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Inhalt archiviert am 2024-06-18

Sharing the Pain? Mass Politics and the Policy Responses to the Financial Crisis

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Warum Links und Rechts nach wie vor wichtig sind: Die öffentliche Meinung über internationale Bail-outs und politische Sparmaßnahmen

Die Finanzkrise versetzte die gesamte Weltwirtschaft in Aufruhr und verlangte Regierungen die Durchführung signifikanter, teils nie dagewesener Maßnahmen ab, um den Schaden zu begrenzen. Das EU-finanzierte Projekt CRISIS_POLITICS war auf zwei zentrale Arten politischer Krisenreaktionen ausgerichtet: die Anwendung internationaler Bail-outs und die Verfolgung inländischer Sparprogramme.

In Europa führte die Finanzkrise, die mit dem Kollaps von Lehman Brothers im September 2008 ihren Anfang nahm, schnell zur europäischen Staatsschuldenkrise, in der Portugal, Spanien, Zypern, Irland und vor allem Griechenland große internationale Bail-outs erhielten. Eine Voraussetzung für den Erhalt dieser riesigen Summen war die Verpflichtung zu einem Programm der wirtschaftlichen Austerität mit Kürzungen der öffentlichen Haushalte. Selbst europäische Länder wie z. B. das Vereinigte Königreich, die keine internationalen Bail-outs erhielten, initiierten weitreichende sparpolitische Maßnahmen. Die öffentliche Meinung verstehen Internationale Bail-outs wie auch politische Sparmaßnahmen, die beiden zentralen politischen Reaktionen auf die Weltwirtschaftskrise, führten zu tiefen Meinungsverschiedenheiten unter der allgemeinen Öffentlichkeit. Diese Meinungsverschiedenheiten gründeten auf der Frage, ob diese politischen Maßnahmen gerechtfertigt wären und wie diese am besten vollstreckt werden könnten. Das Projekt CRISIS_POLITICS (Sharing the Pain? Mass Politics and the Policy Responses to the Financial Crisis) war darauf ausgerichtet, eine neue und umfassende datengestützte Analyse der Faktoren und Dynamik zu ermöglichen, welche die Meinungsbildung zu diesen wichtigen politischen Debatten geformt haben, die bis zum heutigen Tag den politischen Diskurs in Europa prägen. „In Bezug auf die grundlegende Frage, warum Wähler einwilligen, die Kosten für die Rettung anderer Länder zu tragen, fanden wir heraus, dass die eigene wirtschaftliche Lage der Menschen wie z. B. deren Einkommensgruppe oder deren Beruf sehr wenig aussagekräftig ist, um deren spezifische Haltung in der Debatte zu erklären“, erläutert Projektkoordinator Professor Yotam Margalit von der Universität Tel Aviv. „Anders gesagt, die Debatte spiegelt nicht einfach die materiellen Interessen der Menschen wider und welche Auswirkungen dies auf deren Geldbeutel hätte.“ Stattdessen hebt das Projektteam hervor, inwiefern gesellschaftliche Dispositionen wie z. B. Weltoffenheit weitaus stärker mit der Unterstützung für internationale Bail-outs korrelieren. Weiter gefasst lautet die Schlussfolgerung, dass die Bail-out-Debatte am besten als ein politischer Sachverhalt verstanden werden kann, der Gräben zwischen wirtschaftlichen nationalistischen Stimmungen und einer größeren kosmopolitischen Affinität zieht. „Kurz gesagt, es geht nicht um Verteilungslinien, die zwischen inländischen Gewinnern und Verlieren trennen“, erklärt Prof. Margalit. Grexit und Links-Rechts-Überraschungen Im Rahmen des Projekts wurde zudem eine detaillierte Untersuchung über die Meinungsverschiedenheiten in westeuropäischen Ländern zur Frage durchgeführt, ob der Ausstieg Griechenlands („Grexit“) aus der europäischen Währungsunion unterstützt und ob Mittel von Steuerzahlern zur Finanzierung des Griechenland-Bail-outs verwendet werden sollten. Es wurde festgestellt, dass der entscheidende Faktor zur Erklärung der öffentlichen Meinungsverschiedenheit die traditionellen Gräben zwischen Links und Rechts waren. „Natürlich überraschte mich dies“, erläutert Prof. Margalit. „Als zentrale Frage stellte sich daraufhin, wie eine politische Spaltung, die tendenziell Debatten über innenpolitische Fragen umspannt, die Position der Menschen zu einem außenpolitischen Thema strukturiert, nämlich die mögliche Zahlungsunfähigkeit und der Ausstieg eines WWU-Mitgliedsstaats?“ Eine eingehendere Analyse des Teams zeigte, dass der Graben zwischen Links und Rechts über die Grexit-Frage nicht auf Unterschieden in der Einstellung zur Umverteilung, auf dem Maß an Mitgefühl über die Notlage der Griechen oder auf Unterschieden in der allgemeinen Unterstützung des EU-Projekts gründete. Stattdessen fand man heraus, dass der vorrangige Mechanismus darin besteht, dass Links- und Rechtswähler deutliche andere Erwartungen über die Auswirkungen eines Grexits auf die europäische Wirtschaft als Ganzes haben. „Unsere Schlussfolgerung lautet, dass diese Erwartungen größtenteils die Unterschiede in zentralen Überzeugungen über die Aussichten eines Freimarktansatzes widerspiegeln“, erklärt Prof. Margalit. „Rechtsgerichtete sahen einen massiven Bail-out als einen Fall von Regierungsintervention in den natürlichen Betrieb des Marktes und dementsprechend als eine Handlungsweise, die voraussichtlich fehlschlagen wird. Unter den Linksgerichteten hingegen gab es eine weitaus stärkere Überzeugung, dass ein Bail-out, d. h., ein von der EU ausgearbeitetes, groß angelegtes Rettungspaket, letztlich zu einem besseren Ergebnis führen würde, als die Zahlungsunfähigkeit der Griechen in Kauf zu nehmen.“ Bewegungsspielraum Was überrascht, wie Prof. Margalit enthüllt, ist die Tatsache, dass es ein großes Maß an Übereinkunft zwischen Links- und Rechtswählern im Hinblick auf die Gestaltung sparpolitischer Maßnahmen gibt, wenn diesen mitgeteilt wird, dass Ausgabenkürzungen notwendig sind. Unter Verwendung einer experimentellen Analyse mit der Bezeichnung „Choice Based Conjoint“ zeigte das Projekt, dass Rentenkürzungen sowohl unter Links- als auch Rechtswählern die größte Gegenreaktion auslösen und dass Einkommenssteuererhöhungen sowie Kürzungen im Bereich Sozialausgaben und Bildung ebenfalls unpopulär sind. Divergenzen entstehen jedoch bei Themen wie Entlassungen im öffentlichen Sektor (akzeptabel für Rechtsgerichtete, inakzeptabel für Linksgerichtete) und Kürzungen des Wehretats (akzeptabel für Linksgerichtete, inakzeptabel für Rechtsgerichtete). „Insgesamt gesehen denke ich, dass die zentrale Erkenntnis aus unserer Forschung lautet, dass politische Entscheidungsträger tatsächlich mehr Bewegungsspielraum für die Entwicklung einer Reaktion nach einer Krise haben, als es die Diskussion in den populären Medienmedia nahelegt“, schlussfolgert Prof. Margalit. „Die Idee, dass die Öffentlichkeit kategorisch gegen Austerität opponiert, ist sehr problematisch – wir haben gezeigt, dass die mehr oder weniger unterstützungswilligen Wähler dieser Politik tatsächlich sehr empfindlich auf spezifische Merkmale des angebotenen Pakets reagieren. Die Entwicklung einer politischen Reaktion, welche diese spezifischen Empfindungen berücksichtigt, kann daher zu einer politischen Reaktion führen, die weitaus breitere Unterstützung der Öffentlichkeit erhält, als politische Entscheidungsträger vielleicht glauben, wenn sie sich im Rahmen der Debatte auf die konventionellen Schilderungen in der Medienberichterstattung verlassen.“

Schlüsselbegriffe

CRISIS_POLITICS, Austerität, Bail-outs, öffentliche Meinung, Grexit, Links-Rechts, Ausgabenkürzungen

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