Neuartige Analysemethoden für Beobachtungen von Exoplanetenatmosphären
Die Messung des Spektrums elektromagnetischer Strahlung wird als spektroskopische Beobachtung bezeichnet. Dieses Spektrum interpretieren zu können ist wichtig, da daraus eine Fülle an Informationen abgeleitet werden kann, wie das Vorhandensein und die Häufigkeit bestimmter Atome, Moleküle, Ionen, Nebel und Wolken sowie die vertikalen thermischen Strukturen. „Solche Informationen sind notwendig, um die Annahmen über die Chemie und Dynamik zu verbessern, die in die auf fremde Welten angewandten atmosphärischen Modelle einfließen“, so Pierre-Olivier Lagage von der Abteilung für Astrophysik des französischen Kommissariats für Atomenergie und alternative Energien (CEA) in Saclay, Frankreich. Lagage ist der Hauptforscher des EU-unterstützten Projekts ExoplANETS A, das unser Wissen über die Atmosphäre von Exoplaneten vertieft hat, indem es archivierte Weltraumdaten mit neuartigen Instrumenten analysierte. „Die größte Herausforderung bei spektroskopischen Beobachtungen der Atmosphäre von Exoplaneten-Transits besteht in der Charakterisierung und im Herausfiltern systematischen Rauschens, das um Größenordnungen intensiver ist, als das Signal, das von der Atmosphäre des Exoplaneten ausgeht“, erklärt Lagage.
Enthüllung der Geheimnisse ferner Planeten
Einer der Projektforscher, Jeroen Bouwman vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, entwickelte eine neuartige Methode, um systematisches Rauschen zu charakterisieren und herauszufiltern. Lagage erklärt sie so: „Bei dieser Methode kann ein datengestütztes Modell des zeitlichen Verhaltens der Systematik für jedes Pixel des Spektrums erstellt werden, wobei Referenzpixel aus verschiedenen Bereichen des Spektrums zum Einsatz kommen. Dies beruht darauf, dass die zugrunde liegenden Ursachen der Systematik über mehrere Pixel hinweg geteilt wird, was bei den Daten des Hubble-Weltraumteleskops, die wir analysierten, der Fall war.“ Die Methode wurde im Python-Code ‚Calibration of trAnsit Spectroscopy using CAusal Data‘ implementiert. Bouwman wandte diesen Ansatz auf sämtliche archivierten Spektroskopiedaten des Hubble-Weltraumteleskops zu den Atmosphären von Exoplaneten an. „Wir haben etwa 200 spektroskopische Beobachtungen analysiert, was zu einer homogenen und zuverlässigen Charakterisierung von 54 Exoplaneten-Atmosphären führte“, merkt Lagage an. Unter Führung des Astrophysikers Vincent Minier vom CEA und David Barrado, einem Professor am spanischen Zentrum für Astrobiologie des Nationalen Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik, wurde die Projektwebsite entwickelt, um die wissenschaftlichen Ergebnisse zu verbreiten und Bildungsmaterialien bereitzustellen.
Was die Daten uns verraten
Die Modellierung solcher Systeme wird die Erkundung des gesamten atmosphärischen Bereichs ermöglichen, der Planeten umgibt. Sie wird die chemischen Vorgänge und atmosphärischen Zirkulationsmuster offenbaren, für die es auf der Erde oder anderen Planeten des Sonnensystems keine Entsprechungen gibt. Um die Atmosphäre eines Exoplaneten erfolgreich modellieren zu können, ist umfassendes Wissen über den Wirtsstern erforderlich. Zu diesem Zweck erschuf das Projekt eine zusammenhängende und einheitliche Datenbank der relevanten Eigenschaften von Wirtssternen. Sie basiert auf Daten, die aus den Archiven der Europäischen Weltraumorganisation stammen und mit Daten aus internationalen Raumfahrtmissionen und bodengestützte Observatorien kombiniert wurden. Diese Kataloge zu Exoplaneten und Wirtssternen wurden durch Modelle ergänzt und interpretiert, um die Wichtigkeit der Stern-Planeten-Interaktionen zu bewerten. Bislang beruht ein Großteil der Informationen über den Molekülgehalt einer Atmosphäre auf Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop, besonders durch die Wide Field Camera 3. Der Wellenlängenbereich dieser Kamera kann Wasserdampf sondieren, der in den Atmosphären mehrerer Exoplaneten nachgewiesen wurde. „Der Stand der Dinge wird sich bald erheblich ändern, sobald das James-Webb-Weltraumteleskop in Betrieb genommen wird“, erklärt Lagage. „Es wird einen breiten Wellenlängenbereich (0,4 bis 28 Mikrometer) abdecken, sodass die verschiedenen Moleküle charakterisiert werden können, deren Präsenz wir in der Atmosphäre erwarten, darunter Wasser, Kohlendioxid und Ammonium. Seine große Auffangfläche von 25 Quadratmetern wird es uns ermöglichen, bislang unzugängliche Exoplaneten zu charakterisieren.“ Lagage merkt an, dass dieses neu gewonnene Wissen letztendlich auch unser Verständnis unseres eigenen Planeten vertiefen wird. „Der Erfolg des Projekts ExoplANETS A liegt in der Zusammenarbeit mehrerer führender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begründet, die es gemeinsam möglich machten, die Zusammensetzung der Atmosphären dieser Planeten genauer zu ergründen“, sagt er. „In Kombination mit dem Start des James-Webb-Weltraumteleskops werden wir dadurch mächtige Hilfsmittel zur Hand haben, mit denen wir die spannenden neuen Daten interpretieren können, die uns bald zur Verfügung stehen werden.“
Schlüsselbegriffe
ExoplANETS-A, Hubble-Weltraumteleskop, James-Webb-Weltraumteleskop, systematisches Rauschen, Atmosphäre, Planet, spektroskopische Beobachtungen