Innovative Prothesen stellen das Gefühl in den Beinen Amputierter wieder her
Beinamputierte sind oft auf Prothesen angewiesen, um ihre Mobilität und Unabhängigkeit wiederzuerlangen, doch fehlt bei diesen Geräten eine sensorische Rückmeldung über Bodenkontakt und Bewegung. Diese sensorische Lücke erhöht das Sturzrisiko und führt zu einer Unterbrechung der Verbindung zwischen der Prothese und dem Gehirn, was häufig dazu führt, dass die Prothesen abgelegt werden. In ähnlicher Weise erfahren Menschen mit Diabetes und peripherer Neuropathie veränderte sensorische Signale, die zu Schmerzen, Gleichgewichtsstörungen und eingeschränkter Mobilität führen.
Fortgeschrittene Neuroprothese
Im Rahmen des ERC-finanzierten Projekts FeelAgain wurden diese Herausforderungen angegangen, indem fortgeschrittene Neuroprothesen entwickelt wurden, die das natürliche sensorische Feedback wiederherstellen. Die elektrische Stimulation der peripheren Nerven kann die sensorischen Nerven in der Nähe der Amputationsstelle aktivieren und so die Empfindung der fehlenden Gliedmaße im Gehirn wiedererwecken. „Unsere Lösungen helfen Amputierten und Menschen mit Diabetes, sensorische Barrieren zu überwinden, ihre Schmerzen zu lindern und ein inklusiveres, natürlicheres Erlebnis mit ihren beeinträchtigten Gliedmaßen zu erreichen“, kommentiert Projektkoordinatorin Stanisa Raspopovic. Diese Neuroprothese funktioniert mithilfe von Sensoren, die in das künstliche Bein eingebettet sind, um Druck und Bewegung zu erkennen. Diese Sensorsignale werden über implantierte Elektroden, die mit dem verbleibenden Schienbeinast des Ischiasnervs der amputierten Person verbunden sind, an das Gehirn übertragen. Durch die Nachahmung der natürlichen Muster von Nervensignalen werden die Informationen über die Interaktion der Prothese mit der Umwelt an das Gehirn weitergeleitet. Dieser sensorische Impuls sorgt dafür, dass die amputierte Person, Empfindungen in der Phantom-Gliedmaße wahrnimmt. Damit wird nicht nur die Fähigkeit verbessert, die Prothese zu benutzen, sondern auch ein natürlicheres Gefühl der Integration zwischen dem Gerät und ihrem Körper gefördert. Die Erprobung dieser Neuroprothesen in klinischen Versuchen führte zu bemerkenswerten Ergebnissen. Die Beteiligten berichteten, dass sie erstmals ein natürliches Gefühl für ihre Prothese empfanden und selbst auf schwierigen Untergründen wie Sand sicherer gehen konnten. Wichtig ist, dass es sich dabei aber nicht um abnormale oder unangenehme Empfindungen handelte, wie sie die heutige Neuroprothetik oft hervorruft. Stattdessen wurden die natürlichen Empfindungen nachgeahmt, was sowohl die physische als auch die kognitive Integration der Prothese in den Körper verbesserte.
Intelligente Socke für die diabetische Neuropathie
Neben der Arbeit mit Amputierten hat das Projektteam von FeelAgain ein ähnliches System entwickelt, um Menschen zu helfen, die an diabetischer Neuropathie leiden. Diese Erkrankung führt zu einer Schädigung der Nerven in den Füßen und ist mit Gefühlsstörungen, Schmerzen und Mobilitätsproblemen verknüpft. Für diese betroffenen Personen entwickelte das Team eine Socke, die mit Elektroden ausgestattet ist, die die Nerven am Knöchel stimulieren. Diese Stimulation wird durch einen KI-gestützten Algorithmus gesteuert, der die Signale so anpasst, dass ein natürliches sensorisches Feedback wiederhergestellt wird. Wie die Neuroprothese für Amputierte trägt dieses System dazu bei, die verlorenen Empfindungen wieder in den Körper zu integrieren, was zu einem besseren Gleichgewicht und Gang sowie zu einer deutlichen Verringerung der neuropathischen Schmerzen führt.
Neuroprothese an die Bedürfnisse anpassen
Die Personalisierung war ein Schlüsselfaktor für den Erfolg dieser Neuroprothesen. Durch das Angebot kundenspezifischer Stimulationskalibrierungen und Hardwarekomponenten in verschiedenen Größen können die Systeme individuell zugeschnitten werden, um optimale Leistung und Komfort zu gewährleisten. „Wir sind uns bewusst, dass die Bedürfnisse und die Physiologie jeder einzelnen Person unterschiedlich sind, daher wurden die Geräte so konzipiert, dass sie in hohem Maße anpassbar sind“, betont Raspopovic. Für die Zukunft ist vom FeelAgain-Team eine Ausweitung der Forschungs- und Entwicklungsbemühungen geplant. Ziel ist es, die Technologie weiter zu verfeinern und ihre Anwendbarkeit über Amputierte und Menschen mit Diabetes hinaus auf neue bioelektronische Lösungen auszudehnen.
Schlüsselbegriffe
FeelAgain, Amputierte, Neuroprothese, diabetische Neuropathie, Socke