Kultur: Die Vergangenheit gibt ihre Geheimnisse preis
Hierbei handelt es sich um eine KI-Transkription.
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Abigail Acton
Das ist CORDIScovery. Willkommen zu dieser Folge von CORDIScovery. Ich bin Abigail Acton und begrüße Sie herzlich. Wir sehen Kulturgüter, hören vor Jahrhunderten komponierte Musik, und wenn wir Glück haben, können wir Stücke anfassen, die von längst vergessenen Kunstschaffenden angefertigt wurden. Aber wie wäre es damit, den Geruch einer historischen Szene oder ein nicht mehr hergestelltes Objekt zum Leben zu erwecken? Wenn wir uns alten Handschriften zuwandten, um die Vergangenheit zu verstehen, haben wir uns lange Zeit auf das konzentriert, was auf Pergament und Velin niedergeschrieben war.
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Abigail Acton
Aber was kann uns das Material selbst über das Leben der Tiere, deren Häute genutzt worden, und der Menschen, die sie pflegten, erzählen? Da die Vergangenheit nicht ohne die Artefakte selbst erforscht werden kann, werden wir heute auch betrachten, wie historische Gebäude vor der Gefahr von Erdbebenschäden und Erschütterungen zu bewahren und zu schützen sind. Allein in Italien gibt es 818 registrierte Baudenkmäler und Stätten, die von extremen Wetterereignissen,
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Abigail Acton
der seismischen Aktivität des Landes und weiteren Umweltfaktoren bedroht sind. Daher ist es überaus wichtig, Schäden vorherzusehen und festzustellen, wo Strukturen bereits geschwächt wurden. Vom Kurzlebigem bis zum Massiven: Wie haben alle drei Gäste den Artefakten, die unser Leben bereichern, eine neue Stimme verliehen? Inger Leemans, Professorin für Kulturgeschichte an der Vrije Universiteit Amsterdam und Forscherin an der Königlichen Niederländischen Akademie der Wissenschaften, erkundet diese neuen Wege mithilfe von EU-Finanzmitteln.
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Abigail Acton
Ihre Forschungen umfassen Themen wie die Geschichte der Sexualität und der Emotionen sowie Geruchslandschaften der Vergangenheit. Inger Leemans setzt sich leidenschaftlich dafür ein, dass ihre Arbeit allen zugänglich ist. Hallo Inger.
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Inger Leemans
Hallo Abigail.
00:01:46:02 - 00:02:13:13
Abigail Acton
Matthew Collins ist Mitglied der Königlichen Akademien Dänemarks und Schwedens und Vorsitzender der Sektion Archäologie der British Academy. Er hat Lehrstühle an den Universitäten Cambridge und Kopenhagen inne. Matthew erforscht, wie die Archäologie Werkzeuge aus der Biologie nutzen kann, um antike Artefakte und Gewebe von Muscheln über Knochen bis hin zu Pergamenten und Töpfen untersuchen kann. Hallo Matthew. Michela Rossi ist wissenschaftliche Projektleiterin bei der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission.
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Abigail Acton
Zu ihren Hauptforschungsinteressen zählen Bewertungen der Sicherheit von Tragwerken historischer Gebäude, die Erdbebennachrüstung und energetische Renovierung vorhandener Gebäude, die Überwachung des baulichen Zustands von Strukturen und die digitale Fertigung. Herzlichen Willkommen, Michela.
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Michela Rossi
Hallo Abigail.
00:02:28:01 - 00:02:47:16
Abigail Acton
Inger, ich wende mich zuerst an Sie. Das Projekt ODEUROPA hat sich zum Ziel gesetzt, den am schwierigsten zu definierenden Sinnesreiz zu ergründen: den Geruch. Und um die Sache noch anspruchsvoller zu gestalten, konzentrierte sich die Projektarbeit auf Gerüche aus der Vergangenheit. Museen versuchten bereits, Geruch als Teil eines Ausstellungserlebnisses zu vermitteln. Wie kam es dazu, diese Idee weiter zu verfolgen?
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Inger Leemans
Nun, ich hatte die großartige Gelegenheit, mit einem der Pioniere in Sachen Geruch, dem Rijksmuseum, an einem Pilotprojekt zu arbeiten. Nun, ich hatte die Gelegenheit, mit einer der Pionierinnen in Sachen Geruch, Caro Verbeek, und dem Rijksmuseum, an einem Pilotprojekt zu arbeiten. Und dann haben wir uns gedacht, wie schön es wäre, wenn das auch für eine digitale Kulturerbe-Sammlung ermöglicht werden könnte. Wenn Sie zum Beispiel auf die Website des Louvre gehen, dann würden Sie nicht nach Künstlerinnen und Künstlern, sondern danach suchen, wie das Gemälde riecht, oder wie das bei einem Text sein könnte.
00:03:16:12 - 00:03:26:23
Inger Leemans
Und dann startete die Europäische Union einen Aufruf zu dem Thema, die Sammlungen des digitalen Erbes erfahrbarer zu gestalten. An diesem Punkt dann haben wir gedacht: Ja! Geruch!
00:03:27:04 - 00:03:41:17
Abigail Acton
Ja, das ist eine lustige Kombination. Okay. Dabei geht es um Beschreibungen von Gerüchen, die Sie hier einsetzen, denn wenn wir uns Gerüche in Museen vorstellen, dann werden sie natürlich irgendwie in die Atmosphäre um uns herum freigesetzt. Hier geht es aber um eine Beschreibung der Art von Gerüchen. Ist das korrekt?
00:03:41:22 - 00:04:08:02
Inger Leemans
Ja. In einem Großteil des Projekts geht es tatsächlich darum, historische Texte, Gemälde und Drucke für die Nase zu öffnen, um über das Geruchsgeschehen in der Vergangenheit nachzudenken. Wir haben deshalb verschiedene Informatikgruppen dazu eingeladen, Methoden für das Sensory Mining, der Gewinnung von Daten über Sinne, zu entwickeln. Und das verlief fantastisch, denn die meisten dieser Gruppen hatten noch nie zuvor mit Gerüchen gearbeitet.
00:04:08:04 - 00:04:23:06
Inger Leemans
Wobei das auch ganz neu ist. Wir mussten von Anfang an darüber nachdenken, woraus ein Geruchsgeschehen eigentlich besteht. Wie kann man dem Computer beibringen, Informationen über Gerüche in historischen Texten und Abbildungen zu erfassen?
00:04:23:08 - 00:04:30:20
Abigail Acton
Können Sie uns ein wenig über die Methodik berichten? Wie wird eigentlich ein Computer für diese Aufgabe trainiert? Sie nutzen sicherlich KI und maschinelles Lernen?
00:04:30:22 - 00:04:55:05
Inger Leemans
Ja, wir verwenden einerseits verschiedene KI-Werkzeuge sowie Text-Mining-Komponenten. Wir kommentieren den Text und trainieren dann den Computer, um automatisch sogenannte „Nasenzeugen“ zu erkennen, also Menschen, die tatsächlich über Gerüche in der Vergangenheit berichten. Zudem gibt es eine Bilderkennungsgruppe, die versucht, Geruchsmomente in historischen Bildern zu erfassen.
00:04:55:05 - 00:05:21:00
Inger Leemans
Denken Sie zum Beispiel daran, wenn sich die Nase einem Objekt annähert. Aber auch an Menschen, die sich die Nase dort zuhalten, wo es scheinbar einen Gestank oder furchtbaren Geruch gibt, wie etwa dann, wenn Christus in die Hölle geht und sich mit dem Geruch dort auseinandersetzt, dem Gestank der Hölle. Die Semantikgruppe hat das alles in einem Wissensgraphen zusammengefasst.
00:05:21:01 - 00:05:34:19
Abigail Acton
Da gibt es natürlich all diese ikonografischen Bilder von Weihrauch und Myrrhe und den Geschenken der drei Könige und so weiter. Aber ich denke, Sie haben auch Alltagsgegenstände wie Bisamäpfel, also Duftstoffbehälter, betrachtet, die im Elisabethanischen Zeitalter häufig vorkommen, und die einem sofort in den Sinn kommen.
00:05:34:21 - 00:05:57:09
Inger Leemans
Ja. Wir haben den Computer darauf trainiert, Bisamäpfel auf den verschiedensten Gemälden oder auch Handschuhe zu erfassen, die ebenso in der frühen Neuzeit stark parfümiert wurden. Und dann ging es um die Textbausteine; wir haben nach historischen Rezepten oder Parfüms gesucht, die für diese Handschuhe oder Bisamäpfel angefertigt wurden.
00:05:57:15 - 00:06:03:22
Abigail Acton
Faszinierend. Sie kombinieren also den Text mit dem Bild, um eine klarere Vorstellung davon zu bekommen, was sich hinter dem Bild verbirgt. Ist das korrekt?
00:06:03:24 - 00:06:23:16
Inger Leemans
Ja. Und das nutzen wir dann auch für Rekonstruktionen und die Neuerschaffung historischer Gerüche. Das ist dann der nächste Teil des Projekts. Im ersten Teil des Projekts geht es wirklich um die KI und die Gewinnung von Daten. Im nächsten Teil des Projekts ging es dann um Geruchsrekonstruktionen und -wiederherstellungen.
00:06:23:16 - 00:06:38:00
Abigail Acton
Sie suchen somit zunächst nach Verweisen und rekonstruieren dann, worauf sie sich beziehen. Erzählen Sie uns davon. Wie gelingt es, ausgehend von einem Bisamapfel auf einem Gemälde das eigentliche Objekt, den Geruch des Objekts oder vielleicht auch etwas anderes nachzubilden?
00:06:38:06 - 00:07:09:10
Inger Leemans
Ja. Hier haben wir mit der Parfümindustrie, tatsächlich einem völlig anderen Wissensgebiet, und auch mit den Kulturerbewissenschaften und Chemiefachleuten zusammengearbeitet, um den Molekülen eines historischen Objekts auf die Spur zu kommen. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Bisamapfel, der Rückstände enthält, oder zum Beispiel alte Bücher, und mithilfe der Gaschromatografie können Sie echte Düfte rekonstruieren, aber auch historische Rezepte,
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Inger Leemans
zum Beispiel für einen Bisamapfel, befolgen. Und manchmal bieten sich eher historische Interpretationen an. Denken wir beispielsweise an den Geruch der Hölle, gibt es derart viele Beschreibungen, wie die Hölle laut den Annahmen aus der frühen Neuzeit gerochen hat, dass wir einen kreativeren Weg einschlagen könnten, um über die Bestandteile des Höllengestanks nachzudenken. Stellen Sie sich also eine Art bestialischen Gestank, etwas Brennendes, Schwefel vor. Ich habe dem Geruch der Hölle nachgespürt.
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Inger Leemans
Das ist wirklich ziemlich widerlich. Ja.
00:07:43:20 - 00:07:46:14
Abigail Acton
Okay, Sie haben das tatsächlich erschaffen, nicht wahr?
00:07:46:16 - 00:07:46:23
Inger Leemans
Ja.
00:07:46:23 - 00:07:49:09
Abigail Acton
Ich verfüge nun über eine kleine Datei, wie die Hölle riechen würde.
00:07:49:15 - 00:08:01:14
Inger Leemans
Wir haben es realisiert, und wir haben damit herumgesprüht, und dann konnten es die Leute vor den Bildern riechen. Dadurch werden die Gemälde lebendiger und auch für die verschiedenen Besucherinnen und Besucher erfahrbarer.
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Abigail Acton
Auf jeden Fall. Ja, genau, für verschiedene Arten von Besucherinnen und Besuchern. Das ist wahr. Wegen Ihrer Anregung der Sinne. Das könnten für bestimmte Besucherinnen und Besuchern die wichtigsten Sinne sein.
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Inger Leemans
Ja. Man kann darüber nachdenken, Menschen physisch herauszufordern, aber es zum Beispiel auch für Gruppen einzusetzen. Und das wirklich Großartige daran, Gerüche in den Kontext des Kulturerbes einzubringen, ist, dass sich dadurch Gespräche mit den Menschen ergeben, denn das, was sie riechen, ist sozusagen demokratisch. Jeder und jede von uns hat etwas zu sagen, wenn es um Gerüche geht. Sie können Ihre eigenen Erfahrungen einbringen und sie weitergeben.
00:08:38:07 - 00:08:43:11
Abigail Acton
Es geht sofort los. Dahinter steckt kein Denkprozess. Es trifft uns einfach unmittelbar und wir reagieren.
00:08:43:13 - 00:08:45:20
Inger Leemans
Es löst sehr starke Emotionen aus.
00:08:45:24 - 00:08:50:05
Abigail Acton
Vor allem Ihr Geruch der Hölle sollte offenbar nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
00:08:50:07 - 00:09:05:00
Inger Leemans
Das Schöne am Höllengestank ist, dass er die Menschen wirklich fesselt. Sie waren davon fasziniert, es war schrecklich, aber trotzdem wollten sie es ständig riechen, was durchaus mit einer Sünde zu vergleichen ist. Ich denke, sündigen sollten wir nicht. Aber die Menschen taten es trotzdem.
00:09:05:00 - 00:09:15:13
Abigail Acton
Es zog sie magisch an. Sehr gut. Das ist wunderbar. Ich liebe dieses Projekt. Super. Vielen Dank, dass Sie uns das erklärt haben. Hat jemand eine Frage an Inger? Ja, Michela, hast du eine Frage?
00:09:15:15 - 00:09:41:23
Michela Rossi
Ja, eigentlich habe ich eine erste Frage, aber ich meine, Inger hat die Antwort schon gegeben, denn ich war neugierig, ob es ihnen gelungen ist, diese Art Geruch in einer Laborumgebung zu reproduzieren. Die Antwort lautet somit: Ja. Meine zweite Frage ist, ob Sie die Idee verfolgen, die Emotionen, die von den Gerüchen der Vergangenheit ausgelöst werden, mit den Reaktionen zu vergleichen, die sie heute bei einem Menschen hervorrufen.
00:09:42:00 - 00:09:50:04
Michela Rossi
Ich denke, dass die Reaktion in der Vergangenheit anders ausfiel, als sie bei einer Person in unserer modernen Welt hervorgerufen wird.
00:09:50:06 - 00:09:52:07
Abigail Acton
Das ist eine sehr interessante Frage, Michela. Inger, was denken Sie?
00:09:52:12 - 00:10:33:16
Inger Leemans
Ja, wir denken darüber unter Berücksichtigung der Zeiträume nach. Das Riechen und die Bedeutungen, die mit dem Geruch verbunden sind, konnten etwa im 17. und 18. Jahrhundert ganz anders als heute sein. Der Höllengestank, von dem ich gerade gesprochen habe, hatte eine völlig andere religiöse und moralische Bedeutung als für uns heute. Riechen wir Schwefel, denken wir zum Beispiel an Streichhölzer, oder wenn wir an Weihrauch denken, kommen uns wahrscheinlich Teenager in den Sinn, die in ihren Zimmern Weihrauch abbrennen, und nicht eine religiöse Zeremonie in einer Kirche oder Synagoge.
00:10:33:16 - 00:10:48:16
Abigail Acton
Und in der Tat haben wohl auch wir die Vorstellung, dass Waren, die teuer sind, begehrenswert sind. So gibt es vielleicht Düfte, die wir als wunderbar empfinden, weil wir wissen, dass sie selten und teuer sind. Und das verändert sich vermutlich auch je nach Zeitalter für die Nase.
00:10:48:18 - 00:11:02:04
Inger Leemans
Aber sicher. Außerdem wurde viel Wert auf die Aromatherapie gelegt. Der Einsatz des Geruchssinns folgte eher einen medizinischen Zweck.
00:11:02:06 - 00:11:24:16
Abigail Acton
Das ist einfach wunderbar. Ich danke Ihnen vielmals. Wirklich überaus faszinierend. Matthew, ich wende mich jetzt an Sie. Im Rahmen des Projekts Beasts 2 Craft wurden biologische und handwerkliche Aufzeichnungen auf Pergament dokumentiert, um die miteinander verflochtenen Geschichten der Tierhaltung und Pergamentherstellung in Europa von 500 bis 1900 n. Chr. aufzudecken. Bio-Kodikologie, Matthew, ein neuer Begriff für einen völlig neuen Ansatz.
00:11:24:18 - 00:11:36:07
Abigail Acton
Dahinter verbirgt sich eine weitere faszinierende Idee, mit der uns vertraute Artefakte auf eine völlig andere Art und Weise erforscht werden. Ich wiederhole deshalb die erste Frage, die ich bereits Inger gestellt habe, und frage: Woher kam diese Idee, Matthew?
00:11:36:09 - 00:12:12:15
Matthew Collins
Die Idee entstand aus dem Misserfolg, der Herausforderung bei dem Versuch, Tierpopulationen auf der Grundlage fragmentierter Überreste zu identifizieren, denn wenn wir Tiere verzehren und verarbeiten, neigen wir dazu, sie zu zertrümmern. Ich hatte einen armen Studenten, der versuchte, die Altersstruktur von Wikinger-Rinderpopulationen aus der Eisenzeit zu ermitteln, und nur in der Lage war, 12 bis 29 Tiere aus etwa 4000 Fragmenten zu identifizieren, nur um dann durch ein Archiv zu gehen und festzustellen, dass jedes einzelne Dokument aus der Haut eines Tieres hergestellt war.
00:12:12:15 - 00:12:35:15
Matthew Collins
Ich sah mir Zehntausende Dokumente an und dachte: Das ist ein außergewöhnliches biologisches Dokument. Wir haben hier die Häute von Tieren, die im Falle von rechtlichen Dokumenten mit dem Datum versehen sind, und außerdem mit dem Ort, an dem das Rechtsdokument unterzeichnet wurde: Was für ein unglaublich wertvolles biologisches Archiv!
00:12:35:18 - 00:12:54:13
Abigail Acton
Ja, was für eine Ressource. Und eine faszinierende neue Sichtweise auf das Konzept. Wir alle grübeln über dem Geschriebenen herum und haben Mühe, mit dem mittelalterlichen Latein zurechtzukommen. Dabei hat uns auch die Unterlage selbst dermaßen viel zu berichten. Erzählen Sie mir, wie Sie bei der Analyse vorgegangen sind. Woran genau hat Ihr Team gearbeitet?
00:12:54:15 - 00:13:27:18
Matthew Collins
Das Team startete mit der schrecklichen Erkenntnis, dass wir ungeachtet der riesigen Mengen an Material nicht einmal den allerkleinsten Pergamentschnipsel mitnehmen durften. Aus purer Verzweiflung, und oft werden die besten Ideen aus der Verzweiflung geboren, untersuchte Sarah Fiddyment, auf die der Begriff Bio-Kodikologie zurückgeht, sämtliche Abfallprodukte einer Restaurierungswerkstatt in York und analysierte alles, was dort nach der Behandlung des Pergaments weggeworfen wurde.
00:13:27:20 - 00:13:52:20
Matthew Collins
Und zu unserer großen Freude entdeckten wir, dass dort ein trockener PVC-Radiergummi wie man ihn in der Schule benutzt, um Bleistiftstriche wegzuradieren, üblicherweise dazu verwendet wird, um den Schmutz von der Oberfläche des Pergaments zu entfernen. Es stellte sich heraus, dass er eine fabelhafte Falle ist, zum einen für Proteine und schließlich auch für DNS. Das gab natürlich dem gesamten Projekt eine völlig neue Wendung.
00:13:52:22 - 00:14:15:11
Matthew Collins
Wir mussten nicht länger Restaurierungswerkstätten, Archive und Bibliotheken fragen, ob wir bitte kommen und Proben nehmen könnten. Stattdessen sprachen wir mit den Restaurierenden und sagten: Werfen Sie bitte den Abfall nicht weg. Hier sind einige Schachteln mit kleinen Röhrchen drin. Legen Sie den Abfall bitte dort hinein. Wenn Sie dann fertig sind, schicken Sie uns die Schachtel zu, und wir analysieren sie für Sie.
00:14:15:13 - 00:14:27:21
Abigail Acton
Fantastisch. Das ist wunderbar. Das ist einer dieser Heureka-Momente. Faszinierend. Und stört der Gummi selbst nicht, ist er derart inaktiv? Kommen die Spuren des Radiergummis nicht der Analyse in die Quere?
00:14:27:22 - 00:14:36:14
Matthew Collins
Interessant ist, dass er zunächst die Daten und Proteine zu stabilisieren scheint, sodass wir die Kisten mit dem Radiergummiabrieb lange Zeit bei Raumtemperatur stehen lassen können.
00:14:36:20 - 00:14:37:24
Abigail Acton
Sie sind darin gefangen, nehme ich an.
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Matthew Collins
Sie sitzen in der Falle. Und zweitens können wir sie dann einfach chemisch von der Oberfläche abheben, und was die Analyse angeht, so sehen wir bei der Art der von uns durchgeführten Analyse kein zusätzliches Signal. Wenn wir nach Metaboliten, also organischen Makromolekülen suchen würden, würden wir sicherlich Bestandteile in einem Radiergummi finden. Aber diese Analysen führen wir nicht durch.
00:14:58:20 - 00:15:12:00
Matthew Collins
Das hat dazu geführt, dass wir nicht mehr in Bibliotheken gehen müssen, sondern über 7 000 Pergamentproben analysieren konnten, die unseren Labors von diesen Restaurationswerkstätten zugesandt wurden. Und sie haben sich natürlich sehr für das Projekt engagiert.
00:15:12:02 - 00:15:13:04
Abigail Acton
Nun, es ist wirklich faszinierend.
00:15:13:05 - 00:15:26:17
Matthew Collins
Das erinnert mich an das, was Inger gesagt hat, nämlich dass bei der Demokratisierung dieser Arbeit, die ich in diesem Bereich wirklich spannend finde, niemand über Expertenwissen verfügt, wie man sehr schnell lernt. Und wenn man zusammenarbeitet, lernt man weitaus mehr.
00:15:26:19 - 00:15:41:15
Abigail Acton
Das ist wunderbar. Ausgezeichnet. Und jetzt erzählen Sie mir, was genau haben Sie gemacht? Sie haben also diese Proben, die von überall her zu Ihnen kommen, was natürlich wesentlich effizienter ist und die Neugierde vieler Leute weckt usw. Welche Art von Analyse haben Sie denn eigentlich durchgeführt?
00:15:41:21 - 00:16:03:24
Matthew Collins
Wir begannen mit einer sehr einfachen Frage und haben mithilfe der Proteomik erkundet, welche Tierhaut zur Herstellung dieses Pergaments diente. Und so ging es zuallererst darum: Pergament wird sehr oft als „Velin“ in der Bedeutung „sehr feines Pergament“ bezeichnet, abgeleitet von dem Wort „veal“ (Kalbfleisch), also für Kalbsleder. Die Vorstellung bestand darin, dass die allerfeinsten Pergamente immer aus Kalbsleder hergestellt wurden.
00:16:04:01 - 00:16:24:07
Matthew Collins
Wir konnten recht früh nachweisen, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Im Wirklichkeit wurden sie aus dem örtlichen Viehbestand in der Nähe des Herstellungsortes angefertigt. Wichtig dabei waren eigentlich die fächerübergreifenden Kompetenzen. Wir hatten bei unserem Projekt das große Glück, dass die wichtigsten Projektmitglieder Pergamenthersteller waren. Deshalb konnte er uns allen die Stofflichkeit, das Aussehen und die Haptik dieses Materials wirklich erklären.
00:16:24:09 - 00:16:52:07
Matthew Collins
Und sobald wir das erledigt hatten, stellten wir weitere Fragen, und daraus ergaben sich immer mehr Fragen, und immer so weiter. Wie wurde das Pergament hergestellt, welche Art von Salzen wurden verarbeitet? Welches Geschlecht hatte das Tier, das zur Anfertigung von Pergament verwendet wurde? Wir wissen, dass das ein sehr reichhaltiges biologisches Material ist. Wir können sogar so weit gehen, zu fragen, wie die Niederschläge im Frühjahr des Jahres ausfielen, in dem das Tier geschlachtet wurde.
00:16:52:09 - 00:16:54:08
Matthew Collins
Das ist wirklich außergewöhnlich.
00:16:54:10 - 00:17:03:15
Abigail Acton
Es ist verblüffend. Ich meine, damit geht es noch einen Schritt weiter als beim Zählen der Jahresringe an Bäumen voran. Brilliant. Und können Sie uns einige der Dinge nennen, die Sie herausgefunden haben?
00:17:03:17 - 00:17:11:15
Matthew Collins
Da das immer weitergeht, ist das sehr schwer zu beantworten, weil buchstäblich jedes Mal, wenn ein neues Objekt erforscht wird, eine andere Geschichte zutage kommt.
00:17:11:16 - 00:17:14:02
Abigail Acton
Wählen Sie Ihre Lieblingsgeschichte aus. Wählen Sie Ihre Lieblingsgeschichte aus.
00:17:14:04 - 00:17:36:16
Matthew Collins
Meine Lieblingsgeschichte dreht sich um ein Buch, dass wir uns schon sehr früh angeschaut haben. Dort konnten wir sehen, dass zwei Schreiber diesen Text geschrieben haben, und dass sie sich vorgenommen hatten, diesen Text mit einer sehr geordneten Struktur aus Kalb- und Schafleder zusammen zu schreiben. Und dann passiert etwas sehr Seltsames in der Mitte und das Kalbleder, das für einen qualitativ besseren Text genutzt werden soll, ist plötzlich ganz aufgebraucht.
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Matthew Collins
Und dann im allerletzten Abschnitt des Buches, das ein Buch aus Canterbury aus dem 12. Jahrhundert, ein Lukasevangelium, ist, und zum Großteil aus Schafleder besteht, gab es in der Mitte ein Stück Ziegenleder, und wir erkannten, dass dies wahrscheinlich ein Scherz des Schreibers war. Der ursprüngliche Schreiber scheint erkannt zu haben, dass er den Text nicht vollenden konnte und das Kalbleder aufgebraucht war.
00:18:01:12 - 00:18:33:02
Matthew Collins
Und dann schrieb er das Gleichnis vom verlorenen Sohn, in dem, wie Sie sich erinnern, der ältere Sohn zu Hause bleibt und nicht weggeht und sich darüber beklagt, dass er nicht einmal eine Ziege bekommt, um mit seinen Freunden ein Festmahl feiern zu können. Und kurz nachdem er diesen Text geschrieben hat und bevor er das Buch dem zweiten Schreiber überlässt, der ein minderwertiges Schafleder verwenden muss, fügt er genau in der Mitte zwei Häute ein, die vordere Hälfte einer von Flöhen geplagten Ziege.
00:18:33:04 - 00:18:47:14
Matthew Collins
Und da wir in englischen Dokumenten fast nie wieder Ziegenleder sehen, vermute ich, dass das seine letzte Anmerkung war: Ich habe das beste Kalbleder aufgebraucht. Hier ist ein bisschen Ziegenleder. Und jetzt kommt der zweite Schreiber, der einfach nur miserables Schafleder zu Verfügung hat.
00:18:47:14 - 00:18:54:08
Abigail Acton
Weiter geht es mit Schafleder. Ich meine, der Zufall ist wirklich ein bisschen zu groß, nicht wahr? Ja, das ist es. Das ist eine wunderbare Geschichte.
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Matthew Collins
Es gibt so viele Geschichten wie diese. An jeder Ecke erwarten uns neue Geschichten.
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Abigail Acton
Fantastisch. Ausgezeichnet. Was ist Ihrer Meinung nach der nächste Schritt in dieser Forschungsrichtung?
00:19:06:08 - 00:19:19:06
Matthew Collins
Nun, ich meine, das ist eine interessante Frage. Der Bereich scheint zu wachsen und zu wachsen. Die Tatsache, dass wir jetzt Erreger auf der Hautoberfläche sehen können, könnte bedeuten, dass wir die Erreger der Koevolution dokumentieren können.
00:19:19:08 - 00:19:26:20
Abigail Acton
Wenn Sie von Krankheitserregern und den Erregern der Koevolution sprechen, was meinen Sie damit genau? Welche Art von Krankheitserregern und was verstehen Sie unter Koevolution?
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Matthew Collins
Wir beginnen jetzt damit, die DNS auf der Oberfläche zu untersuchen, und wir stellen fest, dass Krankheitserreger von Tieren vorhanden sind, die wahrscheinlich aus der Schlachterei stammen, wo die Pergamente angefertigt wurden. Die eine Frage dreht sich somit um die Beziehung zwischen diesen Krankheitserregern und dieser Evolution. Zweitens denke ich, dass die Genetik der Tiere und wie sie sich in Raum und Zeit verändert, faszinierend ist, ebenso wie die Analyse von Texten und Kopierfehlern in Texten.
00:20:02:16 - 00:20:23:16
Matthew Collins
Dabei werden sehr ähnliche mathematische Instrumente verwendet, wie sie in der Genetik zum Einsatz kommen. Und das bedeutet natürlich, dass es auf jeder einzelnen Haut einen Text gibt, der auf der Oberfläche niedergeschrieben ist, mit einer Geschichte des Kopierens dieser Texte, und in Bezug auf die Genetik, die Tiere und den Effekt des Kopieren der Geschichte, die Vorfahren der Tiere selbst.
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Abigail Acton
Sie arbeiten jetzt parallel. Faszinierend. Ich danke Ihnen vielmals. Das war eine wunderbare Erklärung. Hat jemand eine Frage an Matthew? Ja bitte, Inger.
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Inger Leemans
Ja, ich habe eine sehr naheliegende Frage. Zumindest für mich, versteht sich. Nutzen Sie Ihr Nasenwissen?
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Matthew Collins
Wir sollten wie Inger denken. Wir sollten wie sie an die Sache herangehen, tun es aber nicht. Denn eines der Dinge, die wir nicht gut erkennen können, sind Schafe und Ziegen. Und Sie wissen jedoch durch Ihre Nase, dass sie sehr unterschiedlich riechen. Ich meine, der Ziegengeruch ist ziemlich deutlich. Ich denke, das ist eines der Dinge, die wir mehr nutzen sollten.
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Matthew Collins
Denn das wäre eine weitere sensorische Komponente. Und ich stelle auch die Frage, denn wenn frisches Ziegen- und Schafsleder hergestellt werden, sind sie visuell eigentlich kaum zu unterscheiden. Aber ich wette, dass die Schriftgelehrten damals den Unterschied riechen konnten.
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Inger Leemans
Aber sicher.
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Abigail Acton
Da könnten Sie erneut die Gasspektrometrie einsetzen. Wunderbar. Okay, danke. Ich werde mich Michela zuwenden. Wir sind vom völlig substanzlosen Konzept des Geruchs zu greifbaren und abstrakten Ideen von Bildern und so weiter und einer Feinabstimmung der Genetik übergegangen. Und jetzt, Michela, kommen wir zu einem wirklich großen Thema. Wir werden uns an gewaltige, starke Gebäude wagen, denn das STRETCH-Team hat ein neues Sensorsystem entwickelt, das nichtinvasiv an empfindlichen Denkmälern und Gebäuden angebracht werden kann, um deren strukturelle Integrität zu bestimmen
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Abigail Acton
und zum Beispiel die Auswirkungen eines Erdbebens oder der Erschütterungen durch den Verkehr aufzuzeigen. Michela, was hat Sie dazu inspiriert, sich dafür zu interessieren, wie Monumentalbauten Erdbeben standhalten?
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Michela Rossi
Nun, ich als Bauingenieurin und Architektin war schon immer von der Erhaltung historischer Baustrukturen fasziniert. Ein Erfahrung, die ich 2009 machen musste, hat mich wirklich geprägt und wahrscheinlich meine zukünftige Karriere beeinflusst. Damals hatte ich gerade mein Studium abgeschlossen, und die mich betreuende Person lud mich ein, an einer Vermessungskampagne teilzunehmen und die vom Erdbeben von L’Aquila betroffenen historischen Zentren in Mittelitalien zu untersuchen, um den Zustand der Schäden zu beurteilen und Dokumentationen zu sammeln.
00:22:36:12 - 00:23:10:08
Michela Rossi
Ich ergriff diese Gelegenheit, und es stellte sich heraus, dass es eine sehr wertvolle Erfahrung war. Aber natürlich war die Verwüstung aus erster Hand etwas ganz anderes, wir sprechen hier über gewöhnliche historische Gebäude, von monumentalen Bauten wie Kirchen und Palästen, die in Trümmern lagen. In diesem Moment wusste ich, dass ich etwas tun wollte, irgendetwas, um mit meiner Arbeit solche Zerstörungen in Zukunft zu verhindern.
00:23:10:10 - 00:23:27:14
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Ja, das war eine starke Motivation. Was wurde im Rahmen von STRETCH entwickelt? Sie sagten, Sie wollten versuchen etwas tun, um zu verhindern, dass sich so etwas in Zukunft wiederholt, soweit dies möglich ist. Womit beschäftigt sich STRETCH? Was wurde entwickelt?
00:23:27:16 - 00:24:02:08
Michela Rossi
Das STRETCH-Projektteam erforscht eine neuartige technologische Lösung zur gleichzeitigen Nachrüstung in Verbindung mit einer Überwachung des Zustands von Strukturen, die speziell auf Gebäude des kulturellen Erbes zugeschnitten ist. Die Grundlage dieser Technologie bildet der Einsatz hochfester, leichter Textilien, die aus Kohlenstoff, Glas, Basalt oder sogar Naturfasern wie Hanf, Flachs und Sisal bestehen können, die in eine Mörtelmatrix eingebettet werden.
00:24:02:10 - 00:24:38:14
Michela Rossi
Und das Ergebnis dieses formbaren Kombinationsmörtels ist ein Verbundwerkstoff, der auf die Außenwände des zu vermessenden Gebäudes aufgetragen werden kann, um den Strukturen zusätzliche Festigkeit zu verleihen. Aber im Rahmen von STRETCH dachten wir, warum sollten wir bei dieser Technologie nur das Textil in den Mörtel einbetten, und nicht auch einen Sensor, der Anomalien in der Struktur erkennen kann, und nicht nur in der Struktur, sondern auch Veränderungen weiterer Parameter wie Temperatur und Feuchtigkeit.
00:24:38:14 - 00:24:51:14
Michela Rossi
Und so haben wir eine Art intelligentes Multifunktionsmaterial entwickelt, mit dem gleichzeitig das Gebäude nachgerüstet und der Zustand des Gebäudes überwacht werden kann.
00:24:51:19 - 00:25:09:16
Abigail Acton
Großartig. Ausgezeichnet. Fantastisch. Es handelt sich also um eine Art Materialflicken. Wie groß sind die Materialstücke und wo werden sie am Gebäude platziert? Setzen Sie am Fundament oder weiter oben an? Ich könnte mir vorstellen, dass sie weiter oben angebracht werden, weil sie dort besser auf Erschütterungen reagieren würden. Wo kommt das Material hin und wie groß ist es?
00:25:09:18 - 00:25:41:04
Michela Rossi
Ja, das Material wird die gesamte Fläche der zu vermessenden Wand bedecken. Wir können jedoch auch entscheiden, es nicht auf die gesamte Oberfläche aufzutragen, sondern einen bestimmten Teil des Gebäudes auszuwählen, der besonders gefährdet ist. Und diese Schwachstellen können durch das Überwachungssystem erfasst werden. Mit diesem integrierten Überwachungssystem können wir die Wirksamkeit des angewandten Nachrüstungssystems kontrollieren.
00:25:41:06 - 00:25:53:13
Michela Rossi
Es handelt sich somit um eine Art Nervensystem, das das Gebäude überwacht und mit dem mögliche Probleme in Echtzeit erkannt und gemeldet werden können.
00:25:53:15 - 00:26:01:06
Abigail Acton
Diese Berichterstattung ist faszinierend, denn sie führt mich natürlich direkt zu meiner nächsten Frage: Sie sammeln mit diesen Sensoren Daten, aber was passiert dann mit den Daten? Wohin gehen sie und wer sieht sie?
00:26:01:08 - 00:26:40:06
Michela Rossi
Ja, wir haben uns für den Einsatz der Glasfasersensortechnologie entschieden, weil diese Sensoren in der Lage sind, über weite Strecken all diese Veränderungen zu erkennen, und gleichzeitig bilden sie auch das Mittel, um diese Daten zu übermitteln. Und zwar zu einer Art Box, einer Station, der sogenannten Abfrageeinheit, wo alle Daten gesammelt werden. Dort können sie lokal analysiert werden, oder sie können sie sogar an ein Fernsteuerungssystem oder eine Zentralstation über drahtgebundene Kommunikation, aber auch über drahtlose Kommunikation gesendet werden.
00:26:40:08 - 00:26:58:02
Michela Rossi
Der beste Weg, diese Art eines Systems zu nutzen, besteht in der Anwendung des Internets der Dinge, damit wir diese Daten aus der Ferne senden können. Im Folgenden können wir die Daten analysieren und auf diese Weise einen Weg finden, unsere Gebäude zu verwalten.
00:26:58:05 - 00:27:22:00
Abigail Acton
Im Grunde ist es dann so, dass das Unsichtbare sichtbar wird. Ich mag die Idee eines Nervensystems. Das Gebäude meldet Ihnen also die Bereiche, in denen es gefährdet ist und in denen Sie möglicherweise über strukturelle Verstärkungen und so weiter nachdenken müssen. Das finde ich faszinierend. Absolut genial. Super. Ich danke Ihnen vielmals. Und wenn Sie sich in die Zukunft versetzen, stellen Sie sich vor, zehn Jahre später oder so, Michela, wo hoffen Sie, dass die von Ihnen entwickelte Technologie eingesetzt wird?
00:27:22:00 - 00:27:25:08
Abigail Acton
Wird sie bereits an einigen Stellen vor Ort angebracht?
00:27:25:10 - 00:27:56:13
Michela Rossi
Ja. Diese Technologie wird bereits an einigen Standorten eingesetzt, aber nicht mit echter Integration eines Überwachungssystems. Eine weitere Idee des Projektteams besteht darin, eine Möglichkeit zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes vorzusehen. Das liegt daran, dass die historischen Gebäude natürlich auch sehr energieineffizient sind. Wenn wir sie also wirklich schützen und vor weiteren Schäden in der Zukunft bewahren wollen, müssen wir in diesem Gebäude wohnen.
00:27:56:14 - 00:28:18:22
Michela Rossi
Wir möchten also in den Gebäuden wohnen und außerdem den Wohnkomfort erhöhen. Ich würde mir auch die Entwicklung eines tatsächlich integrierten Systems zur strukturellen und energetischen Renovierung wünschen, bei dem beispielsweise Mörtel verwendet wird, der nicht nur die mechanischen Festigkeit und die Eigenschaften, sondern auch die Wärmedämmeigenschaften des Materials verbessert.
00:28:19:02 - 00:28:27:14
Abigail Acton
Und das alles, während die Sensoren Ihnen mitteilen, wo es Bereiche gibt, die nachgebessert werden müssen. Das ist einfach wunderbar. Ich danke Ihnen vielmals. Michela. Hat jemand eine Frage an Michela? Ja bitte, Matthew.
00:28:27:16 - 00:28:41:00
Matthew Collins
Ja, ich habe eine Frage. Michela, wie lange wird es angesichts der Tatsache, dass Sie diese Gebäude jetzt so genau überwachen, dauern, bis die von Ihnen gesammelten Daten es Ihnen ermöglichen, ähnliche Bedingungen in Gebäuden ohne Ihr Überwachungssystem vorherzusagen?
00:28:41:02 - 00:29:21:20
Michela Rossi
Ja, das ist eine sehr gute Frage, denn die beste Art und Weise, diese Daten zu nutzen, besteht darin, sie mit einem Beam-Modus zu verbinden, etwa den 3D ReachTEL-Modelldaten, oder sie zu nutzen, um Gebäude zu entwerfen, zu konstruieren und auch zu verwalten. Und eine weitere optimale Idee lautet, diese Daten mit künstlicher Intelligenz zu nutzen. Dabei geht es darum, ein Modell zu erstellen, ein strukturelles numerisches Modell, mit dem die Vorgänge in Echtzeit mit einigen Modellen analysiert werden können, die das Verhalten dieser Gebäude vorhersagen.
00:29:21:20 - 00:29:32:08
Michela Rossi
Auf diese Weise können Sie die Vorhersage Ihres numerischen Modells auf das tatsächliche Geschehen abstimmen. Somit besteht die Idee genau darin, diese Daten zu nutzen, um entsprechend zu reagieren.
00:29:32:10 - 00:29:53:17
Abigail Acton
Ausgezeichnet. Ich danke Ihnen vielmals. Das ist super. Okay. Nun, wir hatten hier drei wunderbare Projekte, die entweder das Kulturerbe auf eine völlig neue Art und Weise zum Leben erwecken oder sicherstellen, dass wir auch im 21. Jahrhundert sowie an seinem Ende und darüber hinaus das antike Erbe genießen können. Vielen Dank für die harte Arbeit, die Sie geleistet haben, und für die Zeit, die Sie heute Vormittag damit verbracht haben, mir über diese Ideen zu berichten.
00:29:53:19 - 00:29:54:20
Abigail Acton
Ich danke Ihnen vielmals.
00:29:54:20 - 00:29:55:17
Inger Leemans
Ich danke Ihnen vielmals.
00:29:55:17 - 00:29:57:01
Matthew Collins
Ich danke Ihnen überaus herzlich.
00:29:57:03 - 00:29:59:10
Michela Rossi
Vielen Dank. Ich danke Ihnen vielmals.
00:29:59:12 - 00:30:21:09
Abigail Acton
Sehr gern geschehen. Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, folgen Sie uns auf Spotify oder Apple Podcasts oder wo auch immer Sie Ihre Podcasts hören, und besuchen Sie die CORDIScovery-Homepage auf der Cordis-Website. Melden Sie sich an, damit Ihnen die spannendsten Forschungsergebnisse der EU-finanzierten Wissenschaft nicht entgehen. Und wenn Ihr Freundeskreis Sie fragt, ob Sie in letzter Zeit gute Wissenschaftspodcasts gehört haben, dann erzählen Sie es doch weiter.
00:30:21:13 - 00:30:45:22
Abigail Acton
Wir haben über die Wirkung von Magie auf Krähen und die Dynamik zwischen Klimawandel und Gewalt gesprochen. In unseren 38 Folgen wird etwas dabei sein, das Ihre Neugierde weckt. Vielleicht möchten Sie wissen, was im Rahmen weiterer EU-finanzierter Projekte getan wird, um unser kulturelles Erbe zu analysieren und zu bewahren. Die CORDIS.EU-Website verschafft Ihnen einen Einblick in die Ergebnisse der innerhalb von Horizont 2020 und Horizont Europa finanzierten Projekte, die sich mit diesem Bereich beschäftigen.
00:30:45:24 - 00:31:11:00
Abigail Acton
Schauen Sie sich die Projekte an, die in einem Pack mit dem Titel Preserving Culture and Cultural Heritage (Kultur und kulturelles Erbe bewahren) zusammengefasst sind. Die Website hat Artikel und Interviews zum Inhalt, in denen es um Forschungsergebnisse aus einem sehr breiten Spektrum von Bereichen mit Themen von Isotopen bis Epitopen geht. Da ist auch für Sie etwas dabei! Vielleicht sind Sie an einem Projekt beteiligt oder möchten eine Finanzierung beantragen. Schauen Sie sich an, was andere in Ihrem Bereich unternehmen, und informieren Sie sich über die Forschung, die zeigt, wie unsere Welt tickt.
00:31:11:02 - 00:31:22:03
Abigail Acton
Wir freuen uns immer, von Ihnen zu hören. Schreiben Sie uns eine Nachricht an editorial@cordis.europa.eu. Bis zum nächsten Mal.
Unserer Vergangenheit Leben einhauchen
Wir sehen Kulturgüter, hören vor Jahrhunderten komponierte Musik, und wenn wir Glück haben, können wir Stücke anfassen, die von längst vergessenen Kunstschaffenden angefertigt wurden. Aber wie wäre es damit, den Geruch einer historischen Szene oder ein nicht mehr hergestelltes Objekt zum Leben zu erwecken? Wenn wir uns alten Handschriften zuwandten, um die Vergangenheit zu verstehen, haben wir uns lange Zeit auf das konzentriert, was auf Pergament und Velin niedergeschrieben war. Aber was kann uns das Material selbst über das Leben der Tiere, deren Häute genutzt worden, und der Menschen, die sie pflegten, erzählen? Da die Vergangenheit nicht ohne die Artefakte selbst erforscht werden kann, werden wir heute auch darüber nachdenken, wie historische Gebäude vor der Gefahr von Erdbebenschäden und Erschütterungen zu bewahren und zu schützen sind. Allein in Italien gibt es 818 registrierte Baudenkmäler und Stätten, die von extremen Wetterereignissen, der seismischen Aktivität des Landes und weiteren Umweltfaktoren bedroht sind. Daher ist es überaus wichtig, Schäden vorherzusehen und festzustellen, wo Strukturen bereits geschwächt wurden. Wie haben unsere drei Gäste den Artefakten, die – vom Kurzlebigem bis zum Massiven –, unser Leben bereichern, eine neue Stimme verliehen? Diese neuen Wege werden mithilfe von EU-Finanzmitteln erforscht. Mit dabei ist Inger Leemans, Professorin für Kulturgeschichte an der VU Amsterdam und Forscherin an der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften. Ihre Forschungen zu den Geruchslandschaften der Vergangenheit wurden im Rahmen des Projekts ODEUROPA durchgeführt. Leemans setzt sich leidenschaftlich dafür ein, dass ihre Forschung allen Interessierten zugänglich werden. Matthew Collins ist Mitglied der Dänischen und der Schwedischen Königlichen Akademie und Vorsitzender der Sektion Archäologie der British Academy. Er hat Lehrstühle an den Universitäten Cambridge und Kopenhagen inne. Im Rahmen des Projekts Beasts 2 Craft erkundete Collins, wie die Archäologie Werkzeuge aus der Biologie nutzen kann, um antike Artefakte und Gewebe von Muscheln und Knochen bis zu Pergament und Töpfen zu untersuchen. Michela Rossi ist wissenschaftliche Projektleiterin bei der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission. Das Team des Projekts STRETCH befasste sich mit der Bewertung der Sicherheit von Tragwerken historischer Gebäude, der Erdbebennachrüstung und energetischen Renovierung vorhandener Gebäude, der Überwachung des baulichen Zustands von Strukturen und der digitalen Fertigung.
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Schlüsselbegriffe
ODEUROPA, Beasts 2 Craft, STRETCH, Geruchslandschaften, Denkmäler, Pergament, Archäologie, Biologie, Nachrüstung, Geruch, Erdbeben