Bekämpfung seltener Krankheiten durch genetisches Screening bei Geburt
Das Ziel im Projekt SCREEN4CARE ist, dass in Europa bei jedem Neugeborenen genetisches Screening auf verschiedene seltene Krankheiten durchgeführt wird. Mit genetischen Checks bei Neugeborenen und KI-gestützter Datenanalyse könnte die Diagnose und Behandlung seltener Krankheiten, von denen an die 36 Millionen Menschen in der EU betroffen sind, beschleunigt werden. „Das genetische Screening hat den großen Vorteil, dass genauere Daten zu mehr seltenen Krankheiten generiert werden“, berichtet Alessandra Ferlini, eine Assistenzprofessorin an der Universität Ferrara, dem SCREEN4CARE-Projektträger in Italien, in einem Artikel im „Horizon Magazine“. Von den 6 000–8 000 bekannten seltenen Krankheiten sind etwa 80 % genetischen Ursprungs und 70 % treten in der Kindheit auf. Die Studie zum genetischen Screening Neugeborener im Rahmen von SCREEN4CARE wird in Italien anlaufen und dann auf andere EU-Länder ausgeweitet. Dabei werden etwa 25 000 Neugeborene einem genetischen Screening auf 245 behandelbare seltene Krankheiten unterzogen. Dafür werden zwei Tage nach der Geburt fünf Blutstropfen entnommen, mit denen eine Sequenzierung der nächsten Generation erfolgt.
Je früher, desto besser
Durch das Screening der Neugeborenen können nicht nur schneller Diagnosen gestellt werden, es werden auch wertvolle Forschungsdaten zu seltenen Krankheiten erhoben und wirksamere Behandlungen gefördert. „Familien könnten nachvollziehen, was mit ihrem Kind geschieht, die notwendige Unterstützung und Pflege finden und finanzielle Hilfe erhalten“, so Gulcin Gumus, Leiterin für Forschung und Politik bei EURORDIS – Rara Diseases Europe (Frankreich), einem SCREEN4CARE-Projektpartner in Form einer gemeinnützigen Allianz aus über 1 000 Patientenorganisationen für seltene Krankheiten aus 74 Ländern. Nach einer Umfrage aus 2024 von EURORDIS – Rare Diseases Europe vergehen aktuell etwa 4,7 Jahre, bis eine seltene Krankheit nach dem Auftreten erster Symptome diagnostiziert wird. Mit dem genetischen Screening von Neugeborenen wird nicht nur die Diagnosezeit erheblich verkürzt, sodass Betroffene weniger leiden und Unsicherheit erleben, auch die Ressourcen des Gesundheitswesens können effizienter eingesetzt werden.
Einheitlichkeit ist der Schlüssel
In dem Artikel heißt es weiter, dass das Screening derzeit von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt, von Tests auf mehr als 40 Krankheiten (Italien) bis zu nur zwei (Rumänien). „Ein einheitlicher Ansatz zum Screening der Neugeborenen in allen EU-Mitgliedstaaten ist eine wichtige Möglichkeit, den gerechten und zeitnahen Zugang zur Diagnose seltener Krankheiten für die europäische Bevölkerung sicherzustellen“, erklärt Aldona Zygmunt, Leiterin für Politik und Öffentlichkeitsarbeit bei Pfizer, einem Projektpartner von SCREEN4CARE im Vereinigten Königreich. Im Rahmen der Forschungsarbeit hat das SCREEN4CARE-Team eine Studie durchgeführt, um die Erwartungen und Erfahrungen der Mitglieder in Europäischen Referenznetzwerken hinsichtlich der Nutzung von Technologien des maschinellen Lernens für die Diagnose seltener Krankheiten einzuholen. Bei einer weiteren Studie im Rahmen des Projekts wurde geprüft, wie Anbieter von KI-Diensten die Verbreitung von KI in komplexen Gesundheitssystemen wahrnehmen und mit ihr umgehen. SCREEN4CARE (Shortening the path to rare disease diagnosis by using newborn genetic screening and digital technologies) wird über die Initiative Innovative Arzneimittel unterstützt, einer Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der europäischen pharmazeutischen Industrie. Das Projekt endet 2026. Weitere Informationen: SCREEN4CARE-Projektwebsite
Schlüsselbegriffe
SCREEN4CARE, Neugeborenes, seltene Krankheit, genetisch, Screening, Diagnose, Baby