Wirkung von Rodentiziden auf Populationen von Wühlmäusen und ihrer Räuber
Viele Landwirte, deren Anbauflächen und Wiesen durch große Wühlmauspopulationen Schaden genommen haben, wollen sie mit Bromadiolon bekämpfen, einer Chemikalie, die die Blutgerinnung hemmt. Kleine Mardertiere wie Hermelin oder Wiesel gelten allgemein als auf Wühlmäuse spezialisierte Räuber. Wenn sie Beutetiere fressen, die Bromadiolon aufgenommen haben, könnte das blutgerinnungshemmende Rodentizid (BR) auch auf sie wirken. In dem EU-finanzierten Projekt VOLES (engl. für „Wühlmäuse“) wurde die Rolle von BR als „Spitzenprädator“ untersucht, der die Nahrungskette hinauf arbeitetet und sowohl die Wühlmaus als auch dessen Räuber eliminiert. Spitzenprädator modelliert Aufgrund negativer Folgen für die biologische Vielfalt und die öffentliche Gesundheit gibt es in der Gesellschaft immer größere Bedenken beim Einsatz von Pestiziden. „Wenn wir Wühlmauspopulationen mit Bromadiolon kontrollieren, dann sinkt so die Nahrungsmenge, die den Räubern zur Verfügung steht, und erhöht gleichzeitig deren Risiko für eine Sekundärvergiftung, wenn sie die kontaminierten Nagetiere fressen“, sagt Projektmitarbeiter Dr. Javier Fernandez de Simon. Das könnte wiederum explosionsartig wachsende Wühlmauspopulationen zur Folge haben, die dann durch den wiederholten Einsatz von BR kontrolliert werden müssen. Durch diese Art der Nagerbekämpfung könnten aber auch höhere Produktionskosten entstehen, was die Gewinne der Landwirte senkt. Eine Modelluntersuchung ergab, dass BR sich wie Spitzenprädatoren verhalten können, wenn die Behandlung bei kleiner Populationsdichte der Wühlmäuse vorgenommen wird (etwa 50 Wühlmäuse pro Hektar). Werden die Rodentizide allerdings bei mittleren Populationsdichten (etwa 250 Wühlmäuse pro Hektar) und in geringen Mengen eingesetzt, können kleine Marderpopulationen wachsen und die Wühlmauspopulationen regulieren. In diesem Fall könnten auch die Fuchspopulationen wachsen, da es nicht zu Vergiftungen kommt. „Dieses Behandlungsverfahren könnte die Effekte von Rodentiziden auf die Raubtiere minimieren und gleichzeitig die Populationsdichte der Wühlmäuse relativ gering halten, was den Landwirten zugutekommen würde“, kommentiert Dr. Fernandez de Simon. Weniger Wühlmäuse und weniger Räuber Es wurden Feldversuche mit Spurentunneln durchgeführt, deren Ergebnisse mit dem Modell übereinstimmen. Dort, wo zwischen Frühling und Herbst BR eingesetzt wurden, nahm die Häufigkeit von Hermelinen und Wieseln signifikant ab. Demgegenüber änderte sich die Häufigkeit dieser Räuber an Orten ohne Pestizideinsatz nicht erheblich. „Wir haben nur an Orten mit Pestizideinsatz Rückstände von Rodentiziden in Wühlmäusen und geringen Mengen Marderkot gefunden. Da kleine Marder auch tote Wühlmäuse fressen können, haben wir geschlussfolgert, dass der Einsatz von blutgerinnungshemmenden Rodentiziden auf Wiesen allgemein zu einer Reduktion kleiner Marder führen kann“, erklärt Dr. Fernandez de Simon. Da ähnliche Effekte auf die Häufigkeit auch bei Rotfüchsen beobachtet wurden, ist anzunehmen, dass BR die Rolle des Spitzenprädators einnehmen können. Dank der Ergebnisse aus VOLES können Wissenschaftler die Übertragung von Bromadiolon und dessen Langzeitfolgen nun wesentlich besser verstehen und darauf aufbauend die bestmöglichen Verfahren entwickeln, um Entscheidungen über Bewirtschaftung und Naturschutz zu begleiten. Außerdem haben die Ergebnisse der Feldversuche wesentliche Informationen zum Einfluss von BR auf Räuberpopulationen im europäischen Kontext geliefert. Insgesamt wurden wichtige neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie sich chemische Schädlingsbekämpfung auf Ökosysteme und biologische Vielfalt auswirkt.
Schlüsselbegriffe
VOLES, Räuber, blutgerinnungshemmende Rodentizide (BR), Marder, Füchse