Zellteilung auf Film gebannt
EU-finanzierte Wissenschaftler haben fast 200.000 Filme erstellt, auf die sie menschliche Gene bei der Ausführung verschiedener Funktionen gebannt haben, darunter auch den fundamentalsten Prozess des Lebens überhaupt: die Zellteilung. Einzelheiten zu dieser bahnbrechenden Arbeit wurden in der Zeitschrift Nature veröffentlicht. Das Projekt MITOCHECK ("Regulation of mitosis by phosphorylation - a combined functional genomics, proteomics and chemical biology approach") wurde mit 8,58 Mio. EUR über den Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert. Das von den Partnern des zehn Mitglieder starken Konsortiums - darunter auch das Europäische Labor für Molekularbiologie (EMBL) - aufgenommene Filmmaterial hat den Wissenschaftlern die Bestimmung Hunderter Gene ermöglicht, die an der Mitose (häufigste Form der Zellteilung in menschlichen Zellen) beteiligt sind. "Ohne Mitose klappt im Leben nichts, echt nicht", erklärte Dr. Jan Ellenberg vom EMBL. "Und wenn die Mitose nicht klappt, dann entstehen Defekte wie Krebs." Um festzustellen, welche der 22.000 Gene in jeder menschlichen Zelle mit der Mitose zusammenhängen, verwendete das Team die RNA- (Ribonukleinsäure) Interferenz, um jedes Gen stillzulegen oder abzuschalten und diese eines nach dem anderen in einen anderen Zellensatz einzufügen. Anschließend filmten sie diese Zellen 48 Stunden lang unter dem Mikroskop, wobei Zehntausende Zeitrafferfilme entstanden, in denen man die Mitose live und in Farbe bewundern kann. Diese riesige Menge an Filmmaterial wurde mithilfe eines neuen Computerprogramms verarbeitet, das speziell für das Projekt entwickelt worden war. Die Wissenschaftler stellten fest, dass fast 600 unserer 22.000 Gene eine Rolle bei der Mitose spielen. Im nächsten Schritt will das Team untersuchen, wie sich diese 600 Gene auf molekularer Ebene verhalten. Im MITOSYS-Nachfolgeprojekt, das unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) finanziert wird, werden die Forscher untersuchen, wie sich diese Gene sowohl in gesunden Zellen als auch bei verschiedenen Krebsformen verhalten. Den Forschern könnte die Bestimmung von Markern gelingen, die bei der Diagnose helfen und zu besseren Behandlungsentscheidungen führen könnten. Das MITOCHECK-Konsortium hat das gesamte Filmmaterial und die Analysedaten ihrer aktuellen Studie online frei zugänglich gemacht und wird dies auch für die nachfolgende Arbeit tun. "Das Endergebnis ist, dass der Wissensgemeinschaft jetzt eine sehr reichhaltige Ressource zur Verfügung steht", so Dr. Ellenberg. "Wissenschaftler können die Webseite besuchen, den Namen ihres Lieblingsgens eingeben und sich anschauen, was passiert, wenn dieses abgeschaltet ist. Sie können herausfinden, welche anderen Gene eine ähnliche Wirkung haben - und all das mit wenigen Mausklicks, anstelle von Monaten oder Jahren Laborarbeit!" Die neue Methode zur Genabschaltung, die mit diesem Projekt geschaffen wurde, kam innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft bereits mehrmals in Einsatz. "Ein Jahr später haben wir diese neuen siRNA-Microarrays entwickelt. Sie werden bereits von mehr als 10 Forschungsgruppen in Europa genutzt", erklärte Dr. Rainer Pepperkok vom EMBL. Erkenntnisse einer Parallelstudie desselben Teams zu den Proteinen, die von den 600 Genen codiert werden, wurden gleichfalls in Science veröffentlicht.
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