Bürger und Staat in der Wissensgesellschaft: Themenschwerpunkt 7 im Forschungsprogramm "Fokussierung und Integration der Gemeinschaft" ("Focusing and Integrating Community") 2002-2006.
Die mit diesem Themenschwerpunkt zusammenhängenden Probleme und Herausforderungen sind verhältnismäßig komplex und interdependent. Der zur Ansprache dieser Aspekte verwendete Forschungsansatz muss deshalb einheitlich und interdisziplinär sein und sowohl wissenschaftliche als auch geisteswissenschaftliche Forschungsgemeinschaften einschließen.
A Die Hauptherausforderung auf diesem Gebiet besteht darin, eine vergleichende länderübergreifende und interdisziplinäre Forschung zu erarbeiten und gleichzeitig die Vielfalt der Forschungsmethoden in Europa zu bewahren. Hierfür ist es notwendig, vergleichbare Daten über die sich entwickelnde Wissensgesellschaft zu erheben und auszuwerten und die Entwicklung von Statistiken sowie qualitativen und quantitativen Indikatoren auf europäischer Ebene zu koordinieren.
Der Themenschwerpunkt 7 "Bürger und Staat in der Wissensgesellschaft" setzt es sich zum Ziel, eine solide Wissensbasis bereitzustellen, um den Übergang zu einer europäischen Wissensgesellschaft bewältigen zu können. Dies wird konditioniert durch nationale, regionale und lokale Richtlinien, Programme und Maßnahmen, sowie durch die fundierte Entscheidungsfindung der einzelnen Bürger, Familien und anderen gesellschaftlichen Verbände.
Die Gemeinschaftsaktivitäten, die innerhalb dieses Themengebietes durchgeführt werden, decken die folgenden Gebiete ab:
_ Wissensgesellschaft und soziale Zusammenarbeit
Die Forschung auf diesem Gebiet ist so konzipiert, dass sie eine für die Entwicklung einer europäischen Wissensgesellschaft notwendige Verständigungsgrundlage schafft und in Einklang mit besonderen europäischen Bedingungen und Zielen steht.
- Verbesserung der Erzeugung, Weitergabe und Nutzung von Wissen und die Auswirkung auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Das Ziel dabei ist, die Kenntnisse über die Merkmale von Wissen und dessen Funktionsweise als ein öffentliches und privates Gut zu verbessern und die Grundlagen für Politikkonzeption und Entscheidungsfindung zu schaffen.
Im Mittelpunkt der Forschung auf diesem Gebiet werden stehen: die Merkmale von Wissen und dessen Funktionsweise in Bezug auf Wirtschaft und Gesellschaft sowie Innovation und unternehmerisches Handeln; der Wandel der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen; die dynamischen Prozesse bei Gewinnung, Weitergabe und Nutzung von Informationen; die Rolle der Wissenskodifizierung und die Auswirkungen auf die Informations- und Kommunikationstechnologien; sowie die Bedeutung territorialer Strukturen und sozialer Netzwerke bei diesen Prozessen.
- Möglichkeiten und Alternativen für den Aufbau einer Wissensgesellschaft, um ein einheitliches Verständnis dafür zu entwickeln, wie eine Wissensgesellschaft die gesellschaftlichen Ziele der EU unter gebührender Beachtung der Vielfalt der sozialen Modelle in Europa fördern kann.
Die Forschungsarbeit konzentriert sich hierbei auf: die Merkmale einer Wissensgesellschaft in Übereinstimmung mit den europäischen Sozialmodellen und der Notwendigkeit der Verbesserung der Lebensqualität; den sozialen und territorialen Zusammenhalt, die Beziehungen zwischen Geschlechtern und Generationen und die sozialen Netzwerke; die Auswirkungen von Veränderungen in den Bereichen der Arbeit, Beschäftigung und am Arbeitsmarkt; sowie den Zugang zu Aus- und Weiterbildung und lebenslangem Wissenserwerb.
- Die Vielfalt der Wege zu einer Wissensgesellschaft, die europaweit vergleichbare Perspektiven liefern und somit die Grundlage für die Formulierung und Umsetzung von Strategien für den Aufbau einer Wissensgesellschaft auf nationaler und regionaler Ebene schaffen.
Im Mittelpunkt der Forschung werden dabei stehen: die Zusammenhänge zwischen Globalisierung und Konvergenzdruck; die Auswirkungen auf die regionale Vielfalt; die Herausforderungen für die europäischen Gesellschaften aufgrund der kulturellen Vielfalt und der zunehmenden Anzahl an Wissensquellen; sowie die Rolle der Medien.
_ Staatsbürgerschaft, Demokratie und neue Formen der Staatsführung
Das Ziel der Forschung auf diesem Gebiet besteht darin, die wichtigsten Einflussfaktoren für den Wechsel bei Staatsführung und Staatsbürgerschaft, vor allem im Kontext zunehmender Integration und Globalisierung, zu ermitteln. Außerdem sollen Möglichkeiten erörtert werden, die der Stärkung der demokratischen Staatsführung, der Konfliktbewältigung sowie dem Schutz der Menschenrechte dienen und die Vielfalt der Kulturen und Identitäten beachten.
- Die Auswirkungen der europäischen Integration und der EU-Erweiterung auf den Staat und die Bürger. Das Ziel der Arbeit ist die Analyse der wichtigsten Wechselwirkungen zwischen europäischer Integration und Erweiterung sowie die Klärung von Fragen der Demokratie, des institutionellen Aufbaus und des Wohlergehens der Bürger.
Die Forschung befasst sich mit: den Beziehungen zwischen Integration, Erweiterung und institutionellem Wandel; der Rolle Europas in einer sich ändernden globalen Umwelt; sowie den Auswirkungen der EU-Erweiterung auf das Wohlergehen ihrer Bürger.
- Die Formulierung von Verantwortungsbereichen und neuen Formen der Staatsführung für die Entwicklung neuer Formen der Staatsführung auf verschiedenen Verantwortungsebenen. Diese müssen über politische Verantwortlichkeit, Legitimität und ausreichend Belastbarkeit verfügen, um sich dem gesellschaftlichen Wandel zu widmen und die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit politischen Handelns zu gewährleisten.
Die Forschung wird sich hierbei konzentrieren auf: die Verteilung der Verantwortung zwischen verschiedenen territorialen Zuständigkeitsebenen und zwischen öffentlichen und privaten Sektoren; die demokratische Staatsführung, repräsentative Institutionen und die Rolle von Organisationen der bürgerlichen Gesellschaft; Privatisierung, Gemeinwohl, neue Regelungsansätze, gemeinschaftliche Staatenführung; sowie die Auswirkungen für die Rechtssysteme.
- Fragen, die im Zusammenhang mit der Lösung von Konflikten und der Wiederherstellung von Frieden und Gerechtigkeit stehen und damit den Aufbau institutioneller und gesellschaftlicher Kapazitäten in den Bereichen der Konfliktlösung, Konfliktvermeidung und der Konfliktschlichtung unterstützen.
Im Mittelpunkt der Forschung werden stehen: die Früherkennung der konfliktverursachenden Faktoren; die vergleichende Analyse von Verfahren zur Konfliktvermeidung und -schlichtung und die Herstellung von Gerechtigkeit in verschiedenen Bereichen; sowie die Rolle Europas in diesem Zusammenhang.
- Neue Formen der Staatsbürgerschaft und kulturellen Identität, um das Engagement und die Beteiligung der Bürger an der Politikgestaltung in Europa zu fördern, die Wahrnehmung der Staatsbürgerschaft und der Menschenrechtsbestimmungen in Europa zu verstehen und die Faktoren zu ermitteln, welche die Mobilität und Koexistenz vieler verschiedener Identitäten gewährleisten.
Die Forschung befasst sich mit: den Beziehungen zwischen neuen Formen der Staatsbürgerschaft; Toleranz, Menschenrechten, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit; der Rolle der Medien bei der Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit; der Entwicklung von Staatsbürgerschaft und Identität im Kontext kultureller Vielfalt in Europa; dem sozialen und kulturellen Dialog; sowie den Auswirkungen auf die Schaffung einer europäischen Wissensgesellschaft.
Die Forschungsaktivitäten im Rahmen dieses Themenschwerpunktes werden auch die aktuellsten Forschungen zu einem oder mehreren eng verwandten Themenbereichen umfassen.
Die Kommission ist verantwortlich für die Implementierung des spezifischen Programms. Sie wird ein Arbeitsprogramm ausarbeiten, in dem die Ziele, die wissenschaftlichen und technologischen Schwerpunkte sowie ein Zeitplan für deren Realisierung detailliert beschrieben sind. Das Arbeitsprogramm bezieht dabei die relevanten Forschungsarbeiten in den Mitgliedsstaaten, assoziierten Ländern sowie bei europäischen und internationalen Organisationen ein und wird bei Bedarf aktualisiert.
Die Kommission wird von einem Komitee unterstützt. Die Kommission veröffentlicht regelmäßig Berichte zu den allgemeinen Fortschritten bei der Umsetzung des spezifischen Programms, unter anderem auch zu finanziellen Gesichtspunkten und zum Einsatz bestimmter Instrumente. Die Kommission organisiert außerdem die unabhängige Überwachung und Bewertung des Rahmenprogramms, die in Bezug auf die im Rahmen des spezifischen Programms durchgeführten Aktivitäten stattfinden soll.
Die neuen Instrumente des 6. Rahmenprogramms(Netz führender Forschungsgruppen und Integrierte Projekte) kommen bei allen Themenschwerpunkten von Anfang an zur Anwendung. Neben Forschung und technischer Entwicklung können diese die folgenden Arten von Maßnahmen umfassen, wenn sie einen speziellen Bezug zu den angestrebten Zielen aufweisen:
- Demonstration, Verbreitung und Nutzung;
- Kooperation mit Forschern und Forschungsteams aus Drittländern;
- Personalentwicklung, dazu zählt auch die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Forschern; Entwicklung von Forschungseinrichtungen und Infrastruktur mit spezieller Bedeutung für das entsprechende Forschungsprojekt; Förderung besserer Verbindungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Darunter fällt auch die Förderung von Frauen in der Wissenschaft.
Forschungsprojekte mit speziellen Zielen und Koordinationsanstrengungen können ebenso wie spezielle Fördermaßnahmen im Geiste der "Hochleistungstreppe" zur Umsetzung von Themenschwerpunkten eingesetzt werden. Die Projektgröße ist kein Ausschlusskriterium. Es wird sichergestellt, dass KMU und andere kleine Organisationen Zugang zu den neuen Instrumenten erhalten.
In bestimmten Fällen, in denen ein Projekt den Höchstbetrag der unter dem Rahmenprogramm erlaubten Co-Finanzierung beziehungsweise einen allgemeinen Zuschuss erhält, kann eine zusätzliche Förderung durch die Strukturfonds gewährt werden. Im Fall einer Beteiligung von Organisationen aus assoziierten Bewerberländern kann unter denselben Bedingungen eine zusätzliche Förderung aus Vorbeitrittsmitteln gewährt werden. Bei Beteiligung von Mittelmeer- bzw. Entwicklungsländern kann eine Förderung durch das MEDA-Programm und durch finanzielle Mittel aus der Gemeinschaftsentwicklungsbeihilfe in Betracht gezogen werden.
Bei der Ausführung des Programms kann sich die Kommission auf technische Unterstützung berufen. Unabhängige Experten werden 2004 eine Bewertung der Effizienz der drei neuen Instrumente (Netz führender Forschungsgruppen, Integrierte Projekte und Artikel 169) bei der Ausführung des sechsten Rahmenprogramms vornehmen.