Staubige Scheiben sind der Kindergarten der entstehenden Planeten
Protoplanetare Scheiben sind abgeflachte, rotierende Scheiben aus Staub und Gas, die fast alle massearmen Sterne kurz nach ihrer Geburt umgeben. Die Staubkörner sind zwar ein relativ kleiner Bestandteil davon, aber sie sind der Rohstoff, aus dem Planeten gebildet werden. Deshalb ist es auch von derart fundamentaler Bedeutung, ihre Rolle bei der Entstehung von Planeten zu klären. Das an dem Projekt DiskTorqueOnPlanets arbeitende EU-finanzierte Wissenschaftlerteam beginnt mit der Enträtselung der bislang weitgehend unbekannten Funktion, die der kosmische Staub bei der Bildung von Planetensystemen, wie wir sie heute beobachten, innehat.
Wechselwirkungen zwischen der Staubmasse und dem sich bildenden Planeten
Projektkoordinator Martin Pessah erläutert: „Einer jener Prozesse, die eine wichtige Rolle spielen könnten, ist die sogenannte planetare Migration aufgrund der gegenseitigen gravitativen Wechselwirkungen zwischen dem Planeten und der Scheibe, die den Planeten beschleunigt und in Bewegung bringt.“ Mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen möchte DiskTorqueOnPlanets nun die Mechanismen charakterisieren, welche die Geschwindigkeit und die Richtung dieser Migration bestimmen. Schwerpunkt dabei ist der Staub in der protoplanetaren Scheibe.
Auf die Eigenschaften des Staubs kommt es an
Geht es um detaillierte Modelle, erfordert die Simulation der Staubdynamik eine gewaltige Rechenleistung. Um sein Ziel zu erreichen, nutzte das Team die Rechenleistung der im Hochleistungsrechenzentrum der Universität Kopenhagen verfügbaren Grafikprozessoren. Der von dem Stipendiaten Pablo Benítez-Llambay entwickelte hochmoderne und öffentlich zugängliche numerische Code FARGO3D wurde im Rahmen des Projekts auf eine einzigartige Weise erweitert, um die schwierigen Probleme mit der Dynamik der staubigen Scheiben in den Griff zu bekommen. Eines der wichtigsten Ergebnisse war ein robuster numerischer Algorithmus, der die zwischen den Gas- und Staubpartikeln innerhalb einer protoplanetaren Scheibe erzeugten Widerstandskräfte erfasst. Pessah dazu: „Dank der projektintern entwickelten Werkzeuge konnten wir nicht nur erstmalig die aus der Staubkomponente in protoplanetaren Scheiben resultierenden Gravitationskräfte entdecken und systematisch untersuchen, sondern auch unsere Forschung auf andere fundamentale Fragen im Zusammenhang mit der Ansammlung von Staub und der Staubdynamik in diesen Scheiben ausdehnen.“ Den Projektmitgliedern gelang der Nachweis, dass die Staubteilchendynamik hauptsächlich durch den Kopplungsgrad der Staubpartikel mit dem Gas in der Scheibe beeinflusst wird, und zwar abhängig von der Partikelgröße. „Wir konnten beweisen, dass eine in sich stimmige Staubdynamik über mehrere Partikelgrößen hinweg nicht nur für das Verständnis der Planetenentstehung, sondern auch für ihre Bewegung innerhalb der Scheibe sehr wichtig zu sein scheint“, erklärt Pessah.
Bereit zur Unterstützung bahnbrechender Beobachtungen
Das Radioteleskop-Observatorium Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist das Resultat einer internationalen Zusammenarbeit von Institutionen, welche ihr Bemühen um das Verstehen unserer Ursprünge im Kosmos eint. Es handelt sich um das leistungsfähigste astronomische Observatorium, das jemals auf der Erde gebaut wurde. Mit ALMA konnten Bilder von nie zuvor gesehenen Einzelheiten bei der Entstehung von Planeten direkt aufgenommen werden. Die Werkzeuge von DiskTorqueOnPlanets werden der Wissenschaftlergruppe eine Hilfe dabei sein, diese revolutionären Daten zu erfassen und in einen Sinnzusammenhang zu setzen, sowie jene Prozesse zu enträtseln, welche die Entstehung von Planetensystemen prägen. Zusammenfassend äußert sich Pessah: „Wir haben einen Rahmen geschaffen, um das Problem der Staubdynamik für eine beliebige Anzahl von Staubspezies in numerischen Simulationen zu lösen. Damit stoßen wir die Tür zur Untersuchung einer breiten Palette von Prozessen auf, die von entscheidender Bedeutung für unser Verständnis der Entstehung und Evolution von Planeten sind. Indem das Projekt die Werkzeuge der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt unterstützt es die weltweiten wissenschaftlichen Bemühungen um eine Aufklärung der Geschichte und der Entwicklung unseres eigenen Sonnensystems und auch von Exoplanetensystemen irgendwo im Universum.“
Schlüsselbegriffe
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