Technologische Unterstützung für das Selbstmanagement von chronischem Schmerz
Am Beispiel chronischer Schmerz zeigt sich sehr deutlich, wo die Gesundheitssysteme an ihre Grenzen stoßen. Die Unterschiedlichkeit der Symptome und Ursachen von Mensch zu Mensch erfordert individuell angepasste Therapien. Doch wie lässt sich dies angesichts der begrenzten Mittel der Gesundheitsversorgungssysteme umsetzen? Die nötigen Technologien für eine bessere und personalisierte Behandlung existieren zwar bereits, doch zwischen Forschung und Kommerzialisierung klafft eine Lücke. „RELIEF möchte den Marktzugang für innovative Lösungen erleichtern und beschleunigen und zugleich die Einhaltung der Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe gewährleisten“, erklärt Patricia Martínez, Beraterin für innovationsfördernde Beschaffung bei Jaggaer und Koordinatorin des RELIEF-Projekts. RELIEF (Recovering Life Wellbeing through Pain Self-management Techniques Involving ICTs) möchte durch vorkommerzielle Auftragsvergabe die umfangreiche Entwicklung und Erprobung der vielversprechendsten Lösungen ermöglichen, um Patienten für das Selbstmanagement von bestehenden oder später auftretenden Schmerzen zu rüsten.
Unerfüllte Bedürfnisse aufdecken
Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf Bedürfnisse und Anforderungen, auf die noch nicht eingegangen wird. Durch Expertentreffen, Workshops, offene Marktkonsultationen, Befragungen und Interviews mit Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitsdienstleistern hat das Projektkonsortium neun solche Bedürfnisse ermittelt: die Erfassung von Daten im Vorfeld von Klinikbesuchen; die Nachbeobachtung von Behandlungseffekten; Rückmeldungen an den Patienten; Instrumente zur Entscheidungsfindung für das Selbstmanagement; Information und Aufklärung; bessere Kommunikation zwischen Betroffenen und Behandelnden; Zugang zu sozialen Netzwerken; klinisch validierte Informationen; und Daten für Forschungszwecke. „Wir befinden uns nun in Phase 3 der vorkommerziellen Auftragsvergabe, die zur Durchführung von Feldversuchen bestimmt ist“, so Martínez. „Das vorrangige Ziel ist dabei, zu bewerten, wie bestimmte IKT-Lösungen die Selbstbestimmung und das Selbstmanagement für Betroffene zur Bewältigung ihrer Schmerzen verbessern. Im Anschluss daran werden wir evaluieren, ob diese Lösungen die Therapietreue verbessern und sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen der Gesundheitsberufe zufriedenstellenden Nutzen bringen.“
Schwerpunkt auf zwei Technologien
Phase 3 legt den Schwerpunkt auf zwei bestimmte Technologien. Eine davon ist VR-RELIEF. Ihre Besonderheit? Sie lässt sich in ein System der virtuellen Realität (VR) integrieren, um den Patientinnen und Patienten mehr Selbstmanagement, Selbstbestimmung und aktive Mitwirkung zu ermöglichen. Das System baut auf mehreren Apps auf, die auch mit Smartphones und Smartwatches kompatibel sind und folgende Dienste anbieten: virtuelles Coaching, Erstellung von Patientenprofilen, personalisierte Erinnerungen und Rückmeldungen sowie eine Bibliothek mit VR-Anwendungen für Schmerzbehandlung, Entspannung und Rehabilitation. VR-RELIEF basiert auf einer interoperablen und offenen cloudbasierten Plattform, über die Klinikpersonal auf Patientendaten zugreifen kann. Die zweite Technologie ist EPIONE™ – ein patientenorientiertes Behandlungserlebnis, das auf einem Coaching-System aufgebaut ist. EPIONE™ bietet eine unaufdringliche Überwachung der Behandlungseffekte, eine Plattform für visuelle Analysen, einen Chatbot-unterstützten Assistenten für die Betroffenen, ein Online-Portal zur Unterstützung von Betroffenen für Betroffene und ein intelligentes Videokonferenzsystem für Gespräche zwischen Fachleuten und Betroffenen.
Weitere Tests zur Sicherung der Feldversuchseignung
RELIEF sollte planmäßig im Februar 2020 abgeschlossen werden. Das Team hat jedoch eine Verlängerung beantragt, um alle angestrebten Ziele zu erreichen. „Es waren mehr Tests als geplant erforderlich, um zu bestätigen, dass alle Prototypen für Feldversuche bei den Endanwendern bereit waren. Auch die Rekrutierung dauert länger als erwartet“, erklärt Martínez. Wenn die Verlängerung genehmigt wird, erfolgt der Projektabschluss Ende Juni 2020. Trotz dieser Verzögerungen ist RELIEF auf einem guten Weg, um das Selbstmanagement chronischer Schmerzen zu verbessern. Patricia Martínez hofft, dass das Projekt außerdem dazu beitragen wird, die Öffentlichkeit über die Probleme aufzuklären, mit denen Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen zu kämpfen haben.
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