Die Faktoren der biologischen Vielfalt in der Arktis nachvollziehen
Durch die globale Erwärmung verändern sich die biologische Vielfalt und das Klima in der Arktis grundlegend. Diese Veränderungen werden sich auf die lokale Bevölkerung auswirken, bedeutende sozioökonomische Konsequenzen auslösen und langfristige Folgen haben. Im Projekt CHARTER weiten Forschende den aktuellen Wissensstand zu den Veränderungen der biologischen Vielfalt und sozioökologischen Systeme in der Arktis aus, um die Möglichkeiten der lokalen Bevölkerung auszuweiten, sich an diese Veränderungen anzupassen. Das Wissen soll in mehreren Bereichen ausgebaut werden: Übergänge der Pflanzendecke; Energiebilanz und Klimaveränderungen im Laufe der Zeit; Auswirkungen der veränderten biologischen Vielfalt auf indigene und lokale Gemeinschaften; die Integration detaillierter Effekte des CO2-Austauschs und der Albedo in Modelle zur Arktis und die Gestaltung neuer Strategien zur Förderung der Gemeinschaften in der Arktis. „Die Integration sozioökologischer und wirtschaftlicher Faktoren in Modelle zur Arktis ist schwierig, aber wir kommen voran“, sagt Bruce Forbes, Forschungsprofessor vom Arctic Centre der Universität Lappland und Projektkoordinator von CHARTER.
Feldarbeit und Bürgerwissenschaft kombinieren
Am CHARTER-Projekt, das bis 2025 läuft, sind 21 Forschungseinrichtungen aus neun Ländern beteiligt. Die Arbeit umfasst verschiedene Arten Feldforschung zu unterschiedlichen Jahreszeiten, die von professionellen Forschenden, lokalen und indigenen Partnern und Bürgerforschenden geleitet werden. Leider wurden die Feldarbeit und Zusammenarbeit an russischen Standorten nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine ausgesetzt. Die lokalen Gemeinschaften halfen bei der Entnahme von Schneeproben, beim Kartieren der Rentierweiden in verschiedenen Maßstäben und bei partizipativen Workshops mit der arbeitenden Bevölkerung in der Region, etwa aus der Viehzucht und Fischerei. Bei den Workshops wurden die Hauptprobleme der kommenden Jahrzehnte erörtert. Mit den Modellen werden mögliche Veränderungen bis 2050 und mögliche klimatische Rückkopplungsschleifen durch Veränderungen der Oberflächenalbedo – der Reflexion des Sonnenlichts zurück in die Atmosphäre von Bodenflächen wie Schnee oder Vegetation – betrachtet. Ein Teil der Projektarbeit ist auch Fernerkundung, um Veränderungen der Vegetation auf die Rentierweiden von Fennoskandinavien bis Westsibirien zu erforschen.
Multidisziplinäre und multikulturelle Forschung
Aus der Arbeit des multidisziplinären Forschungskonsortium sind bereits mehrere hochrangige, von Sachverständigen begutachtete Veröffentlichungen hervorgegangen, die auf breites Interesse gestoßen sind. Ein weiterer Erfolg ist die ethische gemeinsame Gestaltung des Projekts mit lokalen und indigenen Partnern und die Einbindung indigener Forschender in das Forschungsteam, insbesondere Samen und Nenzen. Das Team veranstaltete 2022 auch eine Arctic Biodiversity Policy in Brüssel, Belgien. Sie war so erfolgreich, dass in Verbindung mit der European Polar Science Week in der ersten Septemberwoche 2024 in Kopenhagen, Dänemark, eine weitere geplant ist. Das Konsortium setzt sich stark dafür ein, die Ergebnisse über eine Kombination aus wissenschaftlichen und künstlerischen Ausstellungen wie StoryMaps öffentlich und für die Politik auszustellen.
Indigenes Wissen nutzen
Ein Schwerpunktbereich ist die langfristige biologische Vielfalt der Arktis und der nördlichen borealen Ökosysteme, in denen indigene Völker (Samen und Nenzen) und zum Beispiel die finnische Bevölkerung mit Rentierhaltung, Jagd und Fischerei ihre Lebensgrundlage erstreiten. Eines der großen Probleme für die sozioökologischen Systeme der Nenzen ist beispielsweise die verheerend hohe Sterblichkeit gezüchteter Rentiere aufgrund der steigenden Intensität und Häufigkeit einer Kombination aus Regen und Schnee. „Wir forschen zu den Wechselwirkungen zwischen der Lebensgrundlage, der biologischen Vielfalt und dem Klima der Arktis. Daher sind die besten Sachverständigen die lokale und indigene Bevölkerung, die dieser Lebensweise seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, nachgeht“, erklärt Forbes. „Um die künftige Resilienz und Anpassungsfähigkeit zu verstehen, müssen die Forschungspläne und Fragen mit Einheimischen erarbeitet werden“, ergänzt er.
Schlüsselbegriffe
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