Schnellere Arzneimittelforschung für Alzheimer-Krankheit dank genetischer Durchbrüche
Die Alzheimer-Krankheit ist ein großes gesellschaftliches Problem, vom dem bis zu einem Drittel der Bevölkerung über 85 Jahren betroffen ist. Die wirksame Behandlung der Erkrankung war bisher schwierig: Bei mehreren klinischen Studien wurden in letzter Zeit keine Fortschritte mehr verzeichnet.
Spät einsetzende Alzheimer-Krankheit im Fokus
Im Projekt MAP-AD, das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt wurde, sollte das Problem über genetische Daten verfolgt werden. Hauptsächlich sollten neue molekulare Pfade entdeckt werden, die für die Alzheimer-Krankheit relevant sind und somit mögliche Zielstrukturen darstellen. „Neben dem Altern ist der wichtigste Faktor für spät einsetzendes Alzheimer ein spezifisches Allel eines bestimmten Gens (dem ApoE-Gen)“, erklärt der Stipendiat Yann Le Guen von der Stanford University in den Vereinigten Staaten. Ein Allel ist eine von zwei oder mehr Versionen einer DNS-Sequenz an einer bestimmten Genomstelle. „Dieses konkrete Gen hat drei übliche Allele – E2, E3 und E4“, führt Le Guen aus. „E3 ist das häufigste und gilt als Referenz, doch E2 wird mit einem geringeren Risiko für Alzheimer und E4 mit einem höheren Risiko in Verbindung gebracht.“ Das bedeutet, dass Menschen mit einem E4/E4-Genotyp ein exponentiell höheres Risiko haben, an der Alzheimer-Krankheit zu leider (10-Mal wahrscheinlicher als beim Referenzgenotyp E3/E3). Menschen mit einem E3/E4-Genotyp weisen ein mittleres Risiko auf.
Wichtige Genvarianten
Koordiniert über das ISM Institut für Gehirn und Rückenmark in Frankreich sollten im Projekt Varianten bestimmt werden, die das Alzheimer-Risiko bei Menschen mit dem E4/E4-Genotyp beeinflussen. „Konkret wurden im Projekt riesige Genomikdatensätze erhoben und kuratiert und internationale Kooperationen aufgebaut, um die Ergebnisse in unabhängigen Datensätzen zu bestätigen“, sagt Le Guen. Dabei wurden drei wichtige Erkenntnisse gewonnen. Die erste ist die erfolgreiche Identifizierung von zwei seltenen Varianten des ApoE-Gens (namens V236E und R251G), die ein 50 % geringeres Alzheimer-Risiko aufweisen. Außerdem konnte das Projektteam eine häufige Variante in Menschen mit afrikanischer Abstammung erkennen (R145C – das mit ApoE-E3 vererbt wird). Sie wird mit einem 4-Mal höheren Risiko in Verbindung gebracht, wenn sie mit einem ApoE-E4 auf dem anderen Allel kombiniert ist. Außerdem wurde eine gemeinsame genetische Verbindung zwischen der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit bestätigt sowie die Existenz eines Schutzallels – DR4. Neue Erklärungen zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Alzheimer-Prävalenz (zwei Drittel der Alzheimer-Fälle sind Frauen) und Bewertungsrahmen des genetischen Risikos werden derzeit noch geprüft.
Wege zu neuen Alzheimer-Behandlungen
Auf drei Erkenntnissen wird jetzt aufgebaut. „Wir werden weiterhin nach Schutzmutationen in den vorhandenen Datensätzen und Probanden suchen und hoffentlich Behandlungen für Menschen mit der Hochrisikovariante ApoE4 erarbeiten“, so Le Guen. „Wenn wir als Forschungsgemeinschaft herausfinden können, wie genau die R251G-Variante das Risiko reduziert, dann können wir vielleicht einen molekularen Wirkstoff entwickeln, der die Wirkung von R251G im Gehirn nachbildet.“ Auch mit der Entdeckung von R145C sind neue Möglichkeiten aufgekommen. „Möglicherweise löscht R145C einige der günstigen Eigenschaften von ApoE3 aus, die normalerweise das erhöhte Alzheimer-Risiko durch ApoE4 abschwächen würden“, erklärt Le Guen. „Das muss noch bei Versuchen nachgewiesen werden.“ Bei Menschen mit einer der Schutzvarianten von DR4 (nicht alle sind schützend), in deren Gehirnen sich Tau-Aggregate bilden, könnte mit einer Impfung das Einsetzen der Alzheimer-Krankheit – und möglicherweise der Parkinson-Krankheit – oder deren Fortschreiten verzögert werden.
Schlüsselbegriffe
MAP-AD, Alzheimer-Krankheit, genetisch, Gen, Genotyp, Parkinson-Krankheit, Impfstoff