Innovationspolitik in Zeiten der Krise: Die Gruppe "Wissen für Wachstum"
"Vor der Krise stellte sich die Frage, wie Europa seine Innovationsleistung im Vergleich zu den USA verbessern kann. In dieser vom Abschwung geprägten Zeit setzen die USA und Europa zur Überwindung der Durststrecke, in der sich unsere Volkswirtschaften derzeit befinden, verstärkt auf Innovation", erklärte Bart van Ark von The Conference Board auf der Schlusskonferenz der Gruppe "Wissen für Wachstum" (K4G) am 25. Juni 2009 in Brüssel. Die K4G-Gruppe wurde 2005 von dem für Wissenschaft und Forschung zuständigen EU-Kommissar Janez Potocnik ins Leben gerufen. Seitdem hat sie ihn zu verschiedenen Fragen professionell beraten, so z. B. zu: Wie kann Wissen zu nachhaltigem Wachstum und Wohlstand beitragen? Welcher Policy-Mix kann zu einer verbesserten Schaffung, Verbreitung und Verwendung von Wissen führen? Welche Rolle können verschiedene Interessenvertreter bei der Bildung der Wissensgesellschaft einnehmen? Unter anderem haben die Empfehlungen der Gruppe jüngste Entwicklungen bei der Gestaltung des Europäischen Forschungsraums (EFR) beeinflusst. Vor allem angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise fand die Schlusskonferenz zum richtigen Zeitpunkt statt. Viele Redner erinnerten an das alte angelsächsische Sprichwort: Lass niemals eine Krise ungenutzt vorbeiziehen. Professor van Ark wies jedoch darauf hin, dass dies nicht ganz so einfach sei. Die Nachfrage sinke, der Zugang zu Kapital gestalte sich zunehmend schwierig, qualifizierte Arbeitskräfte würden entlassen und Unternehmen kämpften um ihr Überleben. In dieser Lage konzentrierten sie sich vor allem auf die nahe Zukunft und sähen wenig Motivation für Innovationen. Dennoch ist EU-Kommissar Potocnik zuversichtlich: "Die Geschichte hat uns gezeigt, dass Investitionen zugunsten von Innovation und Forschung in Zeiten, da dies als Luxus deklariert wird, stets von Vorteil waren." Aus der letzten Wirtschaftskrise, so führte er an, seien sowohl der iPod als auch Motoren mit geringem Kraftstoffverbrauch hervorgegangen. Vor diesem Hintergrund hoben viele Redner die Notwendigkeit einer stärkeren finanziellen Unterstützung der Forschung durch den öffentlichen wie auch den privaten Sektor hervor. Aus heutiger Sicht ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die EU ihr Ziel erfüllen kann, die Forschungsausgaben bis 2010 auf 3 % des BIP (Bruttoinlandsprodukts) anzuheben. Ganz besonders wurde hervorgehoben, dass Ressourcen nachhaltiger genutzt werden müssen. Für rege Diskussion sorgte die EU-Initiative "Gemeinsame Programmplanung", in deren Rahmen Mitgliedstaaten Ressourcen bündeln und zu bestimmten Themen auf eine gemeinsame Forschungsagenda hinarbeiten. Diese Initiative ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings ging sie für viele Konferenzteilnehmer nicht weit genug. "Für öffentlich finanzierte Forschungsprojekte ist Europa der logische Rahmen", meinte Luc Soete von der Universität der Vereinten Nationen in Maastricht, Niederlande. "Unser Ziel sollte eine gemeinsame Forschungspolitik sein, eine bloße gemeinsame Programmplanung genügt einfach nicht." Ein weiteres Thema, das im Laufe des Tages aufkam, war die Bedeutung einer verbesserten Verbreitung von Wissen: "Es reicht nicht aus, nur neues Wissen zu schaffen. Es muss auch verbreitet werden", erläuterte EU-Kommissar Potocnik. Roland Sommer von der Vereinigung der Österreichischen Industrie wies darauf hin, dass die digitale Kluft weniger durch technische Probleme verursacht werde, sondern vielmehr durch fehlende Verbreitung und Bildung. Der stellvertretende Vorsitzende der K4G-Gruppe, Dominique Foray von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne in der Schweiz, fügte hinzu, dass es im Kampf gegen den Klimawandel wichtig wäre, wenn allen Unternehmen der Einsatz der wirksamsten Technologien ermöglicht würde. Indessen wies Professor van Ark darauf hin, dass der Einsatz von IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) im Dienstleistungssektor - insbesondere in Europa - viel ergiebiger sein könnte.