Erkenntnisse zur Vogelgrippe
Wie COVID-19 ist auch die Vogelgrippe eine Zoonose, die von Wildtieren ausgeht. Bei der Vogelgrippe besteht ebenfalls die Möglichkeit einer artenübergreifenden und rasanten Übertragung, sie stellt eine große sozioökonomische Belastung dar und erfordert Erstbekämpfungsstrategien zur Eindämmung von Ausbrüchen. Um das Aufkommen von Krankheiten in Zukunft besser verhindern und kontrollieren zu können, ist es notwendig zu verstehen, wie Infektionskrankheiten an der Schnittstelle zwischen Tier und Mensch entstehen und sich verbreiten. Das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt DIGDEEP hatte zum Ziel, die Übertragungsdynamik von Vogelgrippe an der Schnittstelle zwischen Geflügel, Wildvögeln und Menschen durch eine innovative Verknüpfung von epidemiologischen und phylodynamischen Ansätzen zu entschlüsseln. Als Verbindung evolutionärer und ökologischer Prozesse bietet die Phylogenie einen einzigartigen Einblick in das virale Verhalten und damit in wirksamere Kontrollstrategien. Hauptziel des Projekts war es, auf dieser Grundlage das erforderliche Wissen zu erlangen, um wirksame Kontrollstrategien zu entwickeln, die auf die Merkmale der Evolution und Übertragung von Vogelgrippe zugeschnitten sind, und um zur Politikgestaltung im Gesundheitswesen beizutragen.
Unerwartete Ergebnisse
DIGDEEP untersuchte die Ableitung wichtiger epidemiologischer Parameter der Ausbreitung von Vogelgrippe, wie zum Beispiel die grundlegende Reproduktionszahl und die Quantifizierung von Übertragungsereignissen zwischen Wirtsarten. Darüber hinaus konzentrierte sich das Projekt auf die Schätzung der Dunkelziffer, die für eine angemessene Reaktion entscheidend ist. In einer der Analysen, die im Rahmen des Projekts durchgeführt wurden, wendeten die Forschenden phylodynamische Instrumente auf genetische Sequenzen des Vogelgrippevirus an, die während der beispiellosen Epidemie 2016-17 in Europa gesammelt worden waren. „Wir haben gezeigt, dass die mittlere Phase der Epidemie teilweise durch Übertragungsereignisse von Wildvögeln auf Geflügelfarmen begünstigt wurde, was zeigt, dass die Rolle von Wildvögeln wahrscheinlich größer war als ursprünglich angenommen und sich nicht auf den Ausbruch der Epidemie beschränkte”, so Projektkoordinatorin Claire Guinat. So konnte die Forschungsgruppe den politischen Verantwortlichen die Notwendigkeit von Präventionsstrategien zur Eindämmung der Übertragung von Vogelgrippe zwischen Wildvögeln und Geflügelfarmen in Hochrisikoperioden aufzeigen. Dazu gehören die Beschränkung des Zugangs zu Außenbereichen und die Bereitstellung von Futter und Trinkwasser in Innenräumen.
Datenaustausch ist wichtig
Eine der Herausforderungen, denen sich das DIGDEEP-Team gegenübersah, war der hohe Rechenaufwand für die phylodynamischen Ansätze. Dies veranlasste das Team, die Anzahl der epidemiologischen Schlüsselparameter, die sie ableiten wollten, zu reduzieren, indem sie ihre evolutionären Modelle der Vogelgrippe vereinfachten. Der begrenzte Zugang zu genetischen Sequenzen der Vogelgrippeviren und die eingeschränkte Weitergabe dieser Sequenzen während eines Ausbruchs stellte ebenfalls einen Nachteil dar. Gegenwärtig gibt es bedauerlicherweise keine Richtlinien, die sicherstellen, dass die Daten so umfassend und so schnell wie möglich weitergegeben werden. „Wir mussten uns auf unser Netzwerk internationaler Kooperationen aus der Vergangenheit verlassen, um an die Daten zu gelangen, die wir für die Durchführung des Projekts benötigten”, sagt Guinat. „Wir sind der festen Überzeugung, dass neue Instrumente und Verfahren erforderlich sind, um die Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Nutzung von Daten zu fördern.”
Wissen für Prävention
DIGDEEP scheint ein Sprungbrett für die Erkenntnisse zu sein, die für die Entwicklung wirksamer Bekämpfungsstrategien erforderlich sind, die auf die Merkmale der Entwicklung und Übertragung des Virus zugeschnitten sind. Zu diesen Strategien gehören die Quarantäne infizierter Wirtstiere, das Verbot der Ortsveränderung in Gebieten mit hohem Infektionsrisiko und verstärkte Biosicherheit. Das Team beabsichtigt, das Projekt auf Gebiete auszuweiten, in denen die jüngsten Ausbrüche von Vogelgrippe große und lang anhaltende Epidemien verursacht haben, wie etwa in Europa in den Wintern 2021 und 2022 sowie in Asien in den vergangenen Jahren. Darüber hinaus soll das Risiko von zoonotischen Infektionen mit Vogelgrippe untersucht werden. Auf der Grundlage genetischer Informationen werden sie Mutationen aufspüren, die das Risiko eines Übertritts von aviären Viren auf Säugetierwirte erhöhen.
Schlüsselbegriffe
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