Hilfe bei Demenz: Den Alltag meistern mit Hightech
Demenz ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen kein leichtes Schicksal: Ein EU-finanziertes Forscherteam konnte nun ein innovatives System entwickeln, mit dessen Hilfe Europäer mit leichter Demenz besser für sich selbst sorgen können. Das COGKNOW-Projekt ("Helping people with mild dementia navigate their way") wurde mit fast 2 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten EU-Rahmenprogramms (RP6) ausgestattet. Nach einschlägiger Expertenmeinung sind der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit die ersten Anzeichen von Demenz. So wissen also an Demenz erkrankte Personen - obwohl sie durchaus noch in der Lage sind, verschiedene Aufgaben allein zu bewältigen - nicht mehr, wie man diese erledigt oder an sie herangeht. Ein weiteres Symptom der Demenz ist der zunehmende Verlust des Selbstvertrauens. Daraus ergibt sich ein Teufelskreis: Je unsicherer ein Patient seiner selbst wird, desto weniger ist er auch bereit, soziale Kontakte mit seinen Mitmenschen zu pflegen. Die COGKNOW-Projektpartner packten dieses Problem an, indem sie die unterschiedlichen Bedürfnisse von Demenzpatienten ermittelten und ein mühelos und einfach zu bedienendes Gerät entwickelten, das genau diesen Erfordernissen nachkommt. "Einzelne Geräte und Lösungen gibt es für viele Probleme - und wenn die Menschen lernen, sie bereits im Frühstadium der Krankheit anzuwenden, dann können sie sie auch dann weiternutzen, wenn die Krankheit fortschreitet", erklärt Dr. Johan E. Bengtsson, wissenschaftlicher Koordinator von COGKNOW. "Später wird es dann problematisch für den Patienten, sich zu erinnern, wo die Geräte sind und wie sie funktionieren." Den Projektpartnern zufolge brauchen die Patienten vereinfachte Geräte, wenn die Krankheit die Oberhand gewinnt. Fortgeschrittene Demenz macht es einem Patienten jedoch nahezu unmöglich, selbst einfache Geräte zu benutzen. Und so müssen die Kranken dann meistens von einem Betreuer unterstützt werden. Das COGKNOW-Konsortium, zu dem Ärzte, Softwareforscher und -entwickler aus Europa gehören, entwickelte zwei einfache Geräte: eines zum Einsatz innerhalb der Wohnung und ein mobiles Teil, das der Patient mit sich führen kann. Die Geräte sind mit Berührungsbildschirm- Technologie (touch-screen) ausgestattet. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die Benutzer die Hardware erwerben und die COGKNOW Day Navigator-Software-Suite zur Anwendung installieren können. "Die Anwendung übernimmt die Steuerung des Gerätes und macht es dem Benutzer unmöglich, die schwieriger zu bedienenden Funktionen dieser Geräte zu aktivieren", erklärt Dr. Bengtsson. Auf dem Gerät in der Wohnung können verschiedene Anweisungen installiert sein, die es dem Nutzer einfacher machen, den normalen täglichen Abläufen zu folgen. Das System funktioniert wie eine Gedächtnisstütze und erinnert rechtzeitig, wann die Zähne zu putzen sind, ob die Wäsche ansteht und wann warme Fertiggerichte an der Reihe sind. In dem mobilen Gerät ist ein Satellitennavigationssystem (GPS) enthalten. Viele Menschen mit Demenz laufen ziellos umher und verlieren die Orientierung, sobald sie sich außerhalb ihrer Wohnung befinden. Das Gerät ist dann in der Lage, sie sicher nach Hause zu führen. Das innovative System wurde bereits in drei Ländern getestet. Die meisten Benutzer und Betreuer empfanden die Technologie als eine Bereicherung der Lebensqualität. Die Demenzpatienten konnten mithilfe der Geräte ihre tagtäglichen Abläufe besser meistern. Einige COGKNOW-Partner arbeiten nun daran, das System auf den Markt zu bringen. "Etwa 2 Prozent der Europäer leiden an leichter Demenz und es kostet geschätzte 10.000 Euro pro Jahr, jeden dieser Menschen zu betreuen, wenn sie den Alltag nicht mehr allein bewältigen können", gibt Dr. Bengtsson zu bedenken. "Selbst wenn COGKNOW die Fähigkeit von Menschen, für sich selbst zu sorgen, nur für ein paar Monate verlängert, liegen die potenziellen Einsparungen immer noch im Bereich von Milliarden Euro." Die Projektpartner sind Einrichtungen aus Estland, Frankreich, Malta, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich.