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Multi-scale mechanics of dynamic leukocyte adhesion

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Die Kräfte, die im Dienste der Immunabwehr wirken

Woher „wissen“ die Leukozyten eigentlich, wo sie mit ihrer Arbeit an einem Entzündungsherd beginnen sollten? Im Rahmen eines EU-Projekts werden bahnbrechende Nanowerkzeuge eingesetzt, um die dabei wirkenden mechanischen Kräfte zu erforschen.

Die Fähigkeit des Immunsystems, Verletzungen oder Infektionen zu erkennen und darauf zu reagieren, beginnt bei den Leukozyten, den sogenannten weißen Blutkörperchen, welche entlang der Gefäßwände auf die Suche nach Entzündungen gehen. Dieser Prozess startet damit, dass die Leukozyten auf ihrem Weg durch den Blutkreislauf an Geschwindigkeit verlieren. Sie können dann aktiviert werden, sich fest an die Gefäßwand heften und zu Verletzungs- oder Entzündungsorten wandern. Die Leukozytenadhäsion an der Gefäßwand umfasst mehrere Phasen und setzt die Zellen über Zeiträume von Mikrosekunden bis hin zu mehreren Minuten mechanischen Kräften aus. Das Verständnis der Kräfte, die an der Leukozytenadhäsionskaskade beteiligt sind, ist von zentraler Bedeutung, um die grundlegenden physikalischen Mechanismen der Immunantwort entschlüsseln zu können.

Kombinierte Nanowerkzeuge zur Kraftmessung in Leukozyten

Um den Prozess der Leukozytenadhäsion vollständig zu verstehen, wurde im Rahmen des ERC-finanzierten Projekts MechaDynA ein umfassender Ansatz entwickelt, der diese Größenordnungen der Zeit und räumlichen Auflösungen überbrückt. Das Forschungsteam adaptierte zwei hochmoderne Nanowerkzeuge, die Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie (HS-FS) und die akustische Kraftspektroskopie (AFS), um direkt an lebenden Zellen die Mechanik aller beteiligten Zellbestandteile über die umfassendste Reihe von Zeiträumen zu messen. Die Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie wurde von der Rasterkraftmikroskopie abgeleitet und dabei kommen ultrakleine Messnadeln zum Einsatz, um die mechanischen Eigenschaften und Bindungsstärken einzelner Moleküle wie etwa von Proteinen oder DNS in extrem kurzen Zeiträumen von bis zu Mikrosekunden zu messen. Dieser Ansatz gestattete es den Forschenden, schnelle Ereignisse zu untersuchen, die für die Leukozytenadhäsion entscheidend sind. Akustische Kraftspektroskopie ergänzt die durch Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie zugänglichen zeitlichen Größenordnungen. Durch den Einsatz von Schallwellen, die Hunderte Partikel oder schwebende Zellen parallel einfangen und Kräfte auf sie ausüben, werden stundenlange Langzeitmessungen möglich.

Experimente an lebenden Zellen

Eine der wichtigsten Errungenschaften des Projektteams war die Anpassung der Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie und akustischen Kraftspektroskopie an die direkte Arbeit an lebenden Zellen, womit eine detaillierte Erkundung der Mechanik und Adhäsion von Leukozyten gelang. „Durch die Kombination dieser Werkzeuge mit fortgeschrittener optischer Mikroskopie haben wir Kraftmessungen an lebenden Zellen mit Zugang zu einer noch nie dagewesenen Bandbreite von Zeitskalen durchgeführt“, betont Felix Rico, Hauptforscher von MechaDynA. Im Zuge des Projekts wurde festgestellt, dass die Adhäsion mit der mechanischen Versteifung der Leukozytenzellen zusammenhängt. Interessanterweise scheint die Versteifung auch nach dem Beenden der Adhäsion fortzubestehen, wodurch ein bisher unbekannter Aspekt der Zellmechanik hervorgehoben wird. Insgesamt verbessern die Ergebnisse von MechaDynA unser Verständnis für die mechanischen Kräfte, die biologische Prozesse beeinflussen.

Zukünftige Anwendungen

Der Erfolg von MechaDynA bei der Anpassung und Anwendung der Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie und der akustischen Kraftspektroskopie zur Untersuchung von Leukozyten stellt einen wichtigen Meilenstein in der biophysikalischen Forschung dar. Zu den nächsten Schritten des Projekts gehört die Ausweitung dieser Verfahren auf andere Zellsysteme, etwa zirkulierende Tumorzellen, die Leukozyten ähneln, die durch den Blutkreislauf wandern, bevor sie Metastasen in entfernten Organen bilden. Die Erkundung der Mechanismen derartiger Zellen könnte einen Durchbruch auf dem Gebiet der Krebsdiagnose und -behandlung herbeiführen. Zudem gelten die MechaDynA-Nanowerkzeuge als vielversprechend in Hinsicht auf die Untersuchung weiterer biologischer Systeme, wie etwa der Interaktionen zwischen Viren und Zellen, was unser Verständnis der Virusinfektionen verbessern und die Entwicklung antiviraler Therapien unterstützen könnte. Die Möglichkeit der Patentierung dieser Nanowerkzeuge unterstreicht ihren innovativen Charakter und ihre Anwendbarkeit in verschiedenen Disziplinen und eröffnet zudem neue Wege zur Bewältigung dringender biomedizinischer Herausforderungen. Überdies bietet das projektintern entwickelte quelloffene Softwarepaket PyFMLab eine genormte Lösung zur viskoelastischen Charakterisierung biologischer Proben.

Schlüsselbegriffe

MechaDynA, Kräfte, Hochgeschwindigkeitskraftspektroskopie (HS-FS), akustische Kraftspektroskopie (AFS), Leukozytenadhäsion, mechanische Eigenschaften, Biophysik

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