Digitale Mobilität von einem Privileg in ein Recht verwandeln
Mobilitätsdienste wie Car-Sharing, die Vermietung von E-Scootern oder der einfache Kauf eines Bustickets sind zunehmend nur noch über digitale Kanäle wie eine mobile App oder eine Website verfügbar. Gleichzeitig verfügen viele Menschen nicht über digitale Kompetenzen, ein Smartphone oder einen ständigen Internetzugang und können daher die Vorteile solcher Dienste nicht nutzen. Im Durchschnitt verfügen 42 % der EU-Bevölkerung nicht über digitale Grundkompetenzen. Sehr oft gehören sie zu schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen, wie Menschen mit geringem Einkommen oder Bildungsniveau, Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen, ältere Menschen und Kinder. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts INDIMO wurde die Inclusive Digital Mobility Toolbox (Instrumentarium für inklusive digitale Mobilität) entwickelt, in der dieses Thema beleuchtet wird und die Leitlinien sowie Empfehlungen für die wichtigsten Interessengruppen im Bereich der digitalen Mobilität enthält.
Ein nutzungsorientierter Ansatz für die digitale Mobilität
„Im Rahmen von INDIMO wird eine nutzungsorientierte Perspektive auf neue Technologien eingenommen, anstatt zu versuchen, den Menschen die neue Technologie aufzuzwingen“, bemerkt Projektkoordinator Imre Keserü von „Mobilise Lab“ der Vrije Universität Brüssel. Das Team führte umfangreiche Untersuchungen durch, um die Bedürfnisse schutzbedürftiger Menschen bei der Nutzung digitaler Mobilitätsdienste zu erforschen. Dazu wurden mehr als 240 Menschen, die digitale Dienste nutzen bzw. nicht nutzen, und andere Interessengruppen in 64 Co-Creation-Sitzungen einbezogen. Daher spiegeln die von den Forschenden entwickelten Leitlinien ihre Bedürfnisse wider, wie z. B. die Schaffung einer nutzungsfreundlichen Schnittstelle, die Bereitstellung von persönlicher Echtzeithilfe und die knappe und verständliche Erläuterung der Verwendung personenbezogener Daten. „Außerdem stellten wir fest, dass es wichtig ist, das digitale und das physische Erlebnis zu verbinden, da alle digitalen Mobilitätsdienste eine physische Komponente aufweisen“, erklärt Keserü. „Selbst mit der nutzungsfreundlichsten digitalen Schnittstelle kann die Reise nicht stattfinden, wenn die physische Komponente nicht zugänglich ist, weil die Menschen das Car-Sharing-Fahrzeug auf dem Parkplatz nicht finden oder nicht in den Bus einsteigen können, weil er nicht rollstuhlgerecht ist.“
Auf den Anforderungen der Nutzenden basierende digitale Verkehrsinstrumente
Das Instrumentarium besteht aus vier Online-Instrumenten, die auf der Projektwebsite in Deutsch, Spanisch, Englisch, Französisch, Italienisch und Niederländisch verfügbar sind. Das Handbuch allgemeingültiger Gestaltung von INDIMO für digitale Verkehrsdienste unterstützt Entwicklung und Betrieb, indem es nutzungszentriertes Denken fördert und eine universelle Gestaltungsperspektive bietet. Das Handbuch zur universellen Sprache der Nutzungsoberfläche besteht aus Leitlinien zur Verbesserung der Gestaltung von Symbolen und Oberflächen von Smartphone-Apps und Websites. Die Richtlinien für die Bewertung der Cybersicherheit und Datenschutz verbessern die Sicherheit digitaler Mobilitätslösungen ausgehend von den Bedürfnissen der Nutzenden und in Übereinstimmung mit den europäischen Vorschriften und Normen. Schließlich enthält das INDIMO-Bewertungsinstrument für Dienste 76 Fragen zur Bewertung der Inklusivität und Barrierefreiheit eines Dienstes und bietet maßgeschneiderte Empfehlungen zur Gewährleistung beider Faktoren.
Barrierefreiheit und Mobilität für alle Menschen
„Wir haben die Instrumente im Rahmen von fünf Pilotprojekten in der Emilia-Romagna, Madrid, Antwerpen, Galiläa und Berlin eingesetzt, hoffen aber, dass noch viel mehr Städte und Regionen sie nutzen werden, und das in einem frühen Stadium der Dienst- und Softwareentwicklung“, sagt Keserü. Das Team würde es ebenfalls begrüßen, wenn seine Empfehlungen in einer gemeinsamen europäischen Plattform umgesetzt würden. Dies würde in Form einer einzigen Anlaufstelle für inklusive Mitgestaltungslösungen und Planungsinstrumente geschehen, die die Kontinuität der Projektergebnisse gewährleistet. „Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung sollten die Menschen nicht zurückbleiben. Daher möchten wir aufbauend auf den Ergebnissen von INDIMO das Prinzip der allgemeingültigen Gestaltung auf weitere digitale Dienstleistungen ausweiten, wie z. B. die Gestaltung von autonomen öffentlichen Verkehrsmitteln und Mobilität als Dienstleistung“, so Keserü abschließend.
Schlüsselbegriffe
INDIMO, digitale Mobilität, Mobilitätsdienste, allgemeingültige Gestaltung, Barrierefreiheit, digitale Dienste, Inklusion, Verkehr