Mit KI im illegalen Artenhandel ermitteln
Jahr für Jahr werden im weltweiten Handel Millionen Wildtiere illegal als Haustiere, Trophäen oder zur Herstellung traditioneller Arzneimittel verkauft, wobei jährlich Milliarden Dollar umgesetzt werden. Die Auswirkungen erstrecken sich über den gesamten Baum des Lebens und betreffen Fauna, Flora und Pilze. Seit dem Aufkommen des Internets und der sozialen Medien boomt der illegale Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Es fehlt jedoch an Daten, um die exakten Handelsvolumen und die Verfügbarkeit von Produkten auf dem Markt nachweisen zu können. „Die Schätzung des Ausmaßes des illegalen Handels mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten ist angesichts der sich im Verborgenen abspielenden Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Arten schwierig“, erklärt Enrico Di Minin, Professor für Naturschutzgeografie an der Universität Helsinki. „Der Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten kann auf verschiedenen Stufen der Handelskette legal oder illegal sein, und das voneinander zu unterscheiden, kann schwierig sein“, stellt er fest. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts WILDTRADE leitete Di Minin ein Forschungsteam zur Untersuchung der globalen Muster und Trends im illegalen Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Projektintern kamen automatisierte Data-Mining- und Analyseverfahren zum Einsatz, um den Handel in den sozialen Medien und auf weiteren digitalen Plattformen aufzuspüren und sich ein genaueres Bild von seinem Ausmaß zu verschaffen.
Datenschürfen aus digitalen Medien
Das Projektteam entwickelte neuartige Anwendungsmethoden zur automatischen Erfassung und Analyse von Text-, Bild- und Metadateninhalten aus sozialen Medien und von weiteren digitalen Plattformen. Mit dem WILDTRADE-System wird zunächst über eine API nach Informationen über bedrohte wildlebende Arten gesucht und diese werden heruntergeladen. Dann kommen Verarbeitung natürlicher Sprache, Computersehen und multimodale Lernmethoden zum Einsatz, um ausschließlich relevante Beiträge und Informationen herauszufiltern und zu speichern, die dann in Folgeanalysen verwendet werden. Mithilfe ihrer neuen Methodik konnten die Forschenden zahlreiche Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sowie Produkte ermitteln, die über verschiedene soziale Medien und weitere digitale Plattformen zum Verkauf angeboten wurden, darunter auch viele bedrohte Arten.
Die Markttreiber des globalen Handels durchschauen
Während der Onlinehandel globale Ausmaße anzunehmen scheint, fand das Team heraus, dass die gehandelten Arten und die beteiligten digitalen Plattformen offenbar kontextabhängig sind. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die verschiedenen Stufen der Handelskette geografisch unterscheiden können und dass ausgedehnte Transportnetze und kommerzielle Einrichtungen für die Zucht in Gefangenschaft eine wichtige Rolle im Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten spielen können“, berichtet er. Die Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass die Einschränkung des legalen Angebots an Wildtierprodukten Bedingungen geschaffen hat, die eine regelrechte Wildereiwirtschaft gedeihen lassen. „Wir haben vorgeschlagen, dass die Stärkung der lokalen Gemeinschaften durch nachgebesserte Eigentumsrechte und höhere Gewinne eine wirksame Strategie zur Bekämpfung der Artenschutzkriminalität sein kann“, fügt er hinzu. Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass Emotionen wie Verbundenheit, Zuneigung und Pflegeinstinkte stark motivierend bei den exotische Haustiere Besitzenden wirken, die bereit sind, den Artenschutz in freier Wildbahn zu unterstützen. „Das unterstreicht, wie positiv sich Beziehungsfaktoren auf Naturschutzbemühungen auswirken können“, sagt Di Minin.
Naturschutzbestrebungen unterstützen
Die im Rahmen von WILDTRADE entwickelten Methoden könnten zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem Onlinehandel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und Zoonosen eingesetzt werden und gleichermaßen in mobile Anwendungen für Naturschutzorganisationen einfließen, um den Onlinehandel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten effektiver zu überwachen. „Durch die Nutzung von Big Data aus den sozialen Medien, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Globalen Biodiversitätsrahmen und dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen, können die Ergebnisse als Indikatoren für die (un)nachhaltige Nutzung von und den Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten dienen“, erläutert Di Minin.
Schlüsselbegriffe
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