Molekulare Marker von strahlungsinduziertem Krebs verbessern Risikoeinschätzungen
Wegen des Mangels an statistischer Aussagekraft und konkurrierender Risikofaktoren, die nicht unter Kontrolle sind, hat die konventionelle Epidemiologie Grenzen bei der Untersuchung von Krebsrisiken nach der Exposition gegenüber ionisierender niedrig dosierter Strahlung. Das EU-finanzierte Projekt EPIRADBIO (Combining epidemiology and radiobiology to assess cancer risks in the breast, lung, thyroid and digestive tract after exposures to ionizing radiation with total doses in the order of 100 mSv or below) integrierte Molekularbiologie in die Modellierung von strahleninduzierten Krankheitsprozessen und verbesserte die Einschätzungen des Krebsrisikos auf der Basis von epidemiologischen Daten. Eine Biobank mit Blutproben von mehr als 370 Spendern, die zur Französischen Hämangiom-Kohorte gehört, wurde als Import-Tool für die zukünftige Forschung zu den Auswirkungen niedrig dosierter Strahlung auf den Menschen etabliert. DNA-Messungen von frisch gefrorenen Brustkrebsproben von 46 Majakarbeiterinnen und nicht-exponierten Kontrollpersonen zeigten einen Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) und miRNA 3184 als Marker-Kandidaten für durch Strahlung induzierten Brustkrebs. Untersuchungen von DNA, RNA und Protein-Ebene von Schilddrüsenkrebsproben aus zwei unabhängigen Kohorten bestätigten CLIP2 als Biomarker für strahleninduzierten Schilddrüsenkrebs im Alter von unter 20 Jahren. Zahlreiche biologische Endpunkte wurden auf niedrige und hohe Dosisexposition von primären humanen Bruststammzellen aus kosmetischen oder elektiven Operationen gemessen. Das gemeinsame Kultivieren von humanen Lungenepithelzellen mit Fibroblasten verbessert die Epithelial-mesenchymale Transition (EMT), was auf die Bedeutung der Mikroumgebung für prä-karzinogene Veränderungen im normalen Epithel hindeutet. Die Verlängerung der in vitro-Daten auf interzellulare Induktion von Apoptose in onkogen transformierten Zellen auf in vivo Bedingungen zeigt an, dass die Bestrahlung die induzierte Apoptose in Abhängigkeit von Systemparametern erhöhen oder reduzieren kann. Strahlenbehandlung im Kindesalter bei Hämangiom führt unter den schwedischen Frauen mit familiärer Veranlagung zu einem mehr als doppelt so hohen Brustkrebsrisiko, als bei anderen Frauen. Ein neues Modell der Karzinogenese in der Schilddrüse, das zwei verschiedene Wege von Schilddrüsenkrebs je nach CLIP2 Expression umfasst und auf Post-Tschernobyl-Daten basiert, verringert die Unsicherheit der Strahlungsrisikoabschätzung im Vergleich zu Einschätzungen, die gegenwärtig im Strahlenschutz verwendet werden. Darmkrebs mit chromosomaler Instabilität wird viel stärker durch den Lebensstil beeinflusst als Darmkrebs mit Mikrosatelliteninstabilität. Schließlich lieferte EpiRadBio quantitative Krebsrisikoschätzungen für verschiedene Expositionsszenarien, die für den Strahlenschutz relevant sind.
Schlüsselbegriffe
Niedrig dosierte ionisierende Strahlung, Krebsrisiko, Epidemiologie, Radiobiologie, Biomarker, strahleninduzierte Krankheitsprozesse