Untersuchung der Wirkungsweise von Retinsäure gegen Krebs
In Versuchen hatte sich gezeigt, dass Retinoide, zu denen auch Retinsäure gehört, bestimmten Tumorarten vorbeugen oder diese sogar zerstören können. Um auf diesem Potenzial aufzubauen, untersuchte das EU-finanzierte Projekt ANTICANCER RETINOIDS die tumorhemmende Wirkung von Retinsäure und mögliche Kombinationstherapien mit anderen Medikamenten. Dexamethason und Hydrokortison sind Steroidhormone, die in der Krebstherapie Verwendung finden. Dexamethason beispielsweise lindert die Nebenwirkungen von Chemotherapien, wird aber auch als eigenständiges Krebsmedikament eingesetzt. Die Arbeitsgruppe am Nationalen Krebsforschungsinstitut Pordenone, Italien, untersuchte die Wirkung dieser beiden Glukokortikoide auf MCL (Mantelzelllymphom)-Zellen. Die Ergebnisse waren ermutigend, da keines der beiden Steroide in physiologischer Konzentration signifikant die Zahl der MCL-Zellen erhöhte. Auch die positive antiproliferierende Wirkung von Retinsäure auf MCL-Zellen wurde weder durch Dexamethason noch durch Hydrokortison beeinträchtigt. In vorangegangenen Studien kam es unter Einfluss dieser Steroide zur Vermehrung von EBV (Epstein-Barr-Virus)-immortalisierten B-Lymphozyten. Die Todesrezeptor-vermittelte Apoptose ist ein wichtiger Mechanismus des Körpers bei der Tumorabwehr. Die Arbeitsgruppe beschäftigte sich insbesondere mit TRAIL (TNF related apoptosis inducing ligand)-induzierten Signalwegen. Mithilfe des Isomers 9-cis-Retinsäure wurden MCL-Zellen gegenüber TRAIL-induzierter Apoptose sensibilisiert, allerdings ohne Mitwirkung von TRAIL-Rezeptoren. 9-cis-RNA hemmt außerdem die CD40-induzierte Vermehrung von MCL-Zellen mit oder ohne Einwirkung von Interleukin-4. Retinsäure hemmt somit offenbar das Wachstum der Basalzellschichten in MCL-Zellen und antagonisiert die Proliferation über externe Faktoren wie CD40 (cluster of differentiation 40). Die Forschungsergebnisse könnten dazu beitragen, Retinsäure-Isomere als Teil von Kombinationstherapien gegen Krebs einzusetzen und Crosstalk-Mechanismen zwischen wichtigen Signalwegen zu erforschen. In diesem Sinne ist die Studie ein wertvoller Beitrag im Kampf gegen Krebs, eine der häufigsten Todesursachen in Europa.