Neue Technologien fördern Bildung von braunem Fettgewebe zur Gewichtsreduzierung
Bei Nagetieren findet die Bildung von braunem Fettgewebe ein Leben lang statt, Menschen hingegen bilden diese Art von Fettgewebe vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter. Bislang wurde sogar vermutet, dass es bei Erwachsenen gar nicht mehr vorhanden und damit physiologisch irrelevant ist. Seitdem jedoch 2009 auch bei erwachsenen Patienten braunes Fettgewebe entdeckt wurde, widmet sich die Forschung diesem mit großem Interesse. Da es ein wichtiger Regulator der Insulinsensitivität ist, stehen damit Wege für spektakuläre neue Therapien gegen Fettleibigkeit und Diabetes offen – im Idealfall könnten sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsarten verhindert oder geheilt werden. Schwerpunkt des über ein Marie-Curie-Programm mitfinanzierten Projekts ICI-THROUGH waren Ansätze gegen Fettleibigkeit. Bisher ließ sich die Aktivität von braunem Fettgewebe nur mittels PET/CT (kombinierte Positronenemissions- und Computertomographie) ermitteln. Allerdings sind dies hochinvasive, (wegen hoher Strahlenbelastung) riskante und teure Verfahren, die fast ausschließlich in der Krebsdiagnostik eingesetzt werden und teure medizintechnische Ausrüstung erfordern. „Die Entwicklung nicht-invasiver Techniken zur Bestimmung der Aktivität braunen Fettgewebes ist ein sektorübergreifendes und interdisziplinäres Unterfangen“, erklärt Dr. Andreas Flouris, Koordinator des Projekts an der Universität Thessalien. „Für KMU ist es kein Problem, die richtigen Anwendungen für den richtigen Markt zu ermitteln, aber diese Märkte unterliegen ständigem Wandel. Voraussetzungen für kontinuierliche Innovation sind Forschungskompetenz und Zugang zu modernsten Forschungseinrichtungen, und Universitäten betreiben zwar Spitzenforschung, die es aber selten zur Marktreife bringt.“ ICI-THROUGH führte beide Bereich in optimaler Weise zusammen und initiierte ein Kooperationsvorhaben zwischen zwei Universitäten und zwei Industriepartnern. Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist eine nicht-invasive, praktische und kostengünstige Methode zur Berechnung der Aktivität braunen Fettgewebes. Kombiniert wurden zudem PET/CT-Bildgebung mit der Analyse von Wärmebildern und -videos sowie Wärme- und Stoffübertragungsmodelle. So konnte das Team die von braunem Fettgewebe abgegebene Wärme messen und damit äußerst genaue Aussagen zu dessen Energieverbrauch machen. „Das System basiert auf Berechnungen und Formeln der Wärme-/Stoffübertragung, die von uns entwickelt wurden. Hierfür wurde bereits ein Patent konzipiert, das in den kommenden Monaten eingereicht werden soll. Umfassende Validierungsstudien zeigten, dass sich mit dem neuen Prototypen die Aktivität braunen Fettgewebes gut berechnen lässt, ähnlich wie mit einem PET/CT-Scan“, erklärt Dr. Flouris. Auf dieser Datengrundlage könnte künftig über medikamentöse Intervention der Energieverbrauch von braunem Fettgewebe erhöht werden, sodass eine Gewichtsreduzierung erreicht wird. Dr. Flouris geht weiter davon aus, dass die Vermarktung nicht-invasiver Geräte zur genauen Berechnung der Aktivität von braunem Fettgewebe den weltweiten, auf 50 Mrd. EUR geschätzten Markt für Produkte gegen Fettleibigkeit revolutionieren kann. Bis dahin könnten Lebensmittel- oder Pharmaunternehmen mit den nicht-invasiven Geräten testen, wie verschiedenste Produkte Thermogenese, Stoffwechselrate, Energiebilanz oder Gewichtsverlust beeinflussen würden. Allerdings ist es bis dahin noch ein gutes Stück Weg, wie Dr. Flouris einräumt: „Bisher haben wir den Systemprototypen in funktioneller Umgebung demonstriert und optimieren derzeit Vollständigkeit und Eignung. Ist dies abgeschlossen, sehen wir für alle Systemkomponenten die Patentanmeldung vor. Als letzte Phase folgt dann die Demonstration des Systems in seiner Endversion in funktioneller Umgebung, also einem Krankenhaus oder pharmazeutischem Unternehmen.“
Schlüsselbegriffe
ICI-THROUGH, braunes Fettgewebe, Stand der Technik, Fettleibigkeit, Diabetes, PET/CT-Scan, thermische Videoanalyse, Behandlung