Nanotechnologische Innovation bietet Hoffnung für Menschen mit chronischen Wunden
Bakterielle Wundinfektionen, die das Leben von Millionen Menschen weltweit beeinträchtigen, können schwer zu heilen sein. Personen mit Diabetes sind besonders anfällig für diese chronische Erkrankung. In schweren Fällen können solche Infektionen zu Gangrän führen und eine Amputation der Gliedmaßen erfordern. Weltweit sind jährlich etwa 1 Million Personen davon betroffen. „Chronische Wunden werden oft mit Antibiotika behandelt“, sagt NEXTNANO-Projektkoordinatorin Olesja Bondarenko, die auch Geschäftsführerin von Nanordica Medical in Estland ist. „Der Nachteil besteht darin, dass diese Wunden – insbesondere wenn sie bakterielle Biofilme enthalten – ziemlich resistent sein können, sodass höhere Antibiotika-Konzentrationen eingesetzt werden müssen.“ Das ist aus medizinischer Sicht nicht immer ratsam und kann auch zu Antibiotikaresistenzen führen. Diese werden in ganz Europa zu einem großen Gesundheitsproblem.
Antibiotika durch wirksame antibakterielle Verbände ersetzen
Das estnische Start-up-Unternehmen Nanordica versucht, diese große gesundheitliche Herausforderung mithilfe der Nanotechnologie zu bewältigen. „Wir wollten Antibiotika durch wirksame antibakterielle Verbände ersetzen“, so Bondarenko. „Die meisten antibakteriellen Verbände enthalten Silberionen, die Bakterien inaktivieren, aber auch den Heilungsprozess hemmen können.“ Durch die Verbindung von Kupfer mit Silbernanopartikeln konnte das Team die positive antibakterielle Wirkung von Silber verstärken und gleichzeitig die negativen Auswirkungen verringern. Daraus entstand die Prototypenentwicklung eines zweischichtigen Verbandes. Die erste Schicht ist eine normale absorbierende Schicht, während die der Wunde zugewandte zweite Schicht Fasern enthält, die Kupfer- und Silbernanopartikel enthalten. In ersten Tierversuchen konnte das Team die Wirksamkeit dieser antibakteriellen Wundauflage nachweisen. „Das hat uns dazu veranlasst, über klinische Versuche am Menschen nachzudenken, aber wir hatten einfach nicht die Mittel dazu“, fügt Bondarenko hinzu. „Wir sind ein kleines Forschungsteam. Wir wussten wirklich nicht, wie wir das auf den Markt bringen sollten.“
Nanotechnologische Innovationen auf den Markt bringen
Das EU-finanzierte Projekt NEXTNANO verhalf dem Team dazu, die Marktreife seiner Innovation zu beschleunigen. Dazu gehörten die Weiterentwicklung des Prototyps und die Durchführung einer kleinen Pilotstudie an Betroffenen mit diabetischen Fußgeschwüren in einem estnischen Krankenhaus. „Mehr als 80 % der chronischen Wunden verbesserten sich nach ein bis drei Tagen, in denen die betroffene Person den Verband trug“, sagt Bondarenko. Nanordica konnte seine Technologie zum Patent anmelden und ein Qualitätsmanagementsystem einrichten. Es waren zeitaufwändige, aber notwendige Schritte, um sicherzustellen, dass das fertige Produkt vollständig marktkonform ist. „Dieses Projekt war für uns ein Wendepunkt, denn wir konnten zum ersten Mal in diese kommerziellen und regulatorischen Aspekte investieren“, so Bondarenko.
Menschen mit chronischen Wunden das Leben erleichtern
Über das Projekt NEXTNANO konnte das Unternehmen bedeutende Fortschritte bei der Markteinführung des Produkts erzielen. Die nächsten Schritte sind die Durchführung eines Audits zum Qualitätsmanagementsystem des Unternehmens, die Durchführung von Prüfungen gemäß ISO-Norm und der Erhalt der CE-Zertifizierung. „Wir planen die Durchführung einer größeren klinischen Studie, diesmal mit mehr als 100 Betroffenen, und den Aufbau von Produktionskapazitäten hier in Estland“, kommentiert Bondarenko. „Außerdem wollen wir unser Produktportfolio durch eigene Forschung und Entwicklung sowie durch Kooperationen erweitern.“ Vor allem aber glaubt Bondarenko, dass ihre Innovation bei der Markteinführung Millionen Menschen mit chronischen Wunden Linderung verschaffen könnte. „In meiner Familie gibt es seit langem Diabetes, daher kennen wir das Problem“, sagt sie.
Schlüsselbegriffe
NEXTNANO, Nanotechnologie, Diabetes, Infektionen, antibakteriell, Antibiotika, Nanopartikel