten nachempfinden

Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts SEAMS werden die Bandagen ägyptischer Tiermumien mit traditionellen Verfahren und neuen Technologien untersucht, um Aufschluss über deren Alter und Herkunft zu erhalten.

Über ägyptische Tiermumien ist nicht viel bekannt. Dieser Mangel soll über das Projekt SEAMS behoben werden. Im alten Ägypten wurden mumifizierte Tiere an Gläubige verkauft, die sie – mit Gebeten – den Göttern darbrachten. Diese Mumien wurden anschließend begraben, bis im 19. und frühen 20. Jahrhundert viele von ihnen auf unkonventionelle Weise in Museumssammlungen in aller Welt landeten. Durch diese Ausbeutung und die unbemerkte Entnahme dieser Votivmumien aus ihren Grabstätten gingen wertvolle Daten über ihre Herkunft und ihr Alter verloren. Da die Radiokarbondatierung und die Entnahme von Bandagen nicht immer praktikabel sind, um diese Artefakte zu datieren, und da es keine wissenschaftlichen Studien zu ihrer Herkunft gibt, hat sich das SEAMS-Team vorgenommen, die Wissenslücke anderweitig zu schließen. Dazu werden minimalinvasive, kostengünstige Methoden angewandt, um die Methoden und Stile der Bandagen mumifizierter Tiere zu erforschen und festzustellen, ob sie als Indikatoren für bestimmte Zeiten und Orte dienen können.

Alt und neu vereinen

Seit dem Start im November 2023 hat SEAMS eine nicht invasive, kostengünstige diagnostische Alternative zu den derzeitigen zerstörerischen Methoden erarbeitet, mit denen Daten aus den Mumien gewonnen werden. Die innovative, interdisziplinäre Methode kombiniert traditionelle Verfahren mit neuen Technologien wie Photogrammetrie, multispektrale Bildgebungsverfahren, faseroptische Reflexionsspektroskopie und virtuelle Restaurierung. Mit dieser Methode will das Projektteam das ursprüngliche Aussehen der Bandagen der mumifizierten Tiere rekonstruieren, die in internationalen Museen ausgestellt sind. Bislang wurden Daten zu über 60 Mumien aus 10 verschiedenen Museen in den Vereinigten Staaten gesammelt. Die virtuell restaurierten Repliken der Artefakte und andere relevante Daten wurden in einem geografischen 3D-Informationssystem erfasst, und die Mumien wurden auf der Grundlage ihrer gemeinsamen ikonografischen Merkmale in Typologien eingeteilt. Die Entwicklung einer einheitlichen Terminologie für die erkannten Muster der Bandagen ist derzeit in vollem Gange und zielt darauf ab, ein bisher fehlendes Maß an Standardisierung zu erreichen. Außerdem wurden wertvolle Einblicke in die Produktionsverfahren gewonnen, indem Fadenzähler zur Beurteilung der Qualität von Textilien und Digitalmikroskope zur Untersuchung von Garnquerschnitten und Bindungsformen eingesetzt wurden. Die erzeugten Daten erlauben stilistische Vergleiche zwischen den restaurierten 3D-Objekten. Die stilistischen Variationen werden dann mit Informationen aus den Archiven verknüpft, wodurch ein Vergleich mit gut kontextualisierten Exemplaren und menschlichen Mumien möglich wird. „So erhalten wir Einblicke in lokale Glaubensvorstellungen, die sich in stilistischen Designs verbergen, und wir können ihr Vorkommen einer bestimmten Periode und/oder einem bestimmten Ort zuordnen“, erklärt Projektkoordinator Christian Greco, Direktor des Ägyptischen Museums in Turin, das die zweitgrößte Sammlung ägyptischer Antiquitäten weltweit beherbergt. In naher Zukunft werden die digital restaurierten 3D-Einheiten auch als Referenzen für die Rekonstruktion exakter Repliken wiederkehrender Bandagenmuster durch textil- und experimentelle archäologische Protokolle verwendet. Durch seine Bemühungen wird SEAMS (Study of Egyptian Animal Mummy Styles) die erste Klassifizierung von tierischen Votivmumien auf der Grundlage ihrer Herstellungsverfahren und -stile erstellen und damit der wissenschaftlichen Gemeinschaft ein nützliches Instrument zur Erkennung bisher unbekannter Exemplare an die Hand geben. Dadurch, dass die Museen weniger diagnostische Untersuchungen durchführen müssen, können sie zerstörerische Probenahmen vermeiden und ihre Kosten senken. „Durch die wichtigen Einblicke in die Herstellung von tierischer Votivmumien schafft SEAMS neue Erkenntnisse über diese vernachlässigte Kategorie an Artefakten und wirft ein neues Licht auf ägyptische handwerkliche Spezialisierungen, Technologien und bevorzugte Materialien sowie auf die wirtschaftliche Bedeutung der tierischen Votivmumien“, schließt Greco. Wenn Sie an einer Vorstellung Ihres Projekts als „Projekt des Monats“ in einer der nächsten Ausgaben interessiert sind, schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an editorial@cordis.europa.eu und sagen Sie uns, warum!

Schlüsselbegriffe

SEAMS, Ägypten, ägyptisch, Votiv, Tier, Mumie, mumifiziert