Die Mikrobendynamik der Antibiotikaresistenz
Das Aufkommen von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien hat die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung von bakteriellen Infektionen dramatisch verringert. Um dieses Problem anzugehen, befasste sich das EU-finanzierte Projekt EVOTAR (Evolution and transfer of antibiotic resistance) mit der Untersuchung der Mechanismen, die an der Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in menschlichen Krankheitserregern beteiligt sind. Das Konsortium verwendete verschiedene Technologien wie etwa vollständige metagenomische Sequenzierung, funktionelle Metagenom-Auswahl und Resistenzgen-Capture-Plattformen. Ihr Ziel war es, das menschlichen Reservoir von Antibiotikaresistenzgenen zu charakterisieren: das Resistom. Die Metagenom-Sequenzierung ergab, dass eine langfristige (chronische) Exposition gegenüber Antibiotika die Fülle des Microbioms verringerte und dagegen die Anzahl von ARD erhöhte. Sie zeigte klar und deutlich, dass eine derartige Exposition die Spezies selektiert, die dann bei konstantem Vorkommen von Antibiotika aufgrund der von ihnen kodierten ARD überleben kann. Die Funktionsauswahl stellte fest, dass Hospitalisierung und Antibiotikabehandlung bei einigen Patienten durch die Erweiterung ihrer ARD profunde Wirkungen hat. Als eine wichtige Erkenntnis deuten einige Daten darauf hin, dass die Menge an Antibiotikaresistenzgenen nach sechs Monaten auf ihr ursprüngliches Niveau zurückkehrte. Optimierte Kultivierungsmethoden für die menschliche Darmflora wurden entwickelt, um eine repräsentative Mehrheit der Zellen in einer Probe zu erfassen. Diese neuen Kultivierungstechnologien in Kombination mit der Vollgenom-Sequenzierung ergaben Reservoirs von antibiotikaresistenten Organismen und Antibiotikaresistenzgenen in Boden und Meeresumwelt. EVOTAR entwickelte auch das PLACNET-Tool für die Rekonstruktion von Plasmiden mit Resistenzgenen aus Vollgenom-Sequenzdaten, um die Übertragung zu verfolgen und die Naturgeschichte dieser Plasmiden zu studieren. Eine weitere neue Methode wurde für die Identifizierung von ARD in großen, komplexen Datenmengen entwickelt. Dies half den Forschern dabei, die Liste der bekannten Resistenzgene deutlich zu erweitern. Die Projektmitglieder führten neue mathematische Modelle für die Untersuchung der Wirtsübertragung von Antibiotikaresistenz ein. Diese Modelle erlaubten die Untersuchung der Ausbreitung von verschiedenen Krankheiten und Antibiotikaresistenz durch das Wirtsnetzwerk (d.h. Patienten, Krankenhäuser, landwirtschaftliche Betriebe) sowie die Identifizierung von Wirtsorganismen, bei denen das Risiko einer Infektion besteht. Das Konsortium entwickelte erfolgreich eine Antibiotikaresistenz-Gen-Capture-Plattform, die derzeit aus 80 000 Targets von Resistenzgenen und Genen besteht, die mit den mobilen genetischen Elementen assoziiert sind. Dies könnte dazu beitragen, die Ausbreitung der Resistenz auf ein beispielloses Niveau von Qualität und Geschwindigkeit zu zerlegen. Ein neuartiger Interventionsansatz wurde bei EVOTAR aufgenommen und zielte auf die Verabreichung einer Verbindung, die Restantibiotika im menschlichen Kolon absorbiert und hemmt. Es wurde erwartet und erwiesen, dass dieser Ansatz den Selektionsdruck mindert, der zur Entstehung von Antibiotikaresistenz in der Kommensalflora und zu deren Störung führt, ohne das Schicksal der Absorption des Antibiotikums und dessen Potenzial zur Behandlung der zu bekämpfenden Infektion zu verändern. Insgesamt lieferte EVOTAR neue Informationen über die Entwicklung, den Transfer und die Entstehung von Resistenzgenen. Neuartige In-vitro- und In-vivo-Modelle bieten eine Plattform für zukünftige Studien zur Wirksamkeit neuartiger Interventionsansätze.
Schlüsselbegriffe
Antibiotikaresistenz, Determinanten für Resistenz gegen antimikrobielle Mittel, EVOTAR, Metagenomik