Ein guter Pilz kann Nutzpflanzen – und uns – vor giftigem Schimmel schützen
Jedes Jahr verdirbt weltweit Getreide im Wert von Hunderten Millionen Euro aufgrund von Pilzbefall. Besonders besorgniserregend sind Pilzarten, die für die menschliche Gesundheit schädliche Substanzen erzeugen. FREEMYCO ist ein neuartiger Ansatz zur Lösung dieses Problems mittels biologischer Bekämpfung. „Wir versuchen, ein neues System zu entwickeln, ein Bio-Fungizid“, erläutert Projektkoordinatorin Alexia Stellfeldt, „dabei handelt es sich um einen unschädlichen Pilz, der krankheitserregende Pilze auskonkurriert.“ Pilze sind überall im Boden zu finden und sie können vor und nach der Ernte eine breite Vielfalt an Nutzpflanzen befallen. Einige Pilzarten, wie die Arten der Gattungen Aspergillus und Fusarium, produzieren Mykotoxine, an denen Menschen und Tiere erkranken können. Darüber hinaus können Tiere, die mit befallenem Getreide gefüttert werden, diese Mykotoxine an ihr Fleisch, ihre Eier und ihre Milcherzeugnisse weitergeben. „Hier in Spanien hatten wir voriges Jahr einen großen Fall von Verunreinigung in Milch“, so Stellfeldt. Der Verzehr von mit Mykotoxinen verunreinigten Lebensmitteln kann zu Nieren- und Leberschäden, Immunschwächen sowie Krebs führen. Stellfeldt ist Projektmanagerin bei Ideagro, einem unabhängigen Unternehmen, dessen Schwerpunkt auf der Forschung und Entwicklung im Bereich Agrarlebensmittel liegt. Forschende konnten einen Stamm des Pilzes Trichoderma koningiopsis identifizieren, der das Wachstum der Arten, die Mykotoxine produzieren, im Boden begrenzt. Trichoderma koningiopsis ist selbst eine bodenbewohnende Pilzart, eine einzige Anwendung kann daher für eine ganze Saison Schutz gewähren. Die biologische Bekämpfung kann vor oder nach dem Anpflanzen der Nutzpflanze der Erde zugegeben werden. Ein Kilogramm des Mittels reicht dabei für einen Hektar Nutzfläche aus. Ideagro erhielt Finanzmittel von der EU, um das Potenzial von Trichoderma koningiopsis als biologische Behandlung für Getreide sowie die Rentabilität des Produkts auf dem globalen Fungizidmarkt, dessen Wert etwa 16 Mrd. EUR beträgt, zu untersuchen. Stellfeldt merkt an, dass dies ohne die Unterstützung der EU nicht möglich gewesen wäre: „Aufgrund der Unsicherheit bei Projekten dieser Art vergeben Banken dafür keine Kredite.“ Das Unternehmen plant nun, FREEMYCO in Feldversuchen zu testen, um die Effizienz des Produkts auch in der Praxis zu demonstrieren. Das Team muss außerdem Strategien zur Massenproduktion des biologischen Bekämpfungsmittels entwickeln. „In einem Labor kann man Forschung an 10 Milliliter Pilz betreiben, aber wenn die kommerzielle Phase erreicht wird, müssen die Bedingungen angepasst werden, um den Pilz in großem Maßstab zu produzieren“, so Stellfeldt weiter. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und der schrumpfenden Ressourcen – insbesondere durch Bodenschädigung – stehen die landwirtschaftlichen Nutzflächen unter immer größerem Druck. Warme, feuchte Bedingungen sind für das Pilzwachstum günstig und es wird erwartet, dass mit dem Klimawandel das Risiko und die Schwere des Pilzbefalls zunimmt. Stellfeldt meint, die Zukunft der Landwirtschaft liegt in der Entwicklung neuer landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die mit der Umwelt harmonieren. Wenn das Projekt Erfolg hat, wird FREEMYCO die erste wirksame und nachhaltige Lösung für die Bekämpfung von Aspergillus sein, die mit herkömmlicher und biologischer Landwirtschaft vereinbar ist. „Wir müssen Instrumente zur Effizienzsteigerung finden und ein umweltfreundlicheres System entwickeln“, schließt Stellfeldt. „Zusammengefasst: Wir müssen mit weniger mehr erreichen.“
Schlüsselbegriffe
FREEMYCO, Pilz, Pilze, Fungizide, Getreide, Mykotoxine, Nutzpflanzen