Neue Daten bringen mehr Licht in die arktischen Gletscher
Wir alle haben es gesehen, davon gelesen oder gehört, dass die Gletscher immer schneller schmelzen und der Meeresspiegel weltweit ansteigt. Aber wie genau geschieht das? Angesichts dieser besorgniserregenden Situation hat sich die Wissenschaft mit den Mechanismen dieses Verschwindens befasst, insbesondere mit dem Gletscherkalben, d. h. dem Abbruch einer Eismasse von einem Gletscher. Um Einblicke in diese Mechanismen zu gewinnen, hat ein im Rahmen des EU-finanzierten Projekts Arctic PASSION unterstütztes Forschungsteam einen bahnbrechenden neuen Datensatz über 149 Gletscher auf Svalbard, einer norwegischen Inselgruppe im Arktischen Ozean, vorgelegt. Anhand seiner in der Zeitschrift „Earth System Science Data“ veröffentlichten Studie können nun die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besser die Ursachen für den Gletscherschwund in der Arktis verstehen. Der Datensatz umfasst die Jahre 1985 bis 2023, wobei die Vorderseiten kalbender Gletscher im Mittelpunkt stehen, jene Grenzbereiche, in denen die Gletscher auf das Meer treffen und kalben bzw. größere Eismassen abbrechen. Er beinhaltet mehr als 124 900 individuelle Positionen von Kalbungsfronten, die auf einen Rückzugstrend für die meisten Gletscher Svalbards in den letzten vier Jahrzehnten hindeuten, mit Ausnahme der nordöstlichen Region, zu denen Vestfonna und Austfonna zählen. Svalbard wurde als ein idealer Standort für die Untersuchung der Klimasensitivität von Gletschern gewählt, da das Klima dort im Vergleich zum globalen Mittelwert stärker schwankt.
Vier Jahrzehnte in Daten dienen besserer Bewertung
„Im Zuge dieser neuen Studie kommt ein dem Stand der Technik entsprechendes Deep-Learning-Modell zum Einsatz, um anhand von hochauflösenden Satellitenbildern eine 38 Jahre umfassende Aufzeichnung der Veränderungen der Kalbungsfront der Gezeitengletscher Svalbards mit einer bislang nie erreichten Dichte zu erstellen“, erklärt die Erstautorin der Studie, Dr. Tian Li von der Universität Bristol, Vereinigtes Königreich, die Partnerin des Projekts Arctic PASSION ist, in einer Pressemitteilung auf „EurekAlert!“. Das Satellitenbildmaterial stammt von den Satellitenmissionen Landsat, Terra-ASTER, Sentinel-1 und Sentinel-2 und wurde über die Google Earth-Engine-Plattform kuratiert und heruntergeladen. Laut Dr. Li „kann dieser Datensatz verwendet werden, um die Massenbilanzbewertungen der Svalbard-Gezeitengletscher zu verbessern“ und ihr zufolge „ermöglicht er außerdem die Erforschung der treibenden Kräfte und Prozesse, die das Kalben der Gletscher steuern“. Die Forscherin fügt hinzu: „Dies ist entscheidend wichtig, um die Kalbungsdynamik zu verstehen, die ein Schlüsselindikator dafür ist, wie Gletscher auf den Klimawandel reagieren.“ Die neuen Informationen stellen ein wesentliches Instrument zur Vorhersage des zukünftigen Meeresspiegelanstiegs dar, da sich die Arktis weiter erwärmt, und sie sind Teil des Ziels des Arctic PASSION-Teams, bekannte Mängel im heutige existierenden Beobachtungssystem der Arktis zu überwinden. „Der Datensatz ist Teil der Ergebnisse der Arbeit von Arctic PASSION zum Aufbau eines verbesserten Beobachtungssystems im Zusammenhang mit den wichtigsten Klimavariablen des arktischen Kryosphärensystems und wird auch in die Arbeit von Arctic PASSION zum Aufbau eines operationellen Ende-zu-Ende-Vorhersage- und Überwachungssystems für das arktische Landeis integriert werden“, merkt Dr. Li an. Das Projekt Arctic PASSION (Pan-Arctic observing System of Systems: Implementing Observations for societal Needs) endet im Dezember 2025. Weitere Informationen: Arctic PASSION-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
Arctic PASSION, Gletscher, Gletscherkalben, Arktis, Klima, Svalbard