Künstliche Intelligenz gewinnt Kunstwettbewerb
Lange vor digitalen Bearbeitungswerkzeugen und computergestützten Entwurfsprogrammen hielt der französische Dichter und Kunstkritiker Charles Baudelaire die Fotografie für das größte Verhängnis der Kunst. Wer hätte gedacht, dass wir heute keinen Pinsel mehr benötigen, um Kunst zu schaffen? Im August nahm der amerikanische Spieldesigner Jason Allen an seinem ersten Kunstwettbewerb in der Kategorie Digitale Kunst/digital überarbeitete Fotografie teil. Keine Farbe, keine Palette, keine Leinwand und kein Pinsel waren nötig, nur etwa 80 Stunden mit einem Programm, das Textzeilen in enorm realistische Grafiken verwandelt. Allen verwendete eine KI-Software namens Midjourney, um sein Werk „Théâtre D’opéra Spatial“ zu erstellen. Das Stück zeigt Frauen in viktorianischer Kleidung mit Helmen von Raumanzügen. Das Bild wurde vor der Einreichung auf Leinwand gedruckt. Allen setzte sich gegen 10 andere Teilnehmende mit 15 Kunstwerken in derselben Kategorie durch und gewann den Kunstwettbewerb „2022 Colorado State Fair Fine Arts Competition“. Das Preisgeld betrug 300 USD.
Was bedeutet es überhaupt, Künstlerin oder Künstler zu sein?
„Ich bin fasziniert von dieser Bildsprache. Ich liebe sie. Und ich denke, jeder sollte das Werk sehen“, sagte Allen gegenüber „CNN Business“. Als stolzer Gewinner verbreitete er diese Botschaft. Es dauerte nicht lange, bis auf Twitter hitzige Diskussionen entbrannten. Ein Twitter-Nutzer kommentierte: „Das ist aus demselben Grund ätzend, aus dem wir keine Roboter an den Olympischen Spielen teilnehmen lassen.“ Eine weitere Person bemerkte: „Das ist die wörtliche Definition von ‚ein paar Knöpfe drücken, um ein digitales Kunstwerk zu erschaffen‘. KI-Kunstwerke sind jetzt die ‚an die Wand geklebte Banane‘ der digitalen Welt.“
Die Debatte kann beginnen
Kann KI Kunst erschaffen oder uns dabei unterstützen? Allen begrüßt die Kontroverse und die damit verbundene Kritik. „Anstatt die Technologie oder die Menschen, die dahinter stehen, zu hassen, müssen wir erkennen, dass es sich um ein mächtiges Werkzeug handelt. Wir sollten es für das Gute nutzen, damit wir alle vorankommen können, anstatt darüber zu schmollen.“ Die Kunstwelt ist sehr beunruhigt. „Ein neuer KI-Bildgenerator scheint in der Lage zu sein, Kunstwerke zu erstellen, die zu 100 % wie von Menschenhand geschaffen aussehen. Als Künstler bin ich extrem besorgt ... Dieses Ding will unsere Jobs, es agiert aktiv gegen Kunstschaffende“, so der amerikanische Konzeptkünstler RJ Palmer auf Twitter. „Es gab Leute, die Bananen an die Wand geklebt und das als Kunst bezeichnet haben“, so Olga Robak, eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums Colorado, das die State Fair beaufsichtigt, gegenüber der „Washington Post“. „Sogar die Fotografie wurde lange Zeit nicht als Kunstform angesehen. Die Leute sagten, es ginge nur darum, einen Knopf zu drücken, und jetzt wissen wir, dass sich alles um Komposition, Farbe und Licht dreht. Wer sind wir, mit Bestimmtheit behaupten zu können, dass es bei der KI nicht genauso laufen wird?“ Dagny McKinley, eines der Mitglieder der Jury, fügte hinzu: „Ein schönes Gemälde oder eine Skulptur, die man anfassen kann, wird dadurch nicht beeinträchtigt. Es handelt sich lediglich um ein weiteres Werkzeug, mit dem wir unsere Werke erstellen können.“ Allen sieht die Schuld weniger bei Leuten, die Programme wie Midjourney verwenden, als vielmehr bei der KI-Industrie. „Das sollte kein Vorwurf an die Technologie selbst sein. Sie hat mit Ethik nichts zu tun. Es liegt an den Menschen“, erklärte er gegenüber „The New York Times“. „Die Grenzen sind noch nicht erreicht. Die Kunst ist tot, Mensch. Es geht zu Ende. Die künstliche Intelligenz hat gewonnen. Die Menschen haben verloren.“ Würden Sie also für Kunst bezahlen, wenn Sie diese selbst erstellen können?
Schlüsselbegriffe
KI, künstliche Intelligenz, Kunst, Kunstwerk, digitale Kunst, Midjourney, Bild, Fotografie, Malerei, Farbe