Sensoren als Schlüssel im Kampf gegen West-Nil-Fieber übertragende Stechmücken
Das West-Nil-Virus wurde erstmals in den 1960er Jahren in Europa nachgewiesen, und seitdem hat seine Verbreitung in ganz Europa erheblich zugenommen. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wurden bis zum 30. Juni 2023 in der Europäischen Union (EU), dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und den EU-Nachbarländern 1 340 lokale Infektionen mit dem West-Nil-Virus gemeldet, die 2022 104 Todesfälle zur Folge hatten. Dabei handelt es sich um die höchste gemeldete Zahl lokal erworbener Fälle seit dem Höhepunkt der Epidemie im Jahr 2018. Der Epidemiologische Jahresbericht des ECDC für 2021 gibt eine Gesamtzahl von 4 856 gemeldeten Malaria- und 428 Dengue-Fällen in der EU/im EWR an. Die meisten Fälle waren reisebedingt, aber einige wurden als in der EU erworben gemeldet. „Die Tatsache, dass in der EU endemische Fälle von Malaria und Denguefieber festgestellt werden, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, der die fortschreitende Ansiedlung von Stechmücken in den EU-Ländern begünstigt, ist ein ernstzunehmendes Indiz dafür, dass die Zahl der Fälle in Zukunft leider zunehmen wird“, sagt João Encarnação, Koordinator des Projekts VECTRACK. Das Projekt wurde von Irideon, einem spanischen Unternehmen für das Internet der Dinge, durchgeführt. Die genaue und rechtzeitige Überwachung und Bekämpfung gefährlicher Stechmückenarten gilt als der Schlüssel zur Verhinderung und letztlich zum Stoppen eines Ausbruchs. „Gegenwärtig beruhen die Überwachungsmethoden ausschließlich auf manueller Arbeit, die sehr mühsam, langsam und teuer ist. Diese Faktoren erklären, warum Stechmücken auch im 21. Jahrhundert jährlich für mehr als eine Million Todesfälle verantwortlich sind“, stellt er fest.
Echtzeitdaten über Stechmückenpopulationen
Um das Problem technologisch in den Griff zu bekommen, wurde im Rahmen von VECTRACK eine Alternative zu manuellen Falleninspektionen entwickelt. Bei der heute üblichen Überwachungsmethode mit Fallen müssen die Proben von technischen Fachkräften entnommen werden, die sie dann zur Verarbeitung in ein Labor bringen. Ist das Labor ausgelastet, kann dies Tage dauern. In einigen Fällen kann das bedeuten, dass die Ergebnisse erst 15 oder 20 Tage nach der Probenahme vorliegen. Wie Encarnação erklärt, ist die Erfassung von Stechmückendaten in nahezu „Echtzeit“ entscheidend, um in weniger als 24 Stunden Entscheidungen treffen und Maßnahmen ergreifen zu können, um Ausbrüche zu verhindern. Eine Stechmückenpopulation braucht nur wenige Tage, um mit der Übertragung des Virus zu beginnen und einen Ausbruch zu verursachen. Jede Verzögerung bei der Erfassung der Stechmückendaten kann also dazu führen, dass die Situation über den Punkt der Prävention hinweg außer Kontrolle gerät. „VECTRACK kann dem Endnutzenden die Zusammensetzung der Stechmücken in jeder Falle nahezu in Echtzeit anzeigen.“ Somit können sofort Maßnahmen ergriffen werden, um lokale Gemeinschaften in Krisengebieten zu schützen. Es könnten Warnungen verschickt werden, z. B. über das Mobiltelefonnetz, um die Menschen zur Vorsicht zu mahnen und zum Ergreifen von vorbeugenden Maßnahmen aufzufordern.
Optoelektronische Sensoren spüren Stechmückenvektoren in Hotspots auf
Unter Einsatz von Satellitenbildern zur Ermittlung wahrscheinlicher Lebensräume und von meteorologischen Daten zur Einschätzung günstiger klimatischer Bedingungen kann das Team seine hochmodernen Sensoren dort platzieren, wo sie am meisten bewirken können. Der optoelektronische Sensor VECTRACK beruht auf dem Prinzip der Abschwächung von Nahinfrarotlicht. Der Sensor sendet Licht im Nahinfrarotbereich aus, das die Mücke beleuchtet. Das von der Stechmücke blockierte Licht enthält Informationen über die Morphologie und Flugkinetik der Mücken, die je nach Geschlecht, Art und Alter des Insekts spezifisch sind. All diese Instrumente sind miteinander verbunden, um ein klares Bild entstehen zu lassen, welche Mücken sich wo aufhalten und welche Maßnahmen zur Verringerung des Infektionsrisikos vorgeschlagen werden können.
Systemverifizierung durch Fachleute für öffentliche Gesundheit in der EU und in Brasilien
VECTRACK führte mehrere Pilotprojekte durch, hauptsächlich an verschiedenen Standorten in Brasilien, Portugal und Spanien. Die Versuche wurden unter realen Einsatzbedingungen durchgeführt, wobei für öffentliche Gesundheitseinrichtungen arbeitende entomologische Fachkräfte die Sensoren selbstständig einsetzten. Bei allen Versuchen lag die durchschnittliche Genauigkeit der automatischen Erkennung, Zählung und Identifizierung (Geschlecht, Art, Alter) der Stechmücken bei über 85 %. „Alle an den Pilotversuchen beteiligten Entomologiefachleute berichteten, dass VECTRACK ein effektives und bahnbrechendes Instrument darstellt, das den Kampf gegen durch Stechmücken übertragene Krankheiten für immer verändern wird“, erläutert Encarnação stolz. Und stolz sind sie zu Recht, denn es war alles andere als einfach, die Herausforderungen zu meistern. Encarnação merkt an, dass viele renommierte Fachleute aus der Entomologie und den Ingenieurwissenschaften bezweifelten, dass die Sensoren unter realen Bedingungen tatsächlich genau zwischen den Stechmückengattungen Aedes und Culex unterscheiden könnten. Die Notwendigkeit der Stechmückenüberwachung und -bekämpfung im Kampf gegen Krankheiten wie Malaria ist inzwischen allgegenwärtig. Der Klimawandel bedeutet, dass sich die vektorübertragenden Stechmücken immer weiter nach Norden ausbreiten werden, in Regionen, die bisher davon ausgenommen waren. „Wir wurden von Unternehmen und Entomologiefachleuten aus der ganzen Welt kontaktiert und sind derzeit dabei, die Pilotversuche auf viele weitere Länder auszudehnen, um eine vorkommerzielle Maßnahme durchzuführen, die zum Start unseres Unternehmens beitragen wird“, fügt er hinzu.
Schlüsselbegriffe
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