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Political Conflict in Europe in the Shadow of the Great Recession

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Die Große Rezession und politische Konflikte in Europa

Mit dem von der EU finanzierten Projekt POLCON wird das Ziel verfolgt, die Auswirkungen der Großen Rezession auf die Entwicklung politischer Konflikt in Europa zu erfassen.

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Im Herbst 2008 ging Lehman Brothers pleite und die Dominosteine, die unsere Weltwirtschaftsordnung bildeten, begannen zu fallen. Die Folge war die zehn Jahre andauernde Wirtschaftskrise, die sogenannte Große Rezession. Viele unserer Analysen nach der Krise konzentrierten sich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Großen Rezession, den politischen Konsequenzen hingegen wurde nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Hier jedoch könnten die tatsächlichen Auswirkungen zum Tragen kommen, wobei manche Beobachter sich sogar Gedanken darüber machen, ob die Demokratie selbst die gravierenden wirtschaftlichen Folgen überstehen können wird. Im Rahmen des von der EU finanzierten Projekts POLCON ("Political Conflict in Europe in the Shadow of the Great Recession") wird untersucht, wie der politische Konflikt in Europa strukturiert ist. Grundlage dabei ist eine Analyse der politischen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit Wahlen, im Bereich des Protests und bei themenspezifischen öffentlichen Interaktionen. Es wird der zentralen Frage nachgegangen, ob die Große Rezession und ihre Folgen die langfristigen Trends in der Entwicklung des politischen Konflikts in Europa verändern. „Unsere wichtigste übergeordnete Hypothese ist, dass die Ausbreitung der Großen Rezession weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung politischer Konflikte in Europa hat, welche zu einem grundlegenden Wandel – beziehungsweise einer Neuordnung – der traditionellen politischen Kräfte beitragen“, so Projektkoordinator Hanspeter Kriesi. Regionale Unterschiede Um Antworten auf diese zentrale Frage zu finden, werden bei dem Projekt die Zeiträume vor und nach der Krise verglichen, jeweils in 27 EU-Mitgliedstaaten sowie in Island, Norwegen und der Schweiz. Der erste Schritt besteht darin, zu einer umfassenden Einschätzung der politischen Folgen der Krise in den Bereichen Wahlen und Proteste zu kommen sowie den Zusammenhang zwischen diesen beiden zu erfassen. Um die allgemeinen Muster des Wandels in diesen beiden Feldern zu bestimmen, stützen sich die Forscher auf Sekundäranalysen bestehender Datensätze und eine innovative, halbautomatisierte Analyse von Protestereignissen basierend auf internationalen Nachrichtendiensten. Die Forschungen laufen, doch einige interessante Erkenntnisse wurden bereits erzielt, insbesondere dahingehend, wie sich die Rezession in verschiedenen Regionen unterschiedlich ausgewirkt hat. „Was die Wahlergebnisse und die Struktur von Konflikten im Parteiensystem betrifft, wurden durch die Große Rezession allenfalls die langfristigen Trends in Nordwesteuropa verstärkt, etwa der unaufhaltsame Aufstieg populistischer Parteien des rechten Flügels“, erklärt Kriesi. „Im Vergleich dazu sind in Südeuropa weit destabilisierendere Folgen zu beobachten, mit einer Zunahme des Populismus von links und einer tiefgreifenden Umgestaltung von Parteiensystemen.“ Den POLCON-Forschungen zufolge waren die Auswirkungen der Großen Rezession auf die Wahlergebnisse und Parteiensysteme in Mittel- und Osteuropa gering. „In diesem Teil Europas ist die Volatilität bei Wahlen zurückgegangen und Parteiensysteme, denen es an Institutionalisierung fehlte, haben sich eher noch stabilisiert“, so Kriesi. „Der Motor dieser Neuordnung von Parteiensystemen ist eine politische Krise, keine wirtschaftliche.“ Kriesi fügt hinzu, dass diese Wahlergebnisse auch durch die im Rahmen des Projekts durchgeführten Analysen von Daten zu Protestereignissen bestätigt wurden. „Zumindest hinsichtlich des allgemeinen Ausmaßes des Protests scheint die Große Rezession in Nordwesteuropa keine Auswirkungen gehabt zu haben“, erklärt der Projektkoordinator. „Im Gegensatz dazu erlebten alle südeuropäischen Länder während der Eurokrise eine Welle des Protests.“ Keine voreiligen Schlüsse ziehen Diese Erkenntnisse sind wichtig, denn sie führen uns vor Augen, dass die Große Rezession in Europa zu unterschiedlichen Entwicklungen führte. Während der Süden mit weitreichenden politischen Folgen besonders stark betroffen ist, sind im Nordwesten und Osten in politischer Hinsicht kaum Auswirkungen zu beobachten. „Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass wir nicht zu schnell verallgemeinern sollten, sondern die politische Situation in jedem Teil Europas genau untersuchen müssen, bevor wir Schlussfolgerungen ziehen“, betont Kriesi.

Schlüsselbegriffe

POLCON, Große Rezession, Krise, politischer Konflikt, Wahlergebnisse

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