Ein Simulations- und Prognose-Tool für pädiatrische Kliniker
Ist der zunehmende Fokus in Politik und Wissenschaft, der auf ein aktives und gesundes Altern gelegt wurde, auf Kosten der Kindergesundheit gegangen? Prof. Bruno Dallapiccola, der wissenschaftliche Leiter des OPBG und Koordinator des Projekts, ist zweifelsohne dieser Auffassung. Über ein aus 22 Organisationen aus ganz Europa bestehendes Konsortium widmete sich Dallapiccola – mit der Unterstützung von Prof. Edwin Morley Fletcher, Präsident von Lynkeus und der Manager dieses Projekts – in den vergangenen vier Jahren der Entwicklung eines digitalen Repository (Infostruktur), das unter anderem Daten in Bezug auf klinische, genetische und metagenomische Analysen, MRT- und Ultraschall-Bildanalyseverfahren, die Hämodynamik, die Echtzeitverarbeitung von muskoskeletalen Parametern integriert und biomechanische Daten überträgt. Die Plattform ermöglicht es Klinikern, Daten mit eigenen Patienten abzugleichen, auf modellbasierte Simulationen und Vorhersagen zuzugreifen und nach patientenzentrierten klinischen Workflows zu suchen. „Unsere Idee geht auf den Bedarf zurück, bestehende Behandlungen im Hinblick auf einen prädiktiven und personalisierten klinischen Ansatz zu optimieren, der es ermöglicht, die Ergebnisse klinischer Interventionen vorauszusehen und diese auf die individuellen physiologischen Parameter eines Patienten anzupassen. Das Ziel ist es letztlich, medizinische Fehler und suboptimale Behandlungen zu verringern sowie die insgesamten medizinischen Kosten zu senken“, erklärt Prof. Dallapiccola. Zusätzlich zu der Tatsache, dass „unsere Welt gegenüber jüngeren Generationen immer ungerechter wird“, ist Dallapiccola der Ansicht, dass Erkrankungen bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ein großes und unterschätztes Problem für die öffentliche Gesundheit sind. Ein Problem, das im Rahmen des Projekts MD PAEDIGREE (Model-Driven European Paediatric Digital Repository) überwunden werden soll. Bei MD PAEDIGREE werden Daten gehostet, die von fortschrittlichen Analytik-Tools wie beispielsweise „Deep Machine Learning“ oder Ähnlichkeitssuchen genutzt werden, um versteckte gängige Muster zu identifizieren. Darauf aufbauend können Ärzte personalisierte Modelle erstellen, mit denen es möglich ist, die individuellen physiologischen Patienten-Parameter – entweder in der Prä-Interventionsphase oder als Ergebnis einer bestimmten klinischen Intervention – nachzubilden und Patienten basierend auf dem Erkrankungsrisiko zu kategorisieren. „Die Verwendung dieser Tools würde die Chancen auf einen medizinischen Fehler minimieren und die Behandlungswirksamkeit steigern, wodurch wiederum die Risiken für Komplikationen und Rückfälle, die Genesungszeit und die klinischen Kosten gesenkt werden“, verdeutlicht Prof. Morley-Fletcher. Eine verheißungsvolle Zukunft Prof. Dallapiccola ist stolz auf die Projektergebnisse und sagt, dass die ersten Reaktionen der an dem Projekt beteiligten Kliniker äußerst aussichtsreich und ermutigend gewesen seien. „Auch wenn die Benutzerschnittstelle noch nicht den Reifegrad erreicht hat, der für eine nahtlose Einbindung in die klinische Alltagspraxis erforderlich ist, haben Kliniker größtenteils den Mehrwert der implementierten technologischen Lösungen erkannt, dies gilt insbesondere in Bezug auf die Unterstützung ihrer klinischen Entscheidungsfindung“, erklärt Dallapiccola. „Auch die Integration des tentativen Modells in den klinischen Workflow, das eine intensive Miteinbeziehung klinischer Partner in jeder Phase der modellgetriebenen Workflow-Implementierung ermöglicht, fand große Zustimmung.“ Obwohl das Projekt Ende Februar abgeschlossen worden ist, wird das MD-Paedigree-Repository auch weiterhin mit klinischen Routinedatensätzen gespeist, die von den verbundenen klinischen Zentren stammen und verschiedene Forschungsinitiativen bauen bereits auf diesen Ergebnissen auf. Im Rahmen eines Projekts unter dem Namen CARDIOPROOF wurde exakt die gleiche Infostruktur verwendet, um Forschung im Bereich der modellbasierten Kardiologie-Prognostik durchzuführen und über das Projekt MHMD ist eine innovative EU-basierte Plattform für den Austausch von elektronischen Patientenakten (Electronic Health Records, EHR) durch die Integration und Ausweitung der MD-Paedigree-Infostruktur implementiert worden. „Ich bin zuversichtlich, dass auch weiterhin zahlreiche Forschungsinitiativen auf Grundlage der Projektergebnisse gedeihen werden, da durch MD-Paedigree Tools und Systeme bereitgestellt worden sind, die einen Beitrag leisten, um eine neue Ära der Präzisionsmedizin einzuläuten“, schlussfolgert Prof. Dallapiccola.
Schlüsselbegriffe
Digitales Repository, pädiatrische klinische Daten, Infostruktur, MD PAEDIGREE, Patient, Behandlung, klinische Datensätze, CARDIOPROOF, MHMD, elektronische Patientenakten