Wie Fledermäuse uns dabei helfen können, den Zustand der Ökosysteme zu überwachen
Der Verlust der biologischen Vielfalt, der durch den Klimawandel noch verschärft wird, ist eine der größten Herausforderungen für das Leben auf der Erde. Laut einem kürzlich erschienenen Bericht der Zwischenstaatlichen Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen wurde in Europa und Zentralasien im Verlauf der letzten zehn Jahre bei 42 % der an Land lebenden Tier- und Pflanzenarten mit bekannten Tendenzen ein Populationsrückgang verzeichnet. Wenn unsere Gesellschaft noch eine Chance haben will, sie zu erhalten, brauchen wir dringend bessere Methoden, um Veränderungen der biologischen Vielfalt zu messen, sowie ein solides Verständnis davon, wie Ökosysteme funktionieren. Das Projekt EcoScan, das am Zentrum für Populationsbiologie und -management (CBGP) bei Montpellier in Frankreich durchgeführt wurde, hat eine solche neue Methode entwickelt. Indem der Kot von Fledermäusen gesammelt und analysiert wird, liefert die Methode eine umfassende Momentaufnahme von Informationen über eine Gemeinschaft von interagierenden Arten wie Viren, Pilzen, Pflanzen, Insekten und Fledermäusen.
Veränderungen der biologischen Vielfalt richtig verstehen
Die Methode produziert taxaübergreifend zeitgebundene Daten und kann daher Aufschluss über die genauen Veränderungen bei den Interaktionen zwischen Arten geben, die dem Verlust der biologischen Vielfalt zugrunde liegen. Damit unterscheidet sie sich von herkömmlichen Ansätzen zur Überwachung der biologischen Vielfalt, bei denen lediglich das Endstadium beschrieben wird. Pflanzen bilden die Grundlage der Ökosysteme an Land und können bei Stress durch Klimaveränderungen eine höhere Virus- oder Pilzbelastung aufweisen. Insekten, die Mikroorganismen auf ähnliche Weise akkumulieren, fressen schließlich die Pflanzen. „Wenn die Fledermäuse dann die Insekten fressen und koten, fungieren sie als natürlicher Aggregator, der für uns im Prinzip jede Nacht Umweltproben erstellt“, erklärt Serena Dool, die Hauptforscherin von EcoScan und Stipendiatin im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen. Ein 40-köpfiges Netzwerk von EcoScan-Freiwilligen sammelte im Sommer 2020 und 2021 an 18 Standorten in Frankreich jeden Monat Kot von zwei Fledermausarten. Die Forschenden entwickelten ein Einzelprotokoll, das die metagenomische Virenanreicherung und einen Ansatz zur Metabarcodierung für mehrere Taxa kombinierte, und zogen dieses dann zur Sequenzierung verschiedener Viren, Pilze, Pflanzen, Insekten und Fledermäuse heran.
Ein besseres eDNS-Verfahren
„Unser Ansatz ermöglicht unter anderem die Erstellung einer Taxaliste – eigentlich Standard in der eDNS-Überwachung der biologischen Vielfalt. Doch mit unserer Methode können wir außerdem Assoziationen wie trophische Interaktionen oder auch solche zwischen Wirten und ihrer Mikrobiota ableiten“, fügt Dool hinzu. Damit bietet sie gegenüber bisherigen Methoden einen deutlichen Vorteil. „Anhand von DNS-Proben aus der Luft lässt sich zwar feststellen, dass ein Vogel und ein Schmetterling präsent waren, doch dass beide auch wirklich interagierten, ist damit kaum nachzuweisen“, erklärt Dool. „In unserem Projekt, bei dem wir die zurückgelegten Distanzen der Fledermäuse bei der Nahrungssuche sowie ihre schnelle Verdauung berücksichtigen, lässt sich hingegen klar feststellen, wenn beide zur gleichen Zeit am gleichen Ort waren.“
Überwachung der nächsten Generation
Zahlreiche Forschungsteams arbeiten derzeit an der Verbesserung der Methoden zur Überwachung der biologischen Vielfalt. Manche davon, wie etwa das Team von MEGAFAUNA, greifen zur Tierüberwachung mit automatisierte Techniken zurück. Andere wie BIOSCAN untersuchen die Interaktionen zwischen Arten mithilfe der Metabarcodierung. Doch Dool sieht einen dringenden Bedarf an Ansätzen wie dem von EcoScan, der in der Lage ist, mehrere interagierende Taxa zugleich zu erfassen, darunter auch so vielfältige Gruppen wie die oft außer Acht gelassenen Pilze und Viren. Dadurch ist es möglich, einen Überblick über die beteiligten ökologischen Prozesse und die Ökosystemgesundheit zu erhalten. „Methoden dieser Art werden entscheidend sein, um schnell intervenieren zu können, wenn Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen bedroht sind“, so Dool.
Schlüsselbegriffe
EcoScan, Fledermäuse, Überwachung der biologischen Vielfalt, Verlust der biologischen Vielfalt, Metagenomik, Metabarcodierung, Klimawandel, Zustand der Ökosysteme, Ökosystemgesundheit, ökologische Prozesse