Papier aus Gras für nachhaltigere europäische Papierindustrie
Obwohl sich weltweit immer mehr Prozesse ins Internet verlagern, ist der Bedarf an Papier mit einer weltweiten Jahresproduktion von etwa 400 Millionen Tonnen noch immer hoch. Etwa die Hälfte des Papiers wird aus Holzzellstoff aus Bäumen hergestellt, wofür 40 % der globalen Holzernte verbraucht werden, einhergehend mit Entwaldung, Schädigung der biologischen Vielfalt, Freisetzung von Kohlendioxid in die Atmosphäre und Störung von Ökosystemen. Somit sind neue Lösungen gefragt. Das EU-finanzierte Projekt Grasspaper entwickelte einen neuen Rohstoff für die europäische Papierindustrie: ein Papier aus Grasfasern. Das innovative mechanische Verfahren zur Herstellung von Graspapier ist mit herkömmlichen Papierproduktionsanlagen kompatibel, und die resultierenden Produkte tragen nicht nur zur Schonung der Wälder bei, sondern können auch Einwegkunststoffe ersetzen, was ein weiterer Umweltvorteil ist. „Zudem liegt der CO2-Ausstoß beim Produktionsprozess bei nahezu null“, erläutert Michael Schatzschneider, Vertriebsleiter bei Creapaper und Projektkoordinator von Grasspaper.
Neues Paradigma für die Papierherstellung
Grundstoff für Graspapier ist ein Gemisch aus Grasfasern und Recyclingpapier, wobei Wasser- und Energieverbrauch deutlich niedriger sind als bei der herkömmlichen Papierherstellung aus Holzzellstoff. Die Fasern können aus verschiedensten schnell nachwachsenden Grasarten gewonnen werden, sodass weder große Anbauflächen noch Abholzungen nötig sind. Grasspaper entwickelte ein patentiertes mechanisches Verfahren zur Herstellung des neuen Rohstoffs. „Beim Herstellungsprozess wird das Heu geschnitten, gemahlen und mit Luft gereinigt, um den Faserstoff dann für den Transport zu komprimieren“, erklärt Schatzschneider. „Für die Produktion wird lediglich Strom benötigt, und zwar etwa 150 KWh zur Herstellung einer Tonne Graspapier. „Unser Strom vom Energiekonzern EON besteht aus einem europäischen erneuerbaren Energiemix“, ergänzt er. Die Produkte („Graspapier“ oder „Graskarton“) aus der Papierfabrik können dann zu Verpackungen oder anderen Verbrauchsgütern weiterverarbeitet werden, für die bislang normales Papier verwendet wird, u. a. Zellstoff (für Toilettenpapier, Küchenpapier und Servietten) bis hin zu festem, häufig für Verpackungen verwendetem Karton.
Kommerzialisierung der Technologie
Im Rahmen des Projekts Grasspaper entwickelte die Projektgruppe den Herstellungsprozess weiter und bereitete die Markteinführung vor. Zunächst wurde der Prototyp der Anlage konzipiert und optimiert, gefolgt von mehreren Tests des neuen Fertigungssystems in europäischen Papierfabriken. Anhand der Testergebnisse konnte das Team dann die Papierspezifikationen optimieren. Schließlich wurden verschiedene innovative Graspapierprodukte präsentiert und die Kommerzialisierungsphase gestartet. „Zwar sind Papier und Verpackungen einfache Alltagsprodukte, allerdings mit hochkomplexen Lieferketten“, erklärt Schatzschneider, die Holzgewinnung, Zerkleinerung, Herstellung des Papiers und Weiterverarbeitung zu Produkten oder Verpackungen sowie Vertrieb umfassen. „Unser Ziel war es, auf minimalinvasive Weise zum Teil dieser komplexen Lieferkette zu werden“, erklärt er.
Umweltfreundlicheres Papier
Schatzschneider zufolge trugen die EU-Finanzmittel wesentlich zur Organisation und Strukturierung des Projekts, Finanzierung des Betriebs, Entwicklung des Prototyps und Anwerbung neuer Investitionswilliger bei. „Graspapier ist eine einfache Alternative, generell den CO2-Ausstoß zu senken und Wälder zu schonen“, ergänzt Schatzschneider. „Wiedereufforstung ist eine der effizientesten Strategien, unsere ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen.“
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