Unterstützung von Smartphones beim nahtlosen Wechsel zwischen Netzwerken
Als das Internet vor vier Jahrzehnten erfunden wurde, ging man davon aus, dass die Geräte fest mit einem einzigen Netz verbunden sein würden. Doch mit dem Aufkommen der Mobiltelefone wurden wir eines Besseren belehrt. „Ein Smartphone kann gleichzeitig mit zwei Netzen verbunden sein, was sehr häufig vorkommt“, erklärt Denis Périquet, Mitbegründer und Geschäftsführer von Tessares und Projektkoordinator von MPA. „Doch wenn Ihr Smartphone beginnt, Daten mit der Außenwelt auszutauschen – z. B. eine Nachricht zu senden, eine E-Mail abzurufen oder auf Facebook zuzugreifen –, wählt es aus den verfügbaren Netzwerken eines aus.“ Standardmäßig versuchen Smartphones immer, WLAN zu verwenden, wenn es verfügbar ist (da es günstiger ist) – andernfalls wählen sie das Mobilfunknetz. Daraus können sich zwei Probleme ergeben. Wenn eine Datensitzung über WLAN gestartet wurde und dann die WLAN-Abdeckung verlassen wird, gibt es beim Wechsel zum Mobilfunknetz Übergabeprobleme: Entweder kommt es zum Stillstand oder ein Neustart wird erforderlich. Probleme am Rande des Netzwerks können auftreten, wenn Sie sich an einem Ort befinden, an dem das WLAN schwach ist. Da das Smartphone zunächst immer auf WLAN zugreift, bleibt es bei dieser instabilen Verbindung, was zu einem äußerst schlechten Benutzungserlebnis führt. Das EU-finanzierte Projekt MPA hat eine Lösung entwickelt, die sich auf ein neues Internetprotokoll namens Multipath TCP (MPTCP) stützt. Dadurch kann eine einzelne Datensitzung mehrere Netzwerke gleichzeitig nutzen. „In unserem Smartphone-Kontext bedeutet dies, dass eine Datensitzung (Herunterladen eines Bildes, Senden einer E-Mail, Anschauen einer Netflix-Serie) sowohl WLAN- als auch Mobilfunknetze gleichzeitig nutzen kann“, so Périquet.
Eine Lösung auf mehreren Pfaden
Die auf MPTCP basierende Lösung beruht auf zwei Software-Komponenten, von denen eine im Smartphone selbst und die andere im Netz des Mobilfunkbetreibers integriert ist. Die letztgenannte Software wurde im Rahmen des MPA-Projekts erarbeitet. Die Lösung geht das Übergabeproblem folgendermaßen an: Das Smartphone ist anfangs sowohl mit dem WLAN- als auch mit dem Mobilfunknetz verbunden. WLAN hat jedoch eine höhere Priorität und wird zu Beginn der Sitzung verwendet. Wenn die WLAN-Abdeckung unterbrochen wird, beginnt das Smartphone schrittweise mit dem Senden/Empfangen von Daten über das Mobilfunknetz. „Für den Endbenutzenden sieht es nach einem sehr reibungslosen Übergang aus, der ein großartiges Benutzungserlebnis bietet", fügt Périquet hinzu. Bei Problemen am Rande des Netzwerks bemerkt das Smartphone, dass das WLAN schwach ist, und kombiniert sowohl WLAN als auch Mobilfunk, so dass die Benutzenden das WLAN nicht manuell ausschalten müssen.
Entwicklung mit Hilfe von EU-Mitteln
Im Rahmen des Projekts MPA unternahm Tessares mehrere Schritte zur Entwicklung des MPTCP. Dazu gehörten auch Normungsaktivitäten, um die Technologie unter die Standards von 3GPP zu bringen – dem Gremium, das Protokolle für die mobile Telekommunikation konzipiert. Das Team feilte weiter an der Software und testete sie sowohl in seinem Labor als auch in den Labors der Mobilfunkbetreiber. Außerdem führten sie Feldversuche mit dem neuen System durch. „Diese Art von Projekt braucht Zeit und erfordert viele Ressourcen. Die EU-Finanzierung war der Schlüssel zur Unterstützung all dieser Aktivitäten“, bemerkt Périquet.
Einführung der Lösung auf dem Markt
Das MPA-Team hat die netzseitige Software erfolgreich entwickelt und in Feldversuchen nachgewiesen, dass die Lösung funktioniert. Das Produkt wurde im Rahmen einer Live-Demonstration auf dem Mobile World Congress in Barcelona im Jahr 2022 vorgestellt. „Die Lösung wird sich der Marktreife nähern, sobald die Smartphones in der Lage sind, diese Funktion zu unterstützen“, schließt Périquet.
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