Innovative Verpackungslösung zur präventiven Konservierung von Kulturerbe
Die repräsentativsten Kunstwerke der vergangenen zwei Jahrhunderte wie Filme, Fotografien und Plakate wurden auf Zelluloseträgern hergestellt. Leider handelt es sich um ein chemisch instabiles Material, was zur Zerstörung eines großen Teils dieses europäischen Kulturerbes geführt hat. Die Zersetzung von Nitrozellulose und die Freisetzung von Essigsäure aus Zelluloseacetaten, auch „Essigsyndrom“ genannt, bedrohen ebenso die langfristige Erhaltung anderer Kunstwerke. Warme und feuchte Orte schaffen günstige Bedingungen für das „Essigsyndrom“, wodurch sich das Zelluloseacetat zersetzt. Wenn die Folie zu zerfallen beginnt, spaltet sie sich in die beiden Hauptbestandteile auf, aus denen das Grundmaterial ursprünglich bestand: Zellulose und Essigsäure – derselbe Bestandteil, der auch im Haushaltsessig enthalten ist und der ihm seinen charakteristischen Geruch und Geschmack verleiht. Bei der Planung von Behandlungen zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Kulturgütern verfolgen Restauratorinnen und Restauratoren zwei Ansätze: präventiv oder passiv und aktiv oder intervenierend. Wenn jedoch Zellulosederivate und andere Bestandteile von Filmen oder Fotos anfangen, sich zu zersetzen, kann dieser Prozess nicht verhindert, umgekehrt oder gestoppt, sondern nur gehemmt oder verlangsamt werden. Die hemmende Konservierung von Zellulosederivaten umfasst die Beseitigung der Faktoren, die den Abbau verursachen. Dazu gehören Licht, Sauerstoff, Säuren, Pilze und Feuchtigkeit, Gefrieren sowie alle Produkte, die den Abbau beschleunigen.
Die Antwort auf den Abbau des kulturellen Erbes und seine Erhaltung
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen wurde im Rahmen des EU-finanzierten Projekts NEMOSINE ein modulares System für die präventive Konservierung, speziell für Folien auf Zellulosebasis, entwickelt. „NEMOSINE verbessert die traditionellen Lagerlösungen, wie die Gefrierlagerung (unter 5 Grad Celsius), durch ein innovatives Paket, das Energieeinsparungen gestattet und die Konservierungszeit verlängert“, erklärt Projektkoordinator Carracedo Fernández. Die intelligente Filmbox besteht aus einem Essigsäure-Absorptionsmittel auf der Basis von metallorganischen Gerüstmaterialien, das die von der Folie freigesetzten Gase auffängt, und einem elektrochemischen Sensor zur Überwachung der Essigsäurekonzentration im Inneren der Filmbox. Ein weiterer Sensor erfasst Daten über die Umgebungsbedingungen. „NEMOSINE hilft bei der präventiven Konservierung von Film- und Fotosammlungen und schafft ein Abbaumodell, mit dem Filmarchive dem Verfall von Kulturgütern zuvorkommen können“, erklärt Fernández. Mehrskalige Modelle korrelieren die Sensorsignale mit dem Abbaugrad des Artefakts auf der Basis von Zellulosederivaten. Der Sensor sendet diese Daten an die Cloud, in der eine Software sie zusammen mit den Daten über die ausgestoßenen Gase verarbeitet. Das Programm bewertet den Erhaltungszustand des Materials und weist die in der Restauration beschäftigten Fachleute auf Risikosituationen hin, damit geeignete Konservierungsentscheidungen getroffen werden können.
Konservierung und Verlängerung der Lebensdauer von Kulturgütern
Das NEMOSINE-Konsortium besteht aus 23 Partnern aus ganz Europa. Forschungsgruppen, Filmarchive und Industriepartner haben gemeinsam an der Entwicklung dieser innovativen Lösung für die Erhaltung von Werken des kulturellen Erbes gearbeitet. Die Lösung wurde in einer betrieblichen Umgebung erprobt. Die Ergebnisse waren zufriedenstellend, doch die Partner stellten fest, dass die Leistung noch zu verbessern war. Das Projektkonsortium plant die Entwicklung einer Premium-Version mit erweiterten Eigenschaften. Das neu entwickelte intelligente Paket soll Innovation, Kreativität und Wirtschaftswachstum im EU-Kultursektor fördern, in dem derzeit 8,7 Millionen Menschen beschäftigt sind.
Schlüsselbegriffe
NEMOSINE, Konservierung, kulturelles Erbe, Kulturerbe, Zellulosederivate, Essigsäure, Filme, Essigsyndrom