Salinen könnten nachhaltige „Bergwerke“ für kritische Rohstoffe für Europa sein
Das Mittelmeer steckt voller wertvoller Mineralien, meist in geringer Konzentration. Antike Zivilisationen fanden Wege, einen Teil dieses Reichtums zu extrahieren. Sie verwendeten dabei natürliche Verdunstung von Meerwasser und Kristallisation in flachen Becken zur Salzgewinnung. Dieses Verfahren ist noch heute in Salinen üblich. Neben den Natriumchlorid- und Kalziumsalzen aus dem Meerwasser sind die zurückbleibenden Bitterstoffe eine hochkonzentrierte Lösung mit Magnesium, Lithium und anderen kritischen Rohstoffen. Bei dieser natürlichen Konzentrierung werden kritische Rohstoffe in leicht erreichbare Früchte umgewandelt, die über nachhaltige Verfahren zugänglich sind. Im EU-finanzierten Projekt SEArcularMINE wurde dieses Potenzial mit einer voll funktionsfähigen Pilotanlage nachgewiesen. Ausgehend von einer Analyse der Bitterstoffzusammensetzung, des Marktwerts und Technologieforschung hat sich das SEArcularMINE-Team auf die Rückgewinnung von Magnesium, Lithium, Bor, Rubidium, Brom und Natriumsulfat/Chloridsalze konzentriert.
Prozesse im Sinne der Kreislaufwirtschaft mit erneuerbaren Energien
Der innovative SEArcularMINE-Ansatz beruht auf vollständig kreislauffähigen, CO2-armen und kostengünstigen Prozessen. Der Projektkoordinator Andrea Cipollina von der Universität Palermo erklärt: „Der Bitterstoff aus Salinen, der aktuell entsorgt wird, ist neben Wasser der Hauptrohstoff. Das ist revolutionär – die Mineralien, die wir zurückgewinnen, stammen meist aus Ressourcen, die zu umweltschädlichen Bedingungen und/oder mit Prozessen, für die chemische Reaktionsmittel erforderlich sind, abgebaut werden.“ Strom ist die dritte und letzte Zufuhr für das Trennverfahren. Das SEArcularMINE-Team hat Elektromembranverfahren genutzt – vielversprechende umweltschonende Alternativen zu herkömmlichen Trennverfahren. Der Antrieb des Ionentransports ist der elektrische Potenzialgradient. Die Trennung und Entfernung geladener Komponenten aus der Lösung erfolgt über Ionenaustauschmembranen. „Elektromembranverfahren sind energieintensiv. Unseres kann über nachhaltige Quellen betrieben werden: Der flexible Betrieb mit intermittierenden und variablen Lasten wird an die verfügbare Energie angepasst, sodass der Strom vor Ort erzeugt werden kann. Unsere Vision ist Netzunabhängigkeit, indem wir Strom über Solarteiche, Solar- und Windkraft erzeugen“, so Cipollina.
Erhalt antiker Methoden beim Ausbau der digitalen Zukunft Europas
Dank der Zusammenarbeit engagierter Forschender mit gestreutem Fachwissen konnten die Technologien bei SEArcularMINE schnell hochskaliert werden. Innerhalb von vier Jahren wurde aus einer Idee eine voll funktionsfähige Pilotanlage. Diese steht auf dem Gelände des Partners ResourSEAs, einer Ausgründung der Universität Palermo, nahe der berühmten Salinen von Trapani, aus denen der Bitterstoff für die SEArcularMINE-Anlage bezogen wird. Die antiken Salzpfannen dort sind etwa 2 700 Jahre alt. Sie sind jetzt Teil eines Naturschutzgebiets unter Verwaltung des World Wildlife Fund – ein passender Ort für den umweltschonenden und nachhaltigen „Abbau“ kritischer Rohstoffe durch SEArcularMINE. „Von einer dezentralisierten Erzeugung kritischer Rohstoffe im Mittelmeerraum über eine kreislauffähige und energieautarke Technologie profitiert die gesamte Bevölkerung, die Wirtschaft und das nachhaltige Wachstum im Mittelmeerraum enorm. Das ist besonders wichtig, weil die meisten Interessenten (an Standorten von Salinen in Südeuropa und Nordafrika) auf Wirtschaftswachstum angewiesen sind“, berichtet Cipollina. „Wir haben bei der Lösung technischer Probleme viele Erkenntnisse gewonnen und Erfahrungen beim Betrieb machen können“, fährt Cipollina fort. An der Pilotanlage wurde die technische Machbarkeit der Technologien mit bis zu 100 kg der Zielmaterialien pro Tag erfolgreich nachgewiesen. Aus der Arbeit sind auch Ideen zur Lithiumrückgewinnung aus Altbatterien sowie mehrere Patente hervorgegangen, unter anderem für ein Entsalzungsverfahren nach dem Kreislaufprinzip. Durch die Weiterbildung und den Austausch von mehr als 80 Nachwuchsforschenden ist auch ein synergetisches Fachnetzwerk aufgekommen, in dem die Arbeit weitergeführt wird. Das ResourSEAs-Team baut jetzt aktiv Partnerschaften mit Salinen im Mittelmeerraum auf, um eine erste echte Anlage aufzustellen und Mineralien aus Europa für Europa zu erzeugen. Meerwasser könnte Europas nachhaltige Lösung zum „Abbau“ kritischer Rohstoffe werden.
Schlüsselbegriffe
SEArcularMINE, Saline, Bitterstoff, kritische Rohstoffe, Elektromembranverfahren, Lithium, Mineralien, Bergbau, Sole, Entsalzung